GZ_Kals_2020_12

46   FODN - 76/03/2020 FODN - 76/03/2020   47 Von Sepp Haidenberger I m Jahr 1964 fanden in Innsbruck Olympische Winterspiele statt, der Lienzer „Pepi“ Stiegler gewann im Slalom die Goldmedaille. In Kals war erstmals ein Fernsehempfang möglich, und zwar im Gasthof Glocknerblick in Arnig. Wahrscheinlich stammt aus der Zeit auch der Begriff „Flimmerkiste“. Der Olympiawinter in Innsbruck war zwar schneelos, doch die Bilder auf dem TV-Bildschirm lieferten ein mehr oder weniger dichtes Schneien immer mit. Im Mai 1964 brannte beim Luck- ner das Wirtschaftsgebäude und das sogenannte Huterhaus ab. Wohin mit dem Heu? Der Wiederaufbau drängte. - Auch für mich war das Jahr 1964 ein Markstein. Obwohl ich vorher noch nie in Kals war, hatte ich mich gemeinsam mit meinem Kollegen Heinrich Altstät- ter (Sohn einer Lehrerfamilie in Gaim- berg) als Lehrer für die Volksschule Kals gemeldet. Im August 1964 fuhren wir vorerst einmal in unseren Dienstort, um uns beim Herrn Bürgermeister Ste- fan Schneider und bei VS-Direktor Al- fons Schmid vorzustellen. Zu Mittag gingen wir in den Gasthof Ködnitzhof, und wir staunten nicht schlecht, dass kaum ein Platz zum Mittagessen frei war. Kals war eben schon ein bedeuten- der Fremdenverkehrsort. Am 14. September war Schulbeginn, und wir zwei Junglehrer wurden drin- gendst an der Volksschule Kals ge- braucht. Schüler (= Schülerinnen und Schüler) sind immer mehr geworden, das Schulhaus „platzte sozusagen aus allen Nähten“. Für ein neues Schulhaus lag wohl ein maßstabgerechtes Modell vor, doch die Gemeinderäte konnten sich nicht zu einem Baubeschluss aufraffen. „Die Bildung einer Agrargemeinschaft hielt die Gemüter in Erregung“, so Di- rektor Alfons Schmid in der Schulch- ronik; zudem wurde zwei Jahre zuvor nämlich viel Geld in die Sesselliftan- Ein Bild aus dem Schuljahr 1964/65 Die Zeit ist die Komplizin des Vergessens und die Erinnerung an so vieles wählerisch. Das eine bleibt im Alltag präsent, das andere entschwindet unserem Gedächtnis. lage investiert. 203 Schülerinnen und Schüler besuchten im Schuljahr 1964/65 die Volksschule Kals. Sechs Klassen waren vorgesehen. Klassenzimmer wa- ren nur 5 vorhanden: 3 im Schulhaus (erbaut 1908) und 2 im „Graser Haus“. Dieses war auch das erste Schulhaus in Kals, es stand zwischen Widum und Pfarrkirche, und um 1990 erfolgte der Abbruch dieses Hauses. Die 5 Klas- senräume reichten 1964 auch, es waren nämlich nur 5 Lehrpersonen vorhanden. Die Lösung: Die geplante zweite Klasse mit 30 Schülern wurde auf zwei andere Klassen aufgeteilt. Neu an der Schule war auch Lehrerin Hildegard Brunner. Ich hatte Glück. Mir wurde die vier- te Klasse mit „nur“ 30 Schülerinnen und Schülern zugewiesen. Der Klas- senraum im „Graser Haus“ war für die damaligen Verhältnisse gut wohnlich. Beheizt wurde wie alle Klassenräume mit einem großen Kachelofen. Schul- wart Hans Schnell begann täglich ab 4 Uhr in der Früh die Öfen zu heizen. Bei den Schülern beliebt war, sich vor Beginn des Unterrichts am Kachelofen aufzuwärmen. Anfangs mussten alle El- tern für ihre Schüler Schulholz stellen, später nur mehr die Waldbesitzer, und 1965 wurde diese Verpflichtung gänz- lich eingestellt. Meinem Junglehrerkollegen Heinrich Altstätter war die sechste Klasse mit 39 Schülerinnen und Schülern zugewiesen. Als ab Jänner 1965 Lehrerin Waltraud Holzer (spätere Direktorin, verstorben am 21. März 2017) in Mutterschaftsur- laub ging, wurde als Ersatz Lehrer Sepp Straganz vom Bundesheer freigestellt und half als Lehrer aus. Wenn ich das Klassenbild von damals anschaue, fallen mir einige Schüler auf, die einen weiten, ja sehr weiten Schul- weg hatten: z. B. von Arnig oder Ober- lesach. Schülerbus wie heute gab es ja keinen. In der Adventszeit war täglich um 6 Uhr in der Pfarrkirche Rorate. Auch Schüler mit weiten Schulwegen und das oft bei Schnee besuchten flei- ßig das Rorateamt. Für diese sperrten wir danach die Klassen auf, damit sie dort ihr mitgebrachtes Frühstück essen konnten. Für den Großteil der Schülerinnen und Schüler auf dem Bild war ich fünf Schuljahre hindurch Klassenlehrer, bis zu ihrer Schulentlassung. Welches Bild würde sich heute zeigen, wenn sich die Damen und Herren von damals in die Schulbänke setzen würden? – Ach ja, das kleine, wohnliche Schulhaus gibt es ja nicht mehr. Danken muss ich der Direktorin Mi- chaela Troger für Informationen zur damaligen Zeit. Sie betreut heute als Schulleiterin die Volks- und Mittel- schule in Kals. War in früheren Jahr- zehnten das Lehrerdasein erschwert durch die hohen Schülerzahlen, so ist die Lehrertätigkeit heute sehr gefordert durch die Vielfalt der Aufgaben, und es kann nicht mehr „auf ein Weiter-so“ gesetzt werden. Nicht nur die Schule braucht Pläne B. BUNT GEMISCHT BUNT GEMISCHT Das „Alte Schulhäuschen“ zwischen Widum und Pfarrkirche

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