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28 OBERLIENZerlesen

Brauchtum

Böllerschießen in Oberlienz und Oberdrum

von Elisabeth Hainzer und Gottfried Stotter

Die Geschichte des Böllerschie-

ßens in den Alpenländern lässt

sich bis in das 14. Jahrhundert

(Erstnachweis 1377) zurückver-

folgen.

Die Tradition dieses Brauches im

vorderen Iseltal stammt laut Josef

Küng (Singer Sepp) aus dem 18.

Jahrhundert. Einer der Ideen­

geber für das Wiederauf leben in

unserem Dorf war Josef Walder.

Früher waren die 30 bis 40 cm

langen Rohre mit Schwarzpulver

geladen und nach obenhin ausge-

richtet, viele Unfälle waren die

Folge. Durch Unkenntnis und

falsche Handhabung gab es

schwere Verletzungen im Ge-

sicht. Amputationen an Fingern,

Händen und Füßen waren nicht

selten.

Geschichtsträchtige Orte

Geböllert wurde im Oberwirts

Anger (Mosmeir) unterhalb des

Heimkehrerkreuzes und ober-

halb von Oblasser, vlg. Schmied,

beim Steinbruch sowie im

Egartner Feld.

Um das Jahr 1995 wurden in

Oberdrum vier Röhren mit 4 m

Länge und 16 cm Durchmesser

sowie zwei Röhren mit 3 m Län-

ge und 20 cm Durchmesser ge-

spendet.

Die Namen

der Spender

finden sich

noch heute

auf den Ka-

non:

Alois

und Hansjörg

Baumgartner

vom Pfeifer,

Josef Baum-

gartner vlg.

Oberpeterer,

Georg Ler-

cher, Werner

Sporer, Michael Waldner sen.

vlg. Moala.

Heute wird Gas und Sauerstoff

in einem bestimmten Verhältnis

in die Rohre gefüllt und danach

mittels brennendem Lappen auf

einem langen Stiel zur Entzün-

dung gebracht. Dadurch entsteht

eine Stichf lamme und ein lauter

Knall, wobei sich der Ton von

den 4 m Rohren mit engerem

Durchmesser zu den 3 m Rohren

mit weiterem Durchmesser un-

terscheidet.

In Osttirol wird nur

in Oberlienz und

Matrei mit dem Ver-

fahren Gas und Sauer­

stoff gearbeitet. In

Südtirol ist das Alt-

verfahren verboten.

Die genaue

zeitliche Abfolge

Das erste Mal geböl-

lert wird am Vor-

abend des Kirchtages

beim Betläuten um

19 Uhr. Sobald die erste Glocke

erklingt, wird zeitgleich ein

Schuss und danach eine Serie

von sechs Schüssen abgefeuert.

Auch am Kirchtag wird von den

Böllerschützen eine genaue zeit-

liche Abfolge eingehalten.

Nach dem unerfreulichen

Zwischenfall im heurigen

Jahr bitten wir inständig

darum, Streiche wie

diese zukünftig zu

unterlassen! Weder

möchten wir, dass durch

unsachgemäßes

Handtieren Unfälle

passieren, noch dass der

Brauch in ein negatives

Licht gerückt wird.

© Ernst Zeiner