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kleines Büchlein verfasste
25
. Darin werden
auch die Kontakte von Frau Schuschnigg
nach Osttirol beschrieben (S. 22-25). Birk
benutzte als Quelle die von Rudolf Moser
in seinem „Album“ zusammengetragenen
Informationen, finden sich doch hier meh-
rere Textpassagen wörtlich zitiert, darunter
zwei Schreiben des damaligen Bürger-
meisters von St. Veit, Johann Planer, vom
15. bzw. 23. Juni 1935
26
. Planer hebt darin
lobend hervor, dass Frau Schuschnigg
nebst dem Generalsekretär der Vaterländi-
schen Front, Oberst Walter Adam, und
dem Tiroler Landeshauptmann Dr. Josef
Schumacher
„die Kinder mit Bäckereien
und anderen guten Sachen beteilten.“
Der Tod Frau Schuschniggs scheint in
Osttirol große Betroffenheit ausgelöst zu
haben, wenn Birk an anderer Stelle
schreibt, dass
„in Ost-Tirol in allen Fami-
lien, in denen Sturmschärler sind, täglich
ein Englischer Gruß zusätzlich laut und
gemeinsam gebetet wurde.“
27
Der Bau und die Einweihung der
Schuschnigg-Kapelle
Aus dem bisher Gesagten wird deutlich,
dass St. Veit ein idealer Ort war, um eine
Gedächtniskapelle für Herma von
Schuschnigg zu erbauen. Ihr gewaltsamer
Tod wies eine gewisse Parallele zu Engel-
bert Dollfuß auf, dem zu Ehren ja eben-
falls zahlreiche Denkmäler errichtet wur-
den
28
. Im Falle von Herma von Schusch-
nigg lassen sich allerdings weit weniger
derartige Gedenkstätten nachweisen
29
.
Treibende Kraft der Errichtung des Bild-
stocks war wieder Rudolf Moser
30
. Als Ort
wurde wohl nicht zufällig der Ausgangs-
punkt der damals gerade in Bau befind-
lichen Straße von der Innerstanzbrücke
nach St. Veit-Dorf gewählt
31
. Die Einwei-
hung erfolgte am 22. August 1937.
Die von dem nicht näher bekannten
Architekten Oesterreicher errichtete bild-
stockartige Kapelle weist einen querrecht-
eckigen Grundriss (3,4 x 1,9 m) mit einer
südseitigen Rundbogenöffnung auf. Sie ist
aus Bruchsteinen gemauert; nur die inne-
ren Seitenwände sind verputzt. Auf dem
Giebel des Schindeldachs ist ein schmuck-
loses Eisenkreuz (Höhe 0,75 m) ange-
bracht. Die Bogenöffnung nimmt ein
zweiflügeliges eisernes Gitter ein.
OSTTIROLER
NUMMER 11/2007
3
HEIMATBLÄTTER
Hopf-
garter
Schützen.
In der
Mitte
Rudolf
Moser.
Foto:
Chronik-
archiv
St. Veit,
ehema-
lige
Samm-
lung
Rudolf
Moser
Strassener
Musikanten.
In der Mitte
Fähnrich
Johann Bodner.
Fotos:
Chronikarchiv
St. Veit, ehe-
malige Samm-
lung Rudolf
Moser
Die St. Veiter
Schützen bei
der Einwei-
hungsfeier der
Schuschnigg-
Kapelle mit
ihrem Haupt-
mann Philipp
Tegischer
(„Kros Lippl“).
Den einzigen Schmuck stellt ein 1,76 x
1,4 m großes Gemälde dar, das die Mutter-
gottes, umgeben von Kindern, vor dem
Hintergrund von St. Veit darstellt
32
. Das
Motiv ist vermutlich vom oben beschrie-
benen Auftritt der Kanzlergattin inspi-
riert
33
. Es wurde laut Zeitungsberichten
von einem Maler namens Karl Ittmann auf
einer Spanplatte in Ölfarben angefertigt.
Über die Einweihungsfeier berichtete der
Tiroler Volksbote
34
:
„Am vergangenen
Sonntag, 22. August, erhielt dieses Erinne-
rungszeichen die kirchliche Weihe. Auf dem
vom ,Gruber Seppl‘ schön gezierten Fest-
platz erschienen um 9 Uhr vormittags Herr
Unterrichtsminister Dr. Pernter mit Frau
Gemahlin, Herr Sylvester, Landeshaupt-
mann vom Burgenland, Herr Bezirkshaupt-
mann von Lienz. Viel Volk wartete bereits
auf dem Festplatz, um der Feierlichkeit bei-
zuwohnen. Nach der Weihe des Denkmals
feierte auf dem Feldaltar der hochw. Herr
Friedrich Kurzthaler das heilige Meßopfer.
(…) Nach der kirchlichen Feier sprach
noch Herr Moser, durch dessen rührige
Tätigkeit das Denkmal hauptsächlich zu-
stande gekommen ist. Herr Bundesminister
hob in seiner Rede besonders die Mildtätig-
keit der verewigten Frau Bundeskanzler
hervor…“
– Noch ein paar Bemerkungen
zu den erwähnten Persönlichkeiten: Der
St. Veiter Wirtssohn „Gruber Seppl“ (Josef
Gruber) tat sich in St. Veit des Öfteren bei
der Organisation kirchlicher Feste hervor
35
.
Bundesminister Hans Pernter (1887 bis
1951) kam als Vertreter des Bundeskanz-
lers. Er war Landesführer der Ostmärki-
schen Sturmscharen in Wien
36
und wurde
von 1938 bis 1941 im Konzentrationslager
Dachau inhaftiert; 1945 bis 1951 war er
geschäftsführender ÖVP-Obmann. – Der
Agrarfachmann Ing. Hans Sylvester (geb.
1897) war von 1934 bis 1938 Landeshaupt-
mann des Burgenlandes. Er starb 1939 in
Dachau. Der Bezirkshauptmann von Ost-
tirol hieß Hermann Riffeser. Der aus St.
Veit gebürtige Priester Friedrich Kurzthaler
(1901 bis 1967), späterer Dekan von Ma-
trei, war damals Kooperator in Weerberg
37
.
Bei der Feier waren auch zahlreiche
Schützenkompanien vertreten. Aufgrund
der im Chronikarchiv St. Veit erhaltenen
Fotografien aus dem Fundus von R. Moser
lassen sich Mitglieder der St. Veiter und
Hopfgarter Schützen sowie der Strassener
Musikkapelle ausmachen
38
. Der Schrift-
führer der Strassener Musikkapelle Alois
Bodner verfasste ein Protokoll, aus dem
hervorgeht, dass nach der Feierlichkeit bei
der Stanzbrücke beim Zotten eine Defilie-
rung stattfand
39
.
Durch die politischen Ereignisse der fol-
genden Jahre und Jahrzehnte geriet der
kleine Kapellenbildstock mehr oder weni-
ger in Vergessenheit. Ein Übriges tat die