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Sein Dialekt klingt alles an-
dere als deutsch, vielmehr so
richtig nordtirolerisch. Doch
geboren und aufgewachsen ist
Dr. Anno Schulte-Herbrüggen
in Deutschland (Münster und
nahe Düsseldorf). Erst mit 19
Jahren kam er nach Innsbruck,
um dort auf dem Collegium Ca-
nisianum Theologie zu studie-
ren. „Es ist ein Haus, in dem
Studierende aus der ganzen
Welt zusammenleben. So hatte
ich den Horizont der ganzen
Welt und nicht nur eine kleine
Nische. Das gefiel mir unge-
mein“, schmunzelt er. Ein Jahr
arbeitete er „dazwischen“ auf
einer Missionsstation in Kenia,
übersiedelte dann vom Canisia-
num ins Priesterseminar. Dann
folgte 1994 die Priesterweihe
mit 29 Jahren. „Bis zur Weihe
war es ein langer Weg der Ent-
meinschaften, „die sich einfach
selbstständig ohne Pfarrer tref-
fen, regelmäßig miteinander
beten, sich austauschen und so
ihren Glauben weitergeben.“
Die Feuerwehr
Auch die Feuerwehr liegt
dem Pfarrer sehr am Herzen.
Seit vielen Jahren ist er aktiver
Feuerwehrmann und rückt in
Sillian aus. „Es ist sehr schön,
als Kamerad unter Kameraden,
sprich, im Team und nicht
immer in der Sonderstellung
des Pfarrers zu sein. Das hat für
mich als Pfarrer etwas sehr Er-
holsames.“ Seit einigen Jahren
ist er auch als Landesfeuer-
wehrkurat von Tirol tätig. Das
heißt unter anderem, dass er bei
allen Großschadensereignissen
im Land mitalarmiert wird.
„Vielmals am Tag schaue ich
auch in alle Feuerwehralar-
mierungen des Landes hinein.
Immer wenn ich mir denke,
die Einsätze könnten für die
Kameraden härter sein,
nehme ich Kontakt auf, frage,
ob sie was brauchen können.“
Mittlerweile baute er auch ein
Sillian, Panzendorf und Tessen-
berg sowie auch die Funktion
des Dekanatsjugendseelsorgers
zu übernehmen.
„Fiel fast vom Sofa“
Dass er einmal Pfarrer werden
würde, damit hätte seine Familie
niemals gerechnet, obwohl sie
religiös ist. „In jedem denkbar
anderen Bereich hätte sie sich
chen. „Mein Vater Hubertus
hatte einen Lehrstuhl für Anglis-
tik an der Uni Düsseldorf,
und Mutter Gerda war bei uns
Kindern und schenkte uns viel
Liebe“, erzählt er.
„Allein in der Kirche“
Besonders ein Schlüsselerleb-
nis machte ihm klar, dass die
Kirche seine Heimat ist. „Ich
sein, sie in ihren Höhen und
Tiefen zu begleiten, einen
Gottesdienst so zu gestalten,
dass die Menschen darin auch
etwas finden können.“
Doch der Priestermangel
macht auch ihm großes Kopf-
zerbrechen. Damit der Glaube
nicht irgendwann „unter die
Räder kommt“, hofft er auf das
Entstehen von christlichen Ge-
PORTRAIT
PUSTERTALER VOLLTREFFER
FEBER/MÄRZ 2012
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Dr. Anno Schulte-Herbrüggen ist seit September 2010 Pfarrer von Sillian. Foto: Martina Holzer
Seelsorge ist Anno
Schulte-Herbrüggen
besonders wichtig. Seit
2010 ist der 47-Jährige
in Sillian als Pfarrer
tätig, auch als aktiver
Feuerwehrmann und
Landesfeuerwehrkurat
von Tirol. Erholung
findet er in der Wüste
Sahara.
scheidungsfindung. Auch in der
Verbindung mit der Lebensform
des Zölibats war es keine leichte
Entscheidung“, gesteht Schulte-
Herbrüggen. Erst auf dem Ja-
kobsweg fand er die Überzeu-
gung, die er brauchte.
„Gott allein genügt“
„An einem frühen Morgen in
der Kathedrale von Leon sah ich
einen Satz von der Heiligen The-
resia: ‚Fürchte dich nicht, ängs-
tige dich nicht, Gott allein ge-
nügt.’ Da hatte ich plötzlich die
Gewissheit, dass es so ist. Da-
raufhin suchte ich beim Bischof
Stecher um die Weihe an und be-
reute es keine Sekunde. Aber
es gehört zur Realität des Le-
bens, dass man als Pfarrer
ebenfalls eine flotte Be-
ziehungsarbeit wie in der
Ehe leisten muss.“ Nach
unterschiedlichen seel-
sorglichen Aufgaben in
Pfarreien, Jugendzen-
tren und verschiedenen
Schultypen in der Diözese
Innsbruck übersiedelte er
dann im September 2010 nach
Osttirol, um die Seelsorge in
mich vorstellen können. Insbe-
sondere als ich meinem Vater
mitteilte, dass ich Pfarrer werde,
fiel er fast vom Sofa“, lacht er.
Immerhin fühlten sich Vater und
Bruder in völlig anderen Berei-
chen beruflich daheim. Bruder
Thomas studierte Medizin,
machte in der physikalischen
Chemie ein weiteres Doktorat,
dann ein Studium der Mathema-
tik und Physik und arbeitet jetzt
an der Techni-
schen Univer-
sität in Mün-
hatte es bei einem Einkehrtag
der Oberstufe im Gymnasium.
Als die anderen Kollegen feucht-
fröhlich den Abend verbrachten,
zog es mich derart in die Kirche,
dass ich mir kurzerhand den
Schlüssel besorgte und die ganze
Nacht alleine in dem Gottes-
haus verbrachte. Es war ein
sehr schönes und intensives
Erlebnis.“ Besonders wichtig ist
Pfarrer Anno, die Seelsorge zu
leben. „Den
Menschen
nahe zu
Der Herr Pfarrer löscht auch
Seit vielen Jahren ist der Pfarrer (l.) auch aktiver Feuerwehrmann.
Foto: FF Sillian