Seite 14 - Gemeindezeitungen

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leisacher
Gucklöcher
Mit einem Plan im Hinterkopf
den Augenblick genießen
Wer den Rad- und Fußweg gegenüber der
Brauerei entlangzugehen pflegt oder beim
ADEG einkauft, dem ist vielleicht schon ein
paar Mal eine kleine Gruppe von Jugendlichen
aufgefallen, die auf der Bank vor dem Geschäft
sitzend eine Packung Chips oder Ähnliches mit-
einander teilen und den Nachmittag genießen.
Einer von ihnen ist der bald 16-jährige Julian
Bachlechner, jüngster Sohn von Elisabeth und
dem gelernten Bäcker Bernhard Bachlechner,
die seit 1997 in Leisach, in einem der Kern-
Blöcke in der alten Straße, wohnen. Julians
ältester Bruder Daniel (27) ist Angestellter in
einer Bank in der Steiermark, und die 18-jäh-
rige Sandra absolviert in Zell am See die Aus-
bildung zur Krankenschwester. Der Rest der
Familie ist in Lienz geblieben, wobei Kathrin
(24) im Verkauf tätig ist und Christof (21) bei
der Fa. Liebherr arbeitet. Julian gefällt es, allein
mit seinen Eltern zu wohnen, da bleibt doch
mehr Platz für den Einzelnen als früher, aber
natürlich freut er sich auch über die regelmäßi-
gen Besuche seiner Geschwister.
Vielen Dorfbewohnerinnen und Dorfbewohnern
wird Julian bestimmt aus der Gemeindezeitung
und dem Osttiroler Boten bekannt sein, denn
sein Name bleibt selten unerwähnt, wenn der
Schachverein von den Erfolgen berichtet. Was
Strategie und Taktik anlangt, kann dem jungen
Leisacher nicht so bald einer das Wasser
reichen. Erst im November hat Julian bei der
Einzelmeisterschaft im Schnellschach, die in
Feffernitz in Kärnten ausgetragen wurde, in der
Altersgruppe U 16-18 gewonnen. Gratulation!
Wie Julian sein Talent entdeckt hat? Der Ob-
mann des Schachvereins Hans Fritzenwanger
hatte vor einigen Jahren gemeinsam mit
Magnus Zanon einen Schachkurs für die Volks-
schüler angeboten, was von dreizehn Kindern
begeistert angenommen wurde. Julian zählte
dann zu den vieren, die dem Schachspiel auch
nach dem Kurs noch treu geblieben waren, und
heute gilt er als bester Leisacher im 25 Mitglie-
der zählenden Verein und genießt die verläss-
liche Betreuung durch seinen Obmann Hans.
Natürlich muss neben den Turnieren und Meis-
terschaften auch noch Zeit für die Schule blei-
ben. Julian besucht den zweiten Jahrgang der
HAK Lienz und findet
sich dort bestens auf-
gehoben. Schule und
Stress sind bei ihm
nicht untrennbar mitein-
ander verbunden. Die
Fächer interessieren
ihn, und selbst be-
zeichnet er sich als
guten bis durchschnitt-
lichen Schüler, der alles Notwendige im Unter-
richt aufnimmt und zuhause nicht übermäßig
viel lernen muss. Das hat den angenehmen Ne-
beneffekt, dass ihm viel Freizeit bleibt. Und die
verbringt er, abgesehen vom Schachspielen,
zum Großteil mit seinen Freunden Jakob, Valen-
tin, Lukas, Silvana und Isabel. Wenn sie nicht
gerade vor dem ADEG sitzen, trifft man sie auf
dem Weg in die Stadt – wobei das Longboard
Julians bevorzugtes Fortbewegungsmittel ist –
im Kino, beim „Mäcki“ (McDonald’s) oder in
Leisach in der „Hitte“, die sie sich zusammen
hergerichtet haben. Diese Luxus-Holzhütte –
gedämmt, mit Parkettboden ausgelegt und mit
einigem Schnickschnack ausgestattet – steht
beim Gassler und dient den Jugendlichen als
geschütztes Rückzugsgebiet. Die sechs kennen
sich schon seit dem Kindergarten und verstehen
sich blind. Es wird geblödelt und geredet,
Musik gehört, am Handy oder Computer ge-
spielt und gepokert. Jeder von ihnen hat seinen
eigenen Kopf und spezielle Charaktereigen-
schaften, und keiner muss sich für die Gruppe
verbiegen, deshalb fühlt sich Julian in seiner
Clique so wohl. Er erzählt, dass er ein ruhiger,
aber trotzdem in vielem ungeduldiger Mensch
ist und dass das Lustig-Sein in der Hierarchie
ganz oben steht. Die Vertrautheit im Freundes-
kreis tut ihm gut, aber im Grunde ist er ein
„Einzelmensch“, wie Julian sich ausdrückt. Er
ordnet sich nicht gern unter und legt Wert dar-
auf, die Kontrolle über sein Leben selbst zu
haben.
Diese Eigenbestimmtheit möchte er sich auch
später im Berufsleben bewahren und er ist sich
bewusst, dass nicht zuletzt aus diesem Grund
die Ausbildung eine große Rolle spielt. Eine
berufsbildende Schule hat er sozusagen aus
Vorsorge gewählt, damit er auf einen HAK-Job
zurückgreifen kann, falls er nach dreizehn
langen Schuljahren vorübergehend des Lernens
überdrüssig sein sollte. Prinzipiell hat Julian
aber geplant, nach der Matura in Wien oder
Innsbruck Medizin oder Wirtschaft zu studie-
ren. Bis dahin kann er mit seinen Freunden
noch einige Nachmittage vor dem ADEG
chillen.
Julian Bachlechner