GZ_Dölsach_2022_02

Seite 4 Dölsacher Dorfzeitung Februar 2022 Im Jahre 1972 stieß man beimVerlegen einer Wasserleitung südlich der St. Margarethenkirche auf eine römische Grabara (Grabaltar), ebenfalls an einer alten Straße. Dieser letztgenannte Fund wirkt zwar weniger überraschend, wenn man sich erinnert, dass der angesehene Lienzer Bürger und Ge- richtsanwalt Veit Nettlich († 1604) in seiner nur wenige Seiten umfassenden sogenannten „Lienzer Chronik“ bereits um 1600 vermerkt: „In der Landtschizen unter Dolsach in der Auen haben sich in fürgangnen Wassergüssen Gräber emplest, darauf Grabstain mit unerklerlicher Schrift ausgehauen befunden. Wahrer (=waren) sy Römen oder waß in der Haidenschafft allhie gewest, waiß man khain bericht.“ Über das zerstörte Agunt, das 400 Jahre in der Sonne des römischen Weltreiches geglänzt, brach allmählich die Nacht der Vergessenheit herein. Als der merowingische Hofdichter und spätere Bischof von Poitiers (Frankreich), Venantius Fortunatus, um 560 durch das Pustertal zog, schrieb er in lateinischen Versen u. a. (zu deutsch): „Wenn dich der Baier nicht hindert, der dem Lande der Breonen (Räter) benachbart ist, dann schreite über die Alpen, wo der Inn seine Wirbel treibt, dann strebe dem norischen Lande zu, wo der Byrrus (Rienz) schäumt. An den Dravus (Drau) geht dann der Weg. Dort ragen Burgen; hier thront auf hügliger Höhe ,Aguontus‘.“ Über diese Verse wurde viel diskutiert, denn wo, so fragt man, liegt da auf einem Hügel Agunt?! Aber der große Sprachfachmann Prof. E. Kranzmayer erklärt den Fall: Aguntum wurde im 5. Jahrh. „Avuntum“ geschrieben. Dazu kommt der altladinische Artikel „l“ und ergibt „l‘avunt“, und das ist wieder nichts anderes als unser heutiges „Lavant“, im Dialekt noch erkenntlich als „Lauent“. Also bezeichnet das „ille Aguontus“ des Venantius Fortunatus überhaupt nicht Aguntum, sondern die Gegend „gegenüber“, nämlich den Lavanter Kirchbühel, wo damals noch die Bischofskirche stand. Die Ruine unseres alten Aguntum beachtete der Wanderer offenbar überhaupt nicht. Hingegen fiel das alte Aguntum 1.000 Jahre später dem Tiroler Dichter J. Putsch sehr wohl auf, als er im 16. Jahrhundert auch durch das Pustertal wanderte, denn, wie er berichtet, sah er noch Hallen, Säulen, Paläste und Inschriften. Erst dann kamen die großen Muren des Debantbaches, der bei einer solchen Katastrophe seinen Lauf änderte (er floß seinerzeit bestimmt nicht durch die Stadt) und in mehreren Stößen alles ver- schüttete. Seine Verheerungen waren so gründlich, daß man von Aguntum überhaupt nichts mehr sah und merkwürdigerweise auch bald nichts mehr hörte. Als ein Hirtenbub um 1760 beim Hüten in ein Erdloch fiel, fand er unten eigenartige Gänge. Er kroch den Kanälen entlang und kam mit der freudigen Botschaft wieder heraus, er habe eine Zwerglstadt gefunden. Das war damals eine riesige Sensation. Als die große Maria Theresia davon hörte, zögerte sie nicht, eine Kommission zur Begutachtung dieser Zwerglstadt zu entsenden. Bald danach fand man am Debantbach Mar- morplatten, in einem Felde einen Mosaikfußboden und schöne Gräber. Man vermutete schließlich, die Römersiedlung Loncium gefunden zu haben; Aguntum hingegen vermutete man in der Gegend von Innichen. Um 1870 fand man bei Oberdrauburg einen römischen Meilenstein und später einen ebensolchen bei St. Lorenzen. Der große Geschichtsforscher Momsen († 1903) errechnete dann auf Grund der Schrittangaben, daß Aguntum bei Lienz liegen müsse. Nun kam erst die richtige Neuentdeckung, Auszug aus der Dorfchronik Band I von Prof. Josef Astner 1974: Dölsach in Aguntum

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