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WISSENSCHAFT
PUSTERTALER VOLLTREFFER
JÄNNER/FEBER 2012
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Herr Dr. Tasser, sind die Aus-
wirkungen der vorhergesagten
weltweiten Klimaveränderun-
gen tatsächlich so erheblich?
Tasser:
„Ja, vor allem durch
die ansteigende Temperatur und
eine mögliche Verringerung der
Niederschläge. Sie werden in
den kommenden Jahrzehnten er-
hebliche Auswirkungen auf die
Entwicklung geschützter Habi-
tate haben. Habitate sind Le-
bensräume, die bestimmte Tier-
oder Pflanzenarten bewohnen.“
Kann man schon sagen, was
in den Schutzgebieten alles vom
Klimawandel beeinträchtigt sein
wird?
Tasser:
„Insbesondere wasser-
gebundene Ökosysteme, wie
Feuchtgebiete und Flussland-
schaften. Aber auch die Zusam-
Jahr waren zwei Wissenschaftle-
rinnen im Naturpark Rieserfer-
ner-Ahrn unterwegs, die bis in
den Spätherbst hinein die unter-
schiedlichen Pflanzengesell-
schaften erhoben und deren Ent-
wicklung im Laufe der Vegetati-
onsperiode gemessen haben. An
insgesamt 129 Standorten wur-
den insgesamt 520 Vegetations-
proben genommen, anschließend
im Labor nach lebenden, ver-
holzten und toten Bestandteilen
sortiert und dann Fläche und Ge-
wicht bestimmt. Damit sollten
nun für alle wichtigen Grasland-
Projekt untersucht werden sollte.
Zum anderen, weil das Wissen
über den Naturpark sehr um-
fangreich ist und natürlich wir
als Eurac mit den beiden Institu-
ten für Angewandte Fernerkun-
dung und für Alpine Umwelt an
der Untersuchung eines Südtiro-
ler Schutzgebietes interessiert
waren. Zudem hat auch das Amt
der Naturparke uns sehr unter-
stützt.“
Welche Vorteile bringt es Luft-
bilder „lesen“ zu können?
Tasser:
„In Satellitenbildern –
es gibt ja immer mehrere Auf-
nahmen gleichzeitig in verschie-
denen Wellenlängen/Spektralbe-
reichen – steckt sehr viel Infor-
mation über die Ausgestaltung
der Erdoberfläche aber auch
über den Zustand der obersten
Bodenschichten wie den Feuch-
tigkeitsgehalt. Das Problem liegt
in der Interpretation der Bilder.
Sind wir imstande, aus den Bil-
dern Vegetationsformen, Land-
nutzungstypen oder den Feucht-
zustand des Bodens abzuleiten,
stellen sie eine sehr billige Alter-
native zu Freilandmessungen
dar.“
Was kann man langfristig
alles damit erwirken?
Tasser:
„Eine flächende-
ckende Kartierung könnte so
jedes Jahr, theoretisch sogar
Mit Hilfe von Satelliten-
bildern will man zukünf-
tig die Auswirkungen
des Klimawandels und
der Landnutzung in den
europäischen Schutzge-
bieten schnell und kos-
tengünstiger feststellen.
Doch zuerst müssen
Daten erhoben und
Satellitenbilder zu deu-
ten erlernt werden. Dies
geschieht im Zuge des
EU-Projektes „Habit
Change“, das auch im
Naturpark Rieserferner-
Ahrn läuft. Projektleiter
Erich Tasser vom Eurac-
Institut für Alpine Um-
welt im „PVT“-Interview.
mensetzung von Wäldern sowie
hochalpine Graslandschaften
werden von klimatischen Verän-
derungen betroffen sein.“
Nun will man mit Hilfe von
Satellitenbildern die Verände-
rungen feststellen. Zuerst
braucht es allerdings einen Ist-
Zustand.
Tasser:
„Ja. Im vergangenen
bestände genügend Proben (also
jenem Pflanzenteilen, die der Sa-
tellit auch sieht) gesammelt sein,
um damit die Bildinformationen
aus den Satellitenbildern verste-
hen und interpretieren zu kön-
nen. Mit den erhobenen Daten
erstellen wir dann ein Computer-
programm, mit dem wir die Sa-
tellitenbilder in Folge über die
Freilandkartierungen interpretie-
ren können.“
Warum wurde der Südtiroler
Naturpark Rieserferner-Ahrn
für das Projekt ausgesucht?
Tasser:
„Der Naturpark wurde
stellvertretend für Schutzgebiete
imAlpenraum ausgewählt. Zum
einen natürlich, weil auch ein
italienisches Schutzgebiet im
s
Erich
Tasser
aus dem
Ahrntal,
betreut
das EU-
Projekt im
Naturpark
Rieser-
fern-
Ahrn. Ins-
besondere
wasserge-
bundene
Ökosys-
teme sind
sehr vom
Klima-
wandel
betroffen.
Im Vor-
jahr
waren
zwei Wis-
sen-
schaftle-
rinnen im
Natur-
park Rie-
serfern-
Ahrn un-
terwegs,
die unter
anderem
die unter-
schied-
lichsten
Pflanzen-
gesell-
schaften
erhoben
haben.
Mit Satellitenbildern den Natur