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NUMMER 6-7/2008
76. JAHRGANG
OSTTIROLER
HEIMATBLÄTTER
H e i m a t k u n d l i c h e B e i l a g e d e s „ O s t t i r o l e r B o t e “
Zur Geschichte des Alpinismus
Die Erschließung des alpinen Raumes,
einer Hochgebirgswelt, die über viele Jahr-
hunderte als menschenfeindliche Wildnis
empfunden wurde, hat einerseits eine
spezifische Entwicklung genommen, ist
andererseits aber sehr wohl im Spiegel
ihres kulturellen Umfeldes zu betrachten.
Die Urvölker sahen die Gebirge vor
allem unter mystisch-religiösen Gesichts-
punkten und für die frühen Hochkulturen
wie die Griechen waren die höchsten Gip-
fel Sitz der Götter, auch die monotheisti-
schen Religionen folgten im Grunde die-
sen Traditionen (z. B. Moses in Beziehung
zum Berg Sinai). Auch heute noch besteht
die Vorstellung des Göttersitzes in den
asiatischen Kulturen des Himalaya. Die
ersten Erschließungsbestrebungen der Ge-
birge galten schon aus diesen Motiven
nicht den „unberührbaren“ Gipfeln, son-
dern vielmehr den Übergängen, die vor
allem dem Handel, aber auch kriegeri-
schem Vordringen (z. B. Kriegszug Hanni-
bals über die Westalpen) dienten. Die eins-
tigen Saumpfade wurden von den Römern
Brigitte Ascherl
Historische Schutzhütten in Osttirol
Johannishütte, heutiger Zustand.
Foto: B. Ascherl
Historische Ansicht der Johannishütte.
(Innsbruck, Alpenvereinsmuseum) Rep.: B. Ascherl
ihren militärischen und Handelsbedürfnis-
sen entsprechend zu Passstraßen ausge-
baut, die auch noch in den Jahrhunderten
der Völkerwanderung und bereits ab dem
frühen Mittelalter für Pilgerfahrten nach
Rom genutzt wurden. Es entstanden die
ersten Hospize, die meist von Klöstern un-
terhalten wurden und die man ganz allge-
mein als Vorläufer der heutigen Schutzhüt-
ten bezeichnen kann. Eine rein philoso-
phisch-ästhetische Sicht der feindlichen
Gebirgswelt ist nur von hochgebildeten
Einzelpersönlichkeiten bekannt, so wird
Petrarca auch als „Vater des Alpinismus“
bezeichnet, da er 1336 eine Bergbestei-
gung unter den Gesichtspunkten von
Schönheit und Erhabenheit der Natur aus-
führlich beschreibt. Erwähnenswert sind
auch die Jagdzüge Kaiser Maximilians I.
ins Gebirge, die unter anderem in seinem
„Geheimen Jagdbuch“ ihren Niederschlag
fanden, seine Errettung aus der Martins-
wand erlangte mystisch-religiöse Dimen-
sionen. Mit dem Wissensdrang und For-
schertrieb der Neuzeit kamen Topographen