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FODN - 58/03/2014
Von Simone Rogl
W
ir sollten uns bewusst werden,
dass es keine gute Idee ist, ab-
seits der ausgewiesenen Pisten,
Skirouten und Wege skizufahren, zu
boarden oder zu wandern und Verständ-
nis zeigen für Wildtiere, die in unserem
Tal noch leben.
Wintersport ist für die Natur unserer
Berge eine tragbare Belastung, wenn er
in „geregelten Bahnen“ passiert. Abseits
der Routen und Pisten wird er schnell
zum Problemverursacher. Wenn für
uns Menschen der Spaß mit dem Win-
tersport beginnt, müssen manch andere
Lebewesen um ihre Existenz kämpfen.
Dabei gilt: Je höher, desto härter! Die
Täler, die eigentlich Ausweichreviere
für diese Zeit wären, sind längst besetzt.
Und zwar von uns Menschen mit unse-
ren Siedlungen.
Kraftakt Winter
Die deutlich größere Anstrengung bei
der Fortbewegung im Schnee kennen
wir alle, das kostet viel Kraft. Auch die
Nahrung ist im Winter nur sehr spärlich
vorhanden und meist nährstoffarm. Die
Tage sind kurz, und damit auch die Zeit
der Nahrungsaufnahme. Die Energiere-
serven sind knapp bemessen.
Kettenreaktion
Dass beim Skifahren oder Boarden
im Wald besonders die jungen Bäume
unter den scharfen Kanten der Skier
und Snowboards zu leiden haben, ist
hoffentlich bekannt. Was aber kaum
einer der „vom Weg abgekommenen“
Wintersportler weiß: Um ein Vielfaches
größer ist der Schaden an den Bäumen,
den das Wild verursacht. Also sind die
Tiere schuld, nicht die Waldskifahrer?
Stimmt nicht, die Zusammenhänge sind
komplexer: Das Wild verbeißt den Wald
eher, wenn es von seinen angestamm-
ten Futterplätzen verscheucht wird.
Also kommt es zu einer Kettenreak-
tion: Sportler verjagen Tiere, Tiere be-
schädigen Bäume, Bäume verlieren ihre
Schutzfunktion gegen Lawinen, Lawi-
nen gefährden Sportler.
Der Schutzwald ist auch ein ge-
schützter Wald. Manchmal ist er auch
ein Wald, in dem die Tiere Schutz su-
chen. Es ist aber vor allem der Wald, der
uns Menschen und unsere Siedlungen
schützt. Vor Steinschlag, Erdrutschen
und natürlich vor den Lawinen im Win-
ter. Auch im Skigebiet!
Aufgescheuchtes, von seinen Futter-
stellen verjagtes Wild, flüchtet in den
Schutzwald. Da es keine andere Nah-
rung finden kann, um wieder Kraft zu
tanken, frisst es die Triebe junger Bäu-
me oder sogar die Rinde der älteren. Der
so bewirkte Schaden an den Bäumen ist
riesig und schwächt den Wald in seiner
wichtigen Schutzfunktion.
Schneetaucher
Neben dem Rehwild, dem Rotwild,
dem Gamswild, dem Steinwild, Fuchs
und Hase sind vor allem auch die so-
genannten Raufußhühner vom Winter-
stress betroffen. Zu ihnen gehören so
faszinierende Arten wie das Schnee-
huhn, Birkhuhn und Auerhuhn.
Birkhühner z. B. legen unter der De-
cke des Tiefschnees Schneehöhlen an,
in denen sie im Winter viel Zeit ver-
bringen. Am liebsten nutzen die Vögel
dabei die schneesicheren und lawinen-
geschützten Nordhänge. So kann man
sich vielleicht vorstellen, was es für das
(sowieso schon am Existenzminimum
lebende) Birkhuhn bedeutet, wenn sei-
ne Schneehöhle durch Wintersportler
zerstört wird.
Wir sollten im kommenden Winter
etwas Rücksicht nehmen auf die Tiere.
Wenn wir uns an 4 „Regeln“ halten, hel-
fen wir den Tieren sehr, Stress zu ver-
meiden:
Ruhezonen (Wald) beachten
Auf den markierten Routen bleiben –
so können sich die Tiere langsam an
uns gewöhnen.
Apere Flächen und Waldränder so
gut wie möglich meiden – dort halten
sie sich sehr gerne auf.
Hunde gehören im Winter unbedingt
an die Leine – Wildtiere flüchten vor
freilaufenden Hunden und so entsteht
wieder enormer Stress.
Die Kalser Jägerschaft wünscht allen
ein stressfreies und besinnliches Weih-
nachtsfest, wundervolle Momente in
unserer schönen Winterlandschaft und
für das Jahr 2015 viel Gesundheit und
Glück.
Respektiere deine Grenzen
Wir haben als Sportler oder Naturgenießer in unserem Tal Rechte und Pflichten, nur kennen
wir sie oft nicht, oder sie sind uns nicht bewusst. Wir sollten den Wald stärker sehen als das,
was er ist – nämlich Lebensraum für Tiere und Pflanzen und sekundär Erholungsraum für die
Menschen.
BUNT GEMISCHT