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OSTTIROLER
NUMMER 6-7/2008
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HEIMATBLÄTTER
nem Sinn wurde eingeleitet und erste spe-
zielle Literatur (Jahrbücher etc.) zum
Thema Alpinismus, unter anderem mit de-
taillierten Beschreibungen der Bergfahrten
herausgegeben. Auch die Entwicklung des
Bergführerwesens, das sich aus Holz-
knechten, Jägern, Sennern, Bauern und
Hirten zusammensetzte, ging mit der Ent-
wicklung des Hochtourismus einher
2
.
Gegen Ende des 19. und am Beginn des
20. Jahrhunderts waren es nicht mehr die
Gipfel selbst, die die Alpinisten herausfor-
derten, sondern Neuanstiege und immer
verwegenere Routen (z. B. Gebrüder In-
nerkofler, Gebrüder Zsigmondy, Ludwig
Purtscheller, Paul Preuß), eine Entwick-
lung, die sich bis heute fortsetzt und auch
die außereuropäischen Gebirge erfasst hat.
Ein neuer, heute immer aktueller wer-
dender Gesichtspunkt ist, die Alpen als
Kultur- und Naturraum zu betrachten, der
in einer fast gänzlich durchindustrialisier-
ten Umwelt selten und kostbar geworden
ist und geschützt werden muss. Die Grün-
dung des „Nationalpark Hohe Tauern“ im
Jahre 1992 ist die logische Folge davon,
wobei ursprünglich der Naturschutzge-
danke im Vordergrund stand, heute aber
immer mehr auch das kulturelle Umfeld
und die Definition als einzigartiger Le-
bensraum, der unter dem Schlagwort
„Kulturlandschaft“ subsumiert wird, mit
einfließt.
Alpinismus und Schutzhütten
in Osttirol
Der Großglockner scheint bereits in Kar-
ten des 16. Jahrhunderts auf, die Venedi-
gergruppe erst später (Karte von Anich,
1774, bez. „Dreiherrnspitze“)
3
. Die erste
Erwähnung des Venedigers findet sich in
einem Grenzbegehungsprotokoll von
1797. Im Jahr 1828 ist der Versuch der
Erstbesteigung Erzherzog Johanns nicht
weit unter dem Gipfel gescheitert (1841
Erstbesteigung vom Pinzgau aus). Eine
signierte Bleistiftzeichnung von Franz De-
fregger, die den Gipfel des Großvenedi-
gers bei der Ersteigung vom Gschlöß aus
zeigt (11. August 1865) zeugt von der frü-
hen touristischen Erschließung dieses Ge-
birgsmassivs
4
(auch Kaiser Franz Joseph
bestieg den Großvenediger im September
1863). Eine erste Monographie über die
Venedigergruppe wurde von Friedrich Si-
mony verfasst
5
.
Auf Betreiben des Fürstbischofs von
Gurk, Graf Salm-Reifferscheid, erfolgten
drei Expeditionen zum Großglockner
(1799, 1800 und 1802), deren Höhepunkt
die Erstbesteigung des höchsten Gipfels
Osttirols (1800) bildete. Weitere Glockner-
besteigungen sind z. B. von zwei jungen
Grafen Lobkowitz, 1818, überliefert. Die
erste Beschreibung dieser Tour stammt
von Adolph Schaubach (Besteigung 1826),
eine weitere von Julius Payer (1863). Eine
herausragende alpinistische Leistung war
die Bezwingung des Großglockners durch
Markgraf Pallavicini, 1876, über die nach
ihm benannte steile Rinne. Die ersten Gip-
felsiege erfolgten alle von Heiligenblut,
also von der Kärntner Seite, aus. Erst 1855
ging man daran, eine Route von Süden,
von Kals, zu suchen
6
. 1868 bereits Erbau-
ung einer Unterstandshütte im Ködnitztal
auf Betreiben Johann Stüdls, die erste
Die
Clara-
hütte,
gegen-
wärtiger
Zustand.
Foto: B.
Ascherl
Kals-Matreier-Törlhaus mit dem Großglockner im Hintergrund, 1935 (Postkarte).
Gedenk-
tafel zur
Erinne-
rung
an die
Gründer
der
Clara-
hütte.
Foto: B.
Ascherl
Stüdlhütte. Durch die Erschließung der
südlichen Route verlegte sich die größere
Anzahl der Bergfahrten auf die Osttiroler
Seite.
In der Schobergruppe erfolgte die Erst-
besteigung des Hochschobers 1854, Lud-
wig Purtscheller schrieb ausführlich über
die Schobergruppe. Die Erschließung der
Lienzer Dolomiten fällt ebenfalls in die-
selbe Zeit, Erstbesteigung des Spitzkofels
1855 durch Franz Keil.
Von den heute bestehenden ca. 45
Schutzhütten (alpine Vereine und Privat-
hütten) im Osttiroler Raum sind ca. die
Hälfte als historisch zu bezeichnen (bzw.
Nachfolgebauten historischer Hütten),