Seite 3 - Gemeindezeitungen

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Ein
naturgetreuer,
arbeitsamer
wortkarger
Mensch
war
der
Osemer Michl. Sein Besitz war ein
Bergbauerngütl auf 1450m See-
höhe, die Grundstücke steil, weit
von der Hofstelle entfernt (in
solchen Lagen muss man beim
Hausbau auf Wasser und Schutz
vor Elementarwasser und Lawine
achten). Die Gründe waren noch
flach und steinig, es wäre fast
notwendig gewesen, die Maulwürfe
hätten sich mit Hammer und
Meißel ausgerüstet, um weiter-
zukommen, und wenn sich ein
längerer Regenwurm rechtwinklig
in die Erde verkriechen wollte, ist
wohl noch die Hälfte über den Hang
herunter gehangen und der Kopf ist
schon auf dem Stein gewesen.
Der ganze Ertrag vom Gütl reichte
in normalen Jahren aus, um 6 bis 8
Stück Rindvieh, etliche Schafe und
Ziegen zu füttern. An Getreide wurde
Gerste und Roggen angebaut, es
war oft noch Schmalhans Küchen-
meister, um eine Familie von 8 bis
10 Leuten zu ernähren. An Fut-
ter musste dabei schon noch ein
gutes Drittel in den Bergwiesen
gemacht werden. Der Michl ist
sozusagen schon mit dem Tragseil
und mit dem Korb auf die Welt
gekommen. Pferd war damals
keines auf dem Hofe. Maschinen
kannte man nicht. Grundehrlich
und echt war jedes Wort, das er
gesprochen hat.
Als der Michl dann seine Frau, die
Liesl vom Obersteiner, heirate-
te, hat er den Ausspruch getan am
Hochzeitstag: „Eignlach a mal a
zwo wissat i woll as ma lieba wagn
as wie meine.“ Aber das hat beim
Michl nichts ausgemacht, er hat
weder rechts noch links geschaut
und ist bei seiner Liesl geblieben.
Die Liesl war ein bärenstarkes
Weib, das zwei Arme und zwei
Fäuste trug wie der Dorfschmied.
Die Liesl hatte dem Michl fünf
Kinder geboren, zwei Buben und
drei Mädchen. Es sind alles brauch-
bare, starke, arbeitsame und
alte Leute geworden. Wenn die
Liesl im Wochenbette lag, stand
neben dem Bett ein langer Stuhl,
Nachtkastl kannte der Bergbauer von
damals keines, auf dem Stuhl stand
eine Literflasche mit noch einem
guten Trunk Vogelbeeren und
daneben lag noch ein Teil von einer
Kautabakrolle, wie man sie noch bei
kaiserlichen und königlichen Zeiten
gekriegt hat, das war die Labung für
die Liesl, denn die Liesl hat, wie man
zu sagen pflegt, getschigget.
Der Michl war aber ein Mann, der
zeitlebens nie einem Doktor unter
die Augen gekommen ist oder,
besser gesagt, keinen Doktor
genommen hat. Beim Bergheuziehen
in der Gstall ist der Michl einmal in
die Lawine gekommen, er wurde von
ihr zirka 300 Meter heruntergetragen,
sein Bruder, der Zelles, konnte ihn
noch rechtzeitig finden und retten,
dabei ist demMichl aber der rechteFuß
beim Knöchel gebrochen oder ausge-
kegelt. Der Fuß ist auch nicht
mehr richtig angeheilt, er stand
zeitlebens schief. Der Michl ist
danach auch immer mit einem
langen Bergstock gegangen.
Als der Michl dann älter geworden
ist und seine Sinne nachgelassen
haben, besonders gehört hatte er
schlecht, ist er, wie es ja üblich ist,
in die Sakristei beichten gegangen.
Wie es halt ist, wenn man älter
wird und nicht mehr viel hört, der
Michl hat dann so halblaut das
Gewissen erforscht und so vor sich
hingeredet. Er sinnierte, „de Liesl
daziagng, ischt gleich, sie hat
mi a daziagng, oba schandlach
geredt, jo selle wille geltn lassn“.
Auch schien er eines Tages
etwas unpässlich. Die größte
Sorge der Kinder soll es ja sein, für
das leibliche Wohlergehen und
besonders für ein vorbereitetes
Sterben zu sorgen. Deshalb ging in
der Früh der Hansl auch den Pfarrer
holen,
um
den
Michl
die
Sterbesakramente zu erteilen; im
Bette blieb der Michl zwar nicht,
er saß ja wohl angezogen auf
der Ofenbank, aber der Schlag
kann ihn treffen und was bei alten
Leuten noch dazukommen kann. Als
der Hansl mit dem Pfarrer ins Haus
kam, war der Michl nicht mehr zu
finden, er war nämlich schon mit
einer Leiter und einem Laubmesser
fort in die Wischner Acker und auf
einer Esche und klaubte Laub ab.
Als dann alle drei, der Michl
seine Frau, die Liesl und ihr Bruder,
der Zelles, alle hoch achtzig wa-
ren und nicht mehr arbeitsfähig um
den Ofen herumsaßen, dann sagte
der Michl: „dos hot deacht a koa
gleichmaße, alle lei do üban Ofen
umchasitzn und en Bauere za da
Last föll, mia missn deacht gien ama
prabiagn ze sterbn.“
Der Osemer Michl
von Josef Berger *1905; †1972 - Innerwinkl
(Artikel - Osttiroler Heimatblätter)
Geburt
Sohn von Siegrid Egger und Martin
Ruggenthaler
„Das Wunder des Lebens
begreifen heißt,
es selbst
in den Händen zu halten.“
Hochzeitsjubiläum
Maria und Josef Unterwurzacher
(Taxa)
GOLDENE HOCHZEIT
50 Jahre
Elia Matteo Ruggenthaler