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NUMMER 1/2007
75. JAHRGANG
OSTTIROLER
HEIMATBLÄTTER
H e i m a t k u n d l i c h e B e i l a g e d e s „ O s t t i r o l e r B o t e “
Die Entstehung des
Brugger Kirchleins
(1800 bis 1806)
Der Bau von Kapel-
len nahm um die
Wende vom 18. zum
19. Jahrhundert aus ver-
schiedensten Gründen
einen großen Auf-
schwung
1
.
Zumeist
führten private Initiati-
ven zur Entstehung
kleiner Gotteshäuser,
die für die Verrichtung
privater Andachten ge-
dacht waren. Während
aber etwa beim „Zot-
tenkirchl“ eine einzige
Person hinter dem Pro-
jekt stand, gab es in
Bruggen eine Interes-
sensgemeinschaft von
acht Bauern, die bis
heute besteht
2
.
Die Anfänge des Brugger Kirchleins
gehen auf das Jahr 1800 zurück
3
: Damals
wandten sich Peter Oberwalder (vulgo
Lenzer) und Christian Monitzer (vulgo
Mentler, jetzt Eggen
4
) im Namen der
Nachbarschaft (insgesamt sieben Bauern)
zunächst mündlich an den St. Veiter Vikar
Johann Nepomuk Jud mit der Bitte, eine
Kapelle errichten zu dürfen. Vikar Jud gab
am 21. Juli dem Prodekan von Windisch-
Matrei, Georg Brandstätter, seine positive
Einstellung zu dem Projekt bekannt: Der
Platz für das Kirchlein
„ist schicklich, wo
das Kreuz stehet, welches übersetzet
wird“
.
5
Die Maße werden mit 26-27
Schuh, die Breite mit 14-15 angegeben
6
.
Jud betonte ausdrücklich, dass die Brugger
keinen Antrag
„zum h(l). Messopfer“
ge-
stellt hätten, wenngleich er damit rechnete,
dass es einmal dazu kommen würde. Vor
allem aber war Jud darüber froh, dass
die Brugger keinen Opferstock errichten
wollten,
„weil die Nachbarschaft die
fernere Einhaltung übernimmt, dem zu
Folge weder der Vikariatskirche
[= St.
Veit]
noch der Filial zu St. Leonhard ein
Jud sowie mit der
„weltlichen Obrigkeit“
gesprochen habe und
diese nichts gegen den
Bau einzuwenden hätten.
Das Konsistorium
gab am 20. August
grünes Licht für den
Bau, sofern die von
den
Antragstellern
bzw. von Jud und
Brandstätter selbst for-
mulierten Bedingungen
eingehalten würden.
Brandstätter leitete am
3. September die Bau-
bewilligung an Vikar
Jud weiter, nicht ohne
darauf hinzuweisen,
„von selben
[= den
Bittwerbern]
24 Kreu-
zer Bothenlohn und
Ausfertigungsgebühr
abzulangen und mir
sammt von Hochwürden
[= dem Vikar Jud]
unterschriebenen anliegenden Recepisse
[= Empfangsbestätigung]
bey bequemer
Gelegenheit zu schicken“
.
Über den eigentlichen Bau haben sich
keinerlei Angaben erhalten. Erst am
11. August 1806 hören wir wieder von der
Kapelle, die offenbar im Jahr davor fertig
gestellt wurde
8
: Damals wurde von Prode-
kanBrandstätter der Antrag der Bauern an
das Konsistorium weitergeleitet, Kreuzweg-
stationen
„feyerlich benediciren dürfen zu
lassen, um auch die hierauf verliehenen
h. Ablaß gewinnen zu können“.
Die Seg-
nung sollte der Lienzer Franziskaner-Pater
Theobald Steger vornehmen, der damals
Kooperator in der Pfarre Kals war. Brand-
stätter betont, dass
„diese fromme Absicht
zur größeren Ehre Gottes und sicher der
Seelsorgskirche unschädlich“
sei – die
Angst vor religiösen „Konkurrenzver-
anstaltungen“ scheint hier mitzuspielen.
Das Konsistorium erteilte am 20. August,
genau sechs Jahre nach der Baubewilli-
gung, die entsprechende Erlaubnis und er-
wartete von Brandstätter einen „Vollzugs-
Nachtheil oder Abtrag
[= Verlust]
zukom-
men wird“
.
7
Der Prodekan unterstützte ebenfalls den
Antrag und schrieb am 30. Juli an das Kon-
sistorium in Salzburg: Die Brugger Bauern
äußerten den Wunsch,
„eine kleine Kapelle
zur Verrichtung ihrer Andacht auf ihre Un-
kosten von Mauer
[= gemauert]
aufrichten“
zu dürfen
„samt einem kleinen Altärl und
6 oder 7 Stühlelein zu jeder Seite, ohne an-
zutragen, daß dort auch möchte celebriret
werden“
. Als Begründung führten sie an,
dass es
„ein schener Platz hierzu“
sei, dass
sie
„allzusamm bey 60-70 Seelen stark
wären, die allda zu ihrer Andacht sowohl an
Sonn- und Feyeraben
[= -abenden]
als
derley Tägen, auch sonst nit selten, bald
einzeln und still, bald vereint sich versam-
meln und mit lauter Stimme Gott ehren wür-
den“
. Zudem sei gerade kranken oder alten
Menschen weder der Weg nach dem einer
Stunde entfernten St. Veit noch nach dem
1
2
Stunde entfernten St. Leonhard zuzu-
muten. Zugleich betont Brandstätter, dass
der Antragsteller Peter Oberwalder bereits
mit dem Ortsseelsorger Johann Nepomuk
Das alte Kirchlein in Bruggen, 1800 bis 1806 erbaut, 1965 zerstört.
(Foto: Chronikarchiv St. Veit)
Michael Huber
200 Jahre Brugger Kirchlein
Von der Andachtsstätte zum Ökumenischen Denkmal