GZ_Kals_2019_12

2 FODN - 73/03/2019 EDITORIAL Liebe Leserinnen, lieber Leser! Michael Linder N icht schon wieder ein Jahres- rückblick, wird sich manch einer unserer geschätzten Leserschaft denken. Nun, ein ganz klein wenig tut es mir schon leid, euch damit beläs- tigen zu müssen, aber so ganz ohne “hintaschaugn“ geht es nun auch wieder nicht. Es gehört einfach zum guten Ton und ist daher ein Muss für jeden „Edi- torial-Schreiberling“, in Zeiten eines bevorstehenden Jahreswechsels einen Blick auf das zu Neige gehende Jahr zu werfen und es mit salbungsvollen Worten zu verabschieden. Und es muss auch die Frage erlaubt sein: „Wie war dieses Jahr und wie wird man 2019 in Erinnerung behalten? Ausgezeichnet, gut, durchwachsen, schlecht, zum Ver- gessen?“ Eines gleich vorweg, wir leben in turbulenten Zeiten und aller Voraus- sicht nach wird es in dieser Tonart auch weitergehen. Diese weise Erkenntnis gehört zwar zum Standardrepertoire eines jeden Kolumnisten, passte aber noch zu jedem abgelaufenen Jahr mei- ner inzwischen 24 Jahre lang andau- ernden „Fodn-Karriere“. Es wird daher durchaus vorkommen, dass ihr diese abgedroschene Redewendung auch in der Fodn-Ausgabe Nr. 76 wiederfindet. Man kann es aber auch kurz auf einen Nenner bringen und einfach nur sagen: „Ein Jahr geht, ein Jahr kommt, auch dieses Jahr wird vergehen und ein Neu- es wird kommen, dessen Ende auch wie- der vorhersehbar ist und wieder… usw.“ Und das seit gefühlten hunderten von Jahren und das wird auch in den nächs- ten tausend Jahre nicht anders werden. Oder vielleicht doch? Die ganzen Weltuntergangspropheten, Negativdenker und sonstige geschäfts- tüchtige Menschen haben jahreszeitlich bedingt Hochkonjunktur und wie es in einem Artikel in der „Zeit“ so treffend formuliert wird: „Eine Tupperparty für Apokalyptiker“. Sie üben sich in „Kas- sandrarufen“ (Kassandra gilt in der griechischen Mythologie als tragische Heldin, die immer das Unheil voraus- sah, aber niemals Gehör fand. Derart ungehörte Warnungen werden als „Kas- sandrarufe“ bezeichnet). Aber das hatten wir doch schon ein- mal, die ganz Älteren unter uns können sich vielleicht noch daran erinnern. An- fang der 70er Jahre des vorigen Jahr- hunderts wurde der „Club of Rome“ ins Leben gerufen, eine noble und interna- tionale Vereinigung von sehr gescheiten, ehemaligen Großindustriellen, Intellek- tuellen und Politikern in den besten Jah- ren, denen es ganz einfach langweilig war. Mit ihrem 1972 veröffentlichten und berühmt gewordenen Prognose- bericht „Die Grenzen des Wachstums“ wurde ein trostloses Bild der Zukunft gemalt. Den Wahrheitsgehalt dieses vorhergesagten Desasters kann man nur mit unverblümten Worten klar beschrei- ben: „Sie lagen mit ihren düsteren Pro- phezeiungen so falsch, dass es falscher nicht sein konnte vor lauter falsch…! Sie haben ganz einfach die Innovati- onsfähigkeit der Menschen vollends un- terschätzt. Deren Erfindungsgabe und der technische Fortschritt ermöglichen es, mit prognostizierten Bedrohungs- szenarien umzugehen und dagegen an- zusteuern. Aber es gehört halt irgend- wie zum guten Ton, in diesem Chor der Untergangspropheten miteinzustimmen und alles in Grund und Boden zu ver- teufeln, was uns halt doch ein bisschen vorangebracht hat. Ich schätze das Engagement der Ju- gend im Hinblick auf die Klimaver- änderung sehr und sind wir doch froh, dass sie dieses im wahrsten Sinne des Wortes heiße Thema so unüberhörbar und unübersehbar in unser Bewusstsein rücken. Unsere (meine) Generation hat sicher nicht ganz unwesentlich zu die- sem Umstand ihren Teil dazu beigetra- gen. Aber gerade diese vielgescholtene Generation hatte und hat auch immer noch Lösungen und Wege gefunden, diesen Umständen entgegenzuwirken. Anfang der 80er Jahre war es das pro- gnostizierte Waldsterben, darauf folgte das immer größer werdende Ozonloch und heute haben wir mit dem Klima- wandel zu kämpfen. Ich bin überzeugt davon, dass wir auch dieser unleugba- ren Tatsache im Zusammenwirken aller Generationen Herr werden können. Also frohen Mutes und mit vollem Optimismus in das neue Jahr, strafen wir die Pessimisten mit Lügen und freu- en uns gemeinsam auf ein gesundes und gutes Jahr 2020. Oder um es mit den Worten von dem deutschen Psycho- analytiker und Schriftsteller Wolfgang Schmidbauer auszudrücken: "Pessimis- ten haben recht, Optimisten den Spaß!" Viel Freude beim Lesen der Ausgabe Nr. 73 wünscht Michael Linder „Prognosen sind schwierig, besonders, wenn sie die Zukunft betreffen.“ [Dieses Zitat wird wahlweise Winston Churchill, Mark Twain oder auch Niels Bohr zugeordnet.] Schispass um ca. 1960 in Burg/Stropnitza Bildarchiv Kals / Holaus

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