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Franzosen folgten. Osttirol sollte Teil der
britischen Besatzungszone werden.
Vom 31. März 1949 liegt eine Original-
schrift vor:
„Bei der heutigen ersten Heimkehrerfeier
gedenken wir Ihrer. Es danken Ihnen alle
Heimkehrer für Ihre Hilfe, die Sie als Dol-
metsch und Vermittler unserer Heimat beim
Einzug der Alliierten Kampftruppe im
Jahre 1945 boten. Sie verhüteten dadurch
viel Unheil und manchen großen Schaden.“
Kofler war damals zum Zeichen der
Dorfübergabe den Befreiern mit einer wei-
ßen Fahne entgegenmarschiert!
Nach dem Krieg kehrte er als Deutsch-
lehrer wieder nach Schwaz zurück, er-
krankte 1950, erhielt 1955 den Titel Ober-
studienrat, unterrichtete mit verminderter
Lehrverpflichtung noch bis zum Ruhestand
1958. Am 6. November 1960 schrieb er an
seine ehemalige Widumsköchin:
„Liebe Liese! … Ich bin den ganzen Som-
mer über bis weit in den Herbst hinein in der
Halsklinik in Innsbruck gewesen, im ganzen
16 Wochen. Nun geht es wohl wieder besser,
nur habe ich furchtbare Kopfschmerzen, die
mit keinem Pulver wegzubringen sind.“
Seine Krankheiten umschrieb er oft mit
den Sätzen
„Mir weht der Bauch“
oder
„Mein Herz will nicht mehr so recht“.
Kofler verstarb nach vielen Monaten
schmerzhafter Krankheit im Herbst 1961
und wurde im Pauliner Grab des Schwazer
Friedhofs bestattet.
Besonderheiten in Wort und Lehre
Markante Sprüche waren Koflers Stärke.
So titulierte er seinen ebenfalls geistlichen
Bruder Anton (1899–1972) als
„heilig-
mäßig“,
sich selbst als
„mäßig heilig“.
Oder er meinte etwas kryptisch humorvoll:
„Alles Irdische ist vergänglich – nur der
Kuhschwanz ist etwas länglich.“
Eine
Schularbeit in einer höheren Klasse gab er
recht unzufrieden mit den Worten zurück:
„Da habt ihr die neuesten Werke der Welt-
literatur.“
Als bei seinen seltenen Ferien-
aufenthalten im Sommer eine seiner Nich-
ten vom Walde zurückkam, skizzierte er
schnell:
„Itz kimba, mit an Zegga voll
Himmba, und groaße Schritte nimmba.“
Am 14. Oktober 1961, also vor rund 50
Jahren, verstarb OStR Prof. Dr. Franz Josef
Kofler – geboren am 25. März 1894 als
ältestes von acht Kindern einer Berg-
bauernfamilie am Ochswieserhof in Pan-
zendorf (seit 1. Jänner 1974 Gemeinde
Heinfels) bei Sillian.
Mittlerweile liegen mehrere biographi-
sche Berichte über ihn bereits vor, auf die
an dieser Stelle kurz verwiesen sei: so zum
Beispiel im „Osttiroler Boten“ 1961, ein
längerer in den „Osttiroler Heimatblättern“
Nr. 2, 1982 („Bauernsohn und Akademi-
ker, Priester und Pfarrer, Schriftsteller und
Dichter, Käfersammler und zoologischer
Autodidakt, Tiroler – Osttiroler“); sodann
im Jahresbericht des Paulinums in Schwaz
1982 zum 20. Todestag mitsamt einer Auf-
listung der literarischen Werke.
Ein Lebenslauf
Als „Einstieg“ sei ein kurzer Lebenslauf
vorausgeschickt: Volksschule in Panzen-
dorf, kostenintensive Mittelschule am
Vinzentinum in Brixen zusammen mit sei-
nem jüngeren Bruder Anton, Reifeprüfung
1914 (von 26 Schülern waren zehn „vor-
züglich geeignet“, von damals 54 Schülern
in der ersten Klasse), nach der Priester-
weihe am 12. Mai 1918 und der Primiz
ganze drei Monate Pfarrer in Hopfgarten
in Defereggen, dann Lehramtsstudium und
Doktorat (1923) – nicht im gewünschten
Fach Biologie, sondern – in Deutsch mit
der handschriftlich abgefassten Disser-
tation zum Thema „Wortbildung des Ad-
jektivs in den Dialekten von Sillian“, Be-
nachrichtigung der Angehörigen kurz und
klar:
„Hurra, Auszeichnung!“
, und in Ita-
lienisch in Innsbruck, 1923 bis 1926 Un-
terricht am Vinzentinum, dann Wechsel
nach Schwaz ans Paulinum, denn:
„Neunzehnhundertsechsundzwanzig
ward der Speck in Brixen ranzig,
vom Faschismus und vom Duce, da be-
gann die große Rutsche!“
So formulierte Franz Josef Kofler später
den Beginn dieser Änderung: eben die kirch-
lichen Folgewirkungen der auch für ihn so
großen schmerzhaften Zäsur der Abtrennung
Südtirols, welche seine ursächliche Über-
siedlung von Brixen nach Schwaz erzwang.
Am Bischöflichen Gymnasium Paulinum
blieb er bis zum „Anschluss“ Österreichs an
Adolf Hitlers Großdeutsches Reich 1938,
dann wurde es von den neuen NS-Macht-
habern sofort aufgelöst und in eine „Ober-
schule für Jungen“ umgewandelt. Die geist-
lichen Lehrer wurden mit Unterrichtsverbot
belegt. Der damalige Bischof Paulus Rusch
teilte Kofler („Venerabili in Christo nobis
dilecto...) mit 22. November 1939 die
Expositur Forchach im Lechtaler Außerfern
zu, wo er bis zum Kriegsende 1945 Pfarrer
war. In diese Zeit fällt übrigens das Gros
seiner schriftstellerischen Arbeiten.
Am 30. April 1945 um 4 Uhr nachmittags
erhielt der Forchacher Bürgermeister einen
Zettel mit dem in Bleistift handgeschriebe-
nen Text: „Alle Waffen innerhalb 1 Stunde
abliefern. Keine Civilpersonen von 20.00
bis 06.00 auf der Straße erlaubt. Alle Wehr-
machtsangehörigen in Civilbekleidung beim
Bürgermeister melden“, überreicht als
„Forderung d[es]. amerikanischen Dol-
metschs“ der kurzfristigen US-Besatzungs-
truppen, denen in Nordtirol alsbald die
NUMMER 11-12/2011
79. JAHRGANG
OSTTIROLER
HEIMATBLÄTTER
H e i m a t k u n d l i c h e B e i l a g e d e s „ O s t t i r o l e r B o t e “
Franz Josef Kofler; Aufnahme um 1950.
Unbekannter Fotograf
Alois Kofler – Martin Kofler
OStR Prof. Dr. Franz Josef Kofler
(1894–1961)
2011 – Gedenkjahr für den Priester, Lehrer, Dichter und Forscher