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OSTTIROLER
NUMMER 6/2011
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HEIMATBLÄTTER
oder nicht, sondern weil sie in diesem
Klang im Bild notwendig sind oder nicht.“
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Die Maltechnik als Faktor von
Bedürfnis und Zeit
Im Grunde genommen beruht die über-
ragende Aussagekraft der Bildwerke von
Lois Salcher auf den für den Künstler und
seine Kunst bestimmenden Rhythmus der
Mal-Technik mit Eitempera.
Explizit bezeichnet Lois Salcher die
technische Arbeitsmethode von Max Wei-
ler (1910-2001) als sein Vorbild. Die Tech-
nik der Eitempera-Malerei unterscheidet
sich von der der Ölmalerei nicht nur durch
die chemische Zusammensetzung und
Weiterbearbeitung der Ausgangsstoffe,
der nicht zu unterschätzende Aspekt ist
viel mehr das Thema Zeit, das diese Tech-
nik vorrangig beherrscht. Die Vorbereitung
des Rohleinens mit der ersten Grundierung
mit Hasenleim bis zur zweiten Grundie-
rung mit Kreide erlaubt keine Hastigkeit
im Umgang mit dem Material und vor
allem dem persönlichen Malbedürfnis –
der Eigenwert jeder Substanzfarbe, wie
aggressiv impulsives Rot bis zum irisie-
renden Ultramarin oder Lichtocker, ist von
außerordentlicher Bedeutung, denn die
Farbe an sich trägt den Inhalt des Bildes!
Lois Salchers Arbeitsweise ist einem
organisch evozierten Kanon unterstellt,
denn jeder Bestandteil seiner Malmittel
und Bindemittel, die Pigmente, die Öle,
das Ei, das Wasser sind Teil des konstruk-
tiven Kreislaufes der Natur und deren Mit-
gestalter. Max Weilers 1986 festgehaltene
Kommentierung der eigenen Malweise er-
laubt Parallelen zu der von Lois Salcher zu
ziehen:
„Alles, was ich ausdrücken will,
mache ich in erster Linie durch die Art und
Weise, wie ich die Malfäche bemale, wie
die Striche darauf laufen und wie die Far-
ben darauf liegen. Damit kann man alles
sagen, und damit sage ich auch alles. Und
wer Augen hat zu sehen, der sieht es.“
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Tatsächlich unterliegt jede einzelne
Farbschicht einem länger währenden
Trocknungsprozess, mit dem einhergehend
jede Partie am plan situierten Bildträger
einer Lasur gleichkommt – sehr fein und
dünn, mit außerordentlichem Strahlvolu-
men. Die Temperatechnik ist mitentschei-
dend dafür, dass mit jeder neu aufgetrage-
nen Malschicht die darunter liegende Par-
tie durchscheint und Räumlichkeit
transportiert. Die Wechselwirkung der Un-
termalung und deren Übermalung ist so-
zusagen dem zeitinduzierten Verhalten des
Kunstschaffenden unterlegen und gewinnt
dadurch gleichzeitig an Potenzial. Es ist
ein entschleunigtes Malverhalten, das
nicht als grundsätzliche Gegenhandlung zu
überspannten, beschleunigten Alltagspro-
zessen verstanden werden muss, sondern
als Pendant dazu aufgefasst werden sollte
– im Sinn des Künstlers eben.
Die Arbeiten auf handgeschöpftem Papier
werden von Lois Salcher im ähnlich auf-
wendigen Schichtaufbau unter anderem mit
Wasserfarbe erstellt und berühren einerseits
durch das das Sehfeld vereinnahmende
Querformat und durch die ebenso erfahr-
bare Dichtheit der Farbfelder andererseits.
Es ist ein unumgänglicher Wesenszug
des Malers, seiner gesamten Arbeit – den
Farbakzenten und den Formwerten – jene
für ihn persönlich erfahrenen philoso-
phisch-geistigen Paradigmen als meditati-
ves Konzept voranzustellen bzw. zu unter-
legen und seine Frankophilie, das auch
ausgelebte Bedürfnis nach dem Mediter-
ranen parierend mit seinen Bildwerken in
Assoziation zu stellen.
Eitempera, Wasserfarbe, zeitweise mit
Kohle und Graft lavierend auf Leinen oder
Papier gemalt, kumulieren zu einer unaus-
weichlichen Vereinnahmung von uns Be-
trachterinnen und Betrachtern – eine Ver-
einnahmung des Sehens, die nicht von den
reinen Farbwerten, sondern von deren nicht
endenden Tiefe gefordert wird.
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Der Titel – pragmatisch und poetisch
Nun, Werktitel wie „Ewigblau“, „Som-
merluft“, „Mein Acker“, „Lichtspiel“,
„Cadmiumgelb“ oder Serientitel für Prä-
sentationen wie 2005 „Im Anfang war
es …“ oder 2007 „… und manchmal grün“
oder „Wo die Frühe beginnt“, können
förmlich als Gedanken vibrierendes Bei-
werk aufgefasst werden, denn dem Thema
Titel
will Lois Salcher keine große Auf-
merksamkeit überlassen. Manche Titel
reduzieren sich auf den Namen der Sub-
stanzfarbe, wie „Rebenschwarz“, „Böh-
mische Grüne Erde“, „Umbragrünlich“
oder „Echtrot“ und irritieren vielleicht in
ihrem Sinnzusammenhang. Der Titel als
Nuance und etwas pragmatisch, aber viel-
mehr poetisches Attribut einer auf den
Bildträger umgesetzten Geistesarbeit.
Nicht nur nebenbei erwähnt, fnden sich
seine Arbeiten als öffentliche Ankäufe unter
anderem in der Grafschen Sammlung der
Albertina, dem Ministerium für Kunst
Wien, in den Sammlungen der Stadt Wien,
des Tiroler Landesmuseums Ferdinan-
deum und der Stadt Innsbruck, in der Stif-
tung Dr. Klocker Innsbruck, der Universität
Innsbruck und der Stadt Lienz.
Eine Annäherung – substanziell
Wenn man sich dem Bildwerk von Lois
Salcher verweigert und sich sozusagen als
Gegenüber
nicht
öffnen will, sieht man nur
Fläche, keine Räume, keine Tiefe: es gibt
kein schwierig oder einfach im Sinn der Be-
trachtungsweise bzw. des Interpretations-
verhaltens für seine Bildwerke, es ist doch
ein Experimentieren mit den persönlichen
visuellen Fähigkeiten und auch Vorlieben!
Die Frage nach der Landschaft, der Form
2009: „Indischrot“, 50 x 70 cm, Pigmente auf Leinen.
„… und
manch-
mal
grün“
lautete
die
2007 in
der Ga-
lerie
Schloss
Land-
eck prä-
sen-
tierte
um-
fangrei-
che Per-
sonale.