GZ_Doelsach_2020_11

November 2020 Dölsacher Dorfzeitung Seite 3 IMPRESSUM: Herausgeber, Gestaltung und für den Inhalt verantwortlich: Gemeinde Dölsach – vertreten durch Bgm. Josef MAIR. Erscheint viermal jährlich. Satz und Druck: Oberdruck Digital Medienproduktion GmbH. Dölsach. Gedruckt auf chlorfrei gebleichtem Papier – Biotop 3. Erscheinungsort Dölsach. Verlagspostamt 9900 Lienz. … rollst und rollst bis zum Morgen. Der Mond hat es ihr besonders angetan. Der Märzmond, der Maimond, der „Setämamond“, „da wenggete Mond“, der Mond wie ein Scheunentor aus Silber, wie ein Kelch voll Hostien, wie eine Monstranz, wie eine Wachturm- lampe, wie „a Kasloab“. Sie „beißt‘n aun, er schmeckt noch nix“. Wenn Gertraud Patterer in ihrem neuen Buch über diesen wandelbaren und zauberverheißenden Him- melskörper alle Facetten ihrer Fantasie versprüht, leuchtet er noch heller als in Wirklichkeit. Er klopft ihr auf die Schulter. In durchwachten Nächten verliert sie ihn nicht aus den Augen und verkneift sich man- che Rüge nicht. „S‘weard Zeit, dass er si benejhm learnt, nit wie a Raiba in de Fenschta einschteig.“ Welch große Kraft treibt eine Schriftstellerin an, nach Tausenden von Beobachtungen immer neue zu erspä- hen und festzuhalten? Mit unbändiger Lust im über- vollen Fass des Dialekts zu rühren, die urigsten Wör- ter daraus hervorzuholen und schriftlich zu verewigen und sich ob dieses Gutes glücklich zu schätzen? „Gröndl Bloakn“ für Erdpyramiden, „noien“ für mah- len, „Huiauf“ für Wollgras, „Gulta“ für dicke Bett- decke, „Foam“ für Schaum … man kommt als Stadt- ner/Stadtnerin beim Lesen aus dem feinen Staunen nicht heraus. Erzählt sie vom Nebel, tut sie es als Meisterin des Vergleichs. „Nejbl wie g‘stöckte Milch“, „Nejbl wie da Lach untan Luck“. So be- schrieben ist es ein Leichtes, das Bild des Nebels nachzuvollziehen. „Heiliger Sankt Fritz, beschütz uns vor Donner und Blitz!“, stammelte das Hiatamadl mutterseelenallein auf der Alm, als die schwarze Wolkenhand vom Him- mel griff, die Blitze die Bäume häuteten und der Don- ner wie der Teufel mit der Peitsche knallte. Sie schreibt von Furcht und Flucht und vom Verste- cken im Krieg, dann von besseren Zeiten. Mit Feder- weiß polierte Bretter lockten zum Tanz, schneidige Burschen rissen den Mädchen die Maschen von den Zöpfen, die Wiesen breiteten sich wie bestickte Blu- sen mit gelben Knöpfen aus, die Verliebten versanken im Flieder und die Rösser wichen rücksichtsvoll den „Rejgnmandlen“, den Feuersalamandern, aus. Gertraud Patterer: „Im Strahl des Mondes“ Gertraud Patterers Liebe zur Heimat ist fest geerdet. Da ist Spielraum genug für die Freude am sprach- lichen Gestalten. Ohne Ederplan und Frühaufbach fühlte sie sich wie ein Kübel ohne Boden. Hier wuchs sie in das Leben hinein, in den „Zirkus, der di bei koanda Numma auslat“. Wenn das Leben vorbei ist, wünscht sie sich, als Kö- nigskerze flammend stehen zu bleiben. Das Mädchen im Nachbargrab wird ein in Silber gefasstes Vierklee- blatt um den Hals tragen und der Mond wird es sehen, wenn er sich im Advent auf den Schlitten setzt. Das Jahr fing sie alle ein, die Bilder im Kopf von Ger- traud Patterer – frühlinglich, sommerlich, herbstlich, winterlich. Lilly Papsch Foto: Dina Mariner

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