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Nr. 17 - Ausgabe Februar 2015
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Amtliche Mitteilung
Zugestellt durch Post.at
Gesang und Musik der alten Prägratner
Aus der Chronik der Gemeinde Prägraten a.G. von Johann Feldner,
Oberfrösler (1891 - 1974)
Kirchenchor aus Prägraten a.G. (ca. 1925)
Schon unsere Altforderen waren
bekannterweise ein gesang- und
musikfreudiges Volk. Die unbändige
Liebe zur Musik dürfte wohl eine Er-
scheinung sein, die auf die gewaltig
brausende Naturmusik zurückzu-
führen ist, die das Leben der hart
bedrängten Bewohner vom ersten
Augenblickanbegleitet.Vielleicht ist es
die Reaktion auf die vielen Schwierig-
keiten und Bedrängnisse, vor die ihn
die Naturgewalten stellen.
Solange keine handwerklich erzeug-
ten Musikinstrumente vorhanden
waren, wurden ein- und mehrstimmige
Gstanzl- und Volkslieder, zum Teil
selbst erdacht, gesungen. Die ältes-
ten selbst hergestellten Musikinstru-
mente waren die Maultrommeln, ein
Blasinstrument: ein Streifen dünnes
Blech und ein etwa 12 cm langer Ei-
sendraht um dieses gewunden. Es
sieht ganz einfach aus, aber die Fin-
gerbewegung und das Blasen müssen
geübt werden, um einen brauchba-
ren, hübschen Ton heraus zu bringen.
Das nächste dürfte wohl der Fotzho-
bel (Mundharmonika) gewesen sein.
Die alten Bachstuber, zwei Brüder,
Thomas Petterer, geb. 1797, und
Wenzel, geb. 1801, waren Musiker,
die fast alle Streichinstrumente,
Klarinetten, Hackbrett und Schlag-
instrumente
virtuos
behandeln
konnten. Mit den zwei Oberkratzer
Buben, Franz Kratzer, geb. 1811,
und Sebastian, geb. 1815, die beide
Geige und Klarinette spielten, bildeten
sie eine flotte Tanzmusikgesellschaft,
die hier in Ost- und Südtirol, vornehm-
lich von den lustigen Bergknappen in
Prettau regelmäßig zum Tanz geladen
wurde. Da geschah es nun einmal auf
dem Heimweg von Prettau, dass sie
bei einem Übergang das Unglück hat-
ten, in eine Gletscherspalte zu fallen.
In ihrer Todesangst gelobten sie, falls
sie noch mit dem Leben davonkä-
men, nie mehr zum Tanz aufzuspie-
len. Richtig gelang es ihnen endlich
an einem vorspringenden Felsrücken
empor zu klettern. Doch die guten
Vorsätze blieben in der Spalte zurück.
Kaum dem Grabe entstiegen,
wanderten sie wieder lustig weiter und
spielten am Abend seelenruhig dann
dem tanzlustigen Volk wieder auf.
Mit dem leicht verdienten Gelde
bauten sie sich ein Wohnhaus. Grund
und Boden besaßen sie nicht. Sie
verdienten sich ihren Unterhalt nicht
schwer durch ihr Aufspielen. Auf
dem Kirchenchor (ein Verschlag auf
der Empore) spielten sie anfangs
während des Gottesdienstes mit dem
Hackbrett und sangen dazu nicht
allzu kirchliche Weisen. Später auf
dem neu erbauten Kirchenchor wirk-
ten die Bachstuber mit ihren Geigen
und Klarinetten bei der Kirchenmusik
mit.
Der
bekannte
Volksschullehrer
Michael Weiskopf, geb. 1816 zu
Unterrain, und sein Sohn, ebenfalls
Michael Weiskopf, geb. 1848, führ-
ten Musikkapelle und Kirchengesang
zu einer ersten Blüte. Beide waren
als Lehrer, Organist, Chorleiter und
Kapellmeister tätig. Der ältere grün-
dete 1849 mit 13 musikbegeisterten
Kollegen
die
Blasmusikkapelle
Prägraten.
Unter ihrer Leitung wurden auf dem
Kirchenchor neben Blechblas- und
Holzblasinstrumenten auch Geigen
und Pauken verwendet. Unvergessen
ist bei allen Leuten der sogenannte
Tusch geblieben, eine kurze feierli-
che Melodie, bei der alle Instrumente,
vornehmlich aber die Pauke im
Fortissimo zur Wirkung kamen. Der
damalige Pfarrer Kargruber war ein
besonderer Liebhaber des Tusches
gewesen. Mit heller Freude schritt
er beim Erklingen des Tusches zum
Altare.
Auch die Blasmusikkapelle war soweit
herangebildet, dass sie sich überall
hören lassen konnte. Immer wenn
sie ausrückte, wurde der Englische
Hut vorangetragen – eine Art Schirm,
dessen Rand ringsherum mit lauter
kleinen Glöckchen behängt war.