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OSTTIROLER
NUMMER 7/2009
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HEIMATBLÄTTER
mierten mich, was Mauersegler verzehren
und was man als Futter bei der Aufzucht von
Küken vermeiden soll. Gleich am nächsten
Tag erhielt mein Jungvogel die Larven der
Wachsmotte und Heimchen bzw. Grillen
(Abb. 3).
Die Klammerfüße der Segler sind zum
Stehen nicht geeignet, auch nicht zum Lau-
fen oder Aufrichten. Auf dem Papier schob
sich das Küken auf dem Bauche kriechend
in sein Versteck, wobei die kräftigen nadel-
spitzen Krallen gut sichtbar waren (Abb. 4).
Mit diesen Krallen können sich die Segler
an senkrechte Wände anklammern und in
Felshöhlen kriechen.
Das Zoogeschäft lieferte nicht nur die
Nahrung. Von dort wurde mein Versuch,
hilflos aufgefundenen Jungvögeln zu helfen,
anderen Personen mitgeteilt. Ein paar Tage
später pflegte ich zu Hause bis zu vier junge
Segler. Sie waren in Lienz gefunden und ge-
borgen worden (Abb. 5).
Es kann sich kaum jemand vorstellen, wie
aufwändig die Fütterung war. In ungewohn-
ter Umgebung nehmen die Küken keine
Nahrung auf. Daher öffnete ich ihren wei-
chen Schnabel vorsichtig mit dem Finger-
nagel und hielt ihn mit der Fingerspitze
offen. Mit der anderen Hand schob ich mit
einer stumpfen Pinzette das Futter tief in den
Schlund.
In der Natur folgt die Fütterung durch die
Altvögel einem angeborenen Schema. Wenn
ein Elternteil ein Junges am Kopf berührt, so
öffnet dieses seinen erstaunlich großen
Schnabel und umgreift damit den Vorder-
kopf samt Schnabel des Altvogels. Dieser
würgt in den Schlund des Kükens einen Fut-
terballen, in dem die Beutetiere durch den
Speichel zu einem Klumpen verklebt sind.
Auch meine Pfleglinge nahmen, hungrig
wie sie waren, meinen Finger in den wei-
chen, weit geöffneten Schnabel (Abb. 6).
Die beschriebene Fütterung war sehr auf-
wändig, zeitintensiv und kostspielig. Die ge-
samte Pflege erforderte viel Geduld und Ein-
fühlungsvermögen. Pro Tag und Vogel
wurde 10 bis 12 mal gefüttert, dabei enthielt
jede Portion 10 bis 20 Heimchen oder
Wachsmottenlarven. Bei der Fütterung
wurde bei drei Jungvögeln die Gewichtsent-
wicklung verfolgt. Sie entsprach der Norm
(Abb. 7): Am Ausflugtag war die Körper-
masse einige Gramm geringer als zuvor.
Die heranwachsenden Pfleglinge legten
ein wunderschönes Gefieder an (Abb. 8),
wobei viel Weiß an Stirn und Kehle ein Zei-
chen für das Jugendkleid ist. Auch erhielten
sie die Möglichkeit, sich mit Blick durch das
Fenster an der Umgebung zu orientieren
(Abb. 9). Das schien mir wichtig, weil sie
stets ausgesprochen treu zu ihrem Geburts-
ort sind. Nach Beringungsergebnissen keh-
ren die erwachsenen Brutvögel aus ihrem
Winterquartier viele Jahre lang an ihren ver-
trauten Brutort zurück.
So werden aus hilflosen Nesthockern
schneidig fliegende Weltwanderer, die uns
allein durch ihr Dasein erfreuen (Abb. 8).
Frau A. Bachler und den Herren Dr. D.
Moritz und Dipl.-Ing. Chr. Ragger danke
ich für vielfältige Hilfe bei Pflege, Manu-
skriptgestaltung und die digitale Aufberei-
tung der Daten.
Abbildung 9: Der Blick aus dem Fenster soll die beiden Jung-
vögel mit der Umgebung vertraut machen.
Abbildung 5: Vier Jungvögel unterschiedlichen Alters aus ver-
schiedenen Nestern.
Alle Fotos vom Verfasser
Abbildung 8: Im Alter von gut 40 Tagen ist der Jungvogel
ausgewachsen und kann die Nesthöhle verlassen.
Abbildung 6: Der hungrige Jungvogel nimmt statt
des Vorderkopfes eines Elternteiles den Finger des Pflegers in
seinen weit geöffneten Schnabel.
Ornithologische
Arbeitsgemeinschaft
Osttirol
Die Ornithologische Arbeitsgemein-
schaft Osttirol steht allen offen, die Spaß
an der Vogelbeobachtung in freier Natur
haben. Dabei sind der Entdeckerfreude
kaum Grenzen gesetzt. Die unterschied-
lichen Lebensräume, vom Talboden der
Drau und dem menschlichen Siedlungs-
raum über die Bergwälder und die Baum-
grenze bis hinauf zum Ewigen Schnee,
werden von verschiedenen Vogelarten be-
wohnt.
Zur Vogelbeobachtung gehört das Hand-
werkszeug des Feldornithologen: gute
Artenkenntnis. Sie wird bei den über 100
Brutvogelarten bald über Amsel, Drossel,
Fink und Star hinausgehen. Und die Gast-
vögel, die auf ihren Wanderungen Osttirol
überqueren, erbringen viel Freude und Be-
geisterung und die notwendige Erfahrung.
Wichtige Ziele der Arbeitsgemeinschaft
sind die Erforschung und der Schutz der
heimischen Vogelwelt und ihrer Lebens-
räume. Die Mitglieder treffen sich monat-
lich einmal zu Beobachtungsaustausch
und Vorträgen.
Kontakt:
Dipl.-Ing. Christian Ragger, A-9900 Lienz,
Hochstadlweg 16/3, Tel. 0664-8226131,
E-Mail: c.ragger@revital-zt.com
Dr. Dieter Moritz, A-9900 Lienz, Kärntner-Straße 7,
Tel. 04852-62875, E-Mail: dieter.moritz@aon.at