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OSTTIROLER
NUMMER 11/2010
3
HEIMATBLÄTTER
doch, dir wieder zu schreiben. (…) So
optimistisch bin ich geblieben trotz der
grauen Haare und deiner unübertrefflichen
Unhöflichkeit in der Correspondenz.“
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Im
Frühjahr 1922 entschied sich Feldner end-
lich für Gaigher, nachdem man ihm auch
von Seite der Diözese keine Prügel mehr
vor die Füße gelegt hatte.
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Am 20. Juli
wurde der Vertrag geschlossen, der alle
Details zur technischen Ausführung, zum
Honorar und zu den Zahlungsmodalitäten
enthält.
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Die Fertigstellung des Bildes zog
sich bis in das folgende Frühjahr hin. Im
Juni 1923 erhielt Feldner den Besuch des
Brixener Bischofs Johannes Raffl, was
für ihn eine besondere Ehre bedeutete.
Gaigher konnte dem Ereignis krankheits-
halber nicht beiwohnen.
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Feldner als Historiker:
zwischen „Lutheranismus“ und
Freiheitskämpfern
Wie eingangs erwähnt, interessierte sich
Feldner schon früh für Geschichte. Nach
Karl Maister, der für die Osttiroler Hei-
matblätter einen ausführlichen Nachruf ver-
fasste, besaß Feldner ein fabelhaftes Ge-
dächtnis und übergroßes Wissen, mit dem
er seine Gesprächspartner immer wieder
beeindruckte. Er war ein „lebendiges Lexi-
kon für heimatliche Kunst- und Kulturge-
schichte“.
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Noch heute befinden sich in der
Bibliothek des Stiftes Innichen zahlreiche
Bücher aus seinem Nachlass – geschmückt
jeweils mit einem von Gaigher entworfenen
Exlibris
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–, darunter mehrere Werke über
die Zeit vor und um den Ersten Weltkrieg.
Umso mehr bedauerte Maister, dass
Feldner – anders als er selbst – nichts
publiziert hat.
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Gleichwohl ist das wenige,
was von ihm erhalten geblieben ist, schon
aus forschungsgeschichtlichen Gründen
beachtenswert. Sein einziges größeres
Werk ist ein 92 Seiten starkes Manuskript
mit dem Titel „Acta den Lutheranismum
in Defereggen betreffend, 1680 bis 1695“.
Es beruht auf Recherchen während seiner
Zeit in Virgen. Feldner schrieb seine
Exzerpte 1914 in ein Buch und vermachte
sie dem Pfarrarchiv von St. Veit.
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In der Einleitung hat Feldner im Jahre
1914 die spannende Entdeckungsge-
schichte der Akten niedergeschrieben:
„Am 7. Juni
[1898]
ging ich nach Win-
disch-Matrei – ich war 1896 bis 1901
Kooperator in Virgen – (…) zum Herrn
Gerichtsvorstand Dr. Welzhofer und er-
suchte ihn um die Schlüssel zum Archiv. Er
ging bereitwilligst mit mir, erklärte mir
aber, es sei unmöglich etwas Gesuchtes zu
finden, weil zur ganzen Anlage des Archi-
ves kein Register vorhanden sei. Ich nahm
da und dort ein Faszikel Akten heraus ganz
auf Geratewohl. (…) Da plötzlich tauchte
eine Aufschrift auf: ‚Acta, so den Luthera-
nismum in Deferöggen betröffen de annis
[= aus den Jahren]
1680 bis 1693‘, ein ca.
60 cm hohes Aktenbündel! Mit fibernden
Händen wird‘s herausgezogen, von seinen
Banden gelöst. Einige Blicke in diese
Akten sagen mir, das sind die Original-
Akten der lutherischen Bewegung, wie sie
vom damaligen Salzburger Pfleger in W.
Matrei, Wolfgang Adam Lasser, verfaßt
bzw. registriert worden sind. (…) Ich nahm
[mit Erlaubnis von Welzhofer]
das Akten-
bündel sofort mit nach Virgen und bear-
beitete es wörtlich Tag und Nacht, soweit
ich neben der seelsorglichen Tätigkeit Zeit
hatte dazu. Pünktlich (…) brachte ich das
ganze Aktenbündel am 10. Juni 4 Uhr
abends wieder nach W. Matrei, nachdem
ich die Versuchung, mehrere dieser Akten
zurückzuhalten, um sie ins Pfarrarchiv St.
Veit zu geben, mehrmals tapfer ausge-
schlagen hatte.“
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Das Manuskript enthält nicht nur Aus-
züge aus den Originalakten der Jahre 1680
bis 1693, sondern auch solche aus ge-
druckten Werken des 17. und 18. Jahrhun-
derts. Auf S. 57 zieht Feldner eine Zwi-
schenbilanz:
„Wie entsetzlich viel Jammer,
Elend und Not hat diese lutherische Bewe-
gung über Defereggen gebracht! (…) An-
dererseits zeigt diese Bewegung auch, daß
die Deferegger ein starkes Bedürfnis nach
Religion hatten. Die wahre Religion wurde
ihnen – den schon damals weitgereisten
und aufgeklärten – in ungenügender Weise
geboten.“
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Nur ganz verhalten klingen
hier kritische Töne gegenüber der seel-
sorglichen Praxis der eigenen Kirche an.
Im Vergleich dazu nimmt sich das
Übrige, was von Feldners historischen For-
schungen in schriftlicher Form erhalten ge-
blieben ist, eher bescheiden aus. Neben
dem erwähnten Familienstammbaum und
einzelnen Recherchen wie z. B. über das
Cannbrot
51
oder über die Deferegger
Wanderhändler
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befasste er sich auch mit
den Freiheitskämpfern seiner Heimat. Im
Jahre 1909 trat Johann Ladstätter, der
Initiator des Freiheitskämpferdenkmales in
Zotten (Gemeinde St. Veit) an ihn mit der
Bitte heran, ihm die Lebens- und Sterbe-
daten der drei Kriegsopfer aus dem Tal
mitzuteilen.
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Feldner zelebrierte übrigens
bei der Enthüllungsfeier am 8. August
1909 den Festgottesdienst.
Eine einzige historische Arbeit Feldners
erschien posthum in den Osttiroler Hei-
matblättern. Dabei handelt es sich um eine
Auflistung der Freistiftgüter in Virgen, die
Feldner 1898 zusammenstellte und mit
einer historischen Einleitung versah.
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Letzte Wirkungsstätte: Stiftspropst
in Innichen
Nach dem Tode des Propstes Alois
Sopplà wurde Feldner mit 1. Jänner 1924
nach Innichen berufen. Karl Maister gibt in
seinem Nachruf ein sehr lebendiges Zeugnis
vomWirken Feldners in Innichen im Span-
nungsfeld zwischen seelsorglichen Ver-
pflichtungen und Kanzleiarbeit.
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Nicht nur
sein angeschlagener Gesundheitszustand,
auch die sich zusehends verschärfende po-
litische Situation im Königreich Italien
machten Feldner mehr und mehr zu schaf-
fen. Gleichwohl wurde Feldner als Seelsor-
ger, Katechet und Prediger überaus ge-
Exlibris Petri Feldner. Entwurf von Hora-
zio Gaigher (1929; Stiftsarchiv Innichen).
Ausschnitt aus dem Vertrag „betreffend die Herstellung des neuen Hochaltarbildes für
die Pfarrkirche in Niederdorf, darstellend den Tod des hl. Stefanus“ mit den Unter-
schriften von Feldner und Gaigher (PA Niederdorf).