Seite 43 - Gemeindezeitungen

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Virgen
Aktiv
Virger Lebensbilder
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der Krieg dauerte, besser aufgehoben. Die
Jahre nach dem Krieg war der Vater sehr
selten zu Besuch. Viele Jahre später hat er
dann einige Zeit lang bei Flora und ihrer
Familie in Welzelach gewohnt, er hat es
aber nicht besonders lange hier ausgehalten
und ist dann wieder zurück nach Hallein.
Ihre leibliche Mutter sah Flora wieder als
sie drei Jahre alt war. Die Mutter machte
ein Foto mir ihrer Tochter und ging dann
erneut weg. Sie hatte insgesamt nur
wenige Kontakte mit ihrem Kind.
ihre Hunde nicht können.“
Die Arbeit auf der
Alm war immer schon eine Herzensange-
legenheit von Flora. Sie war eine der Ersten,
die Käse, Butter und Milch auf der Alm ver-
kaufte. Die Arbeit auf der Alm war schon sehr
beschwerlich, ihr Mann hat z. B. die Berg-
mäder gemäht, sie musste währenddessen das
Mittagessen vorbereiten und es mit einem
kleinen Aufzug auf den Berg schicken, den
Käse und die Butter machen, Kühe und zu
guter Letzt die Kinder versorgen.
Die mittlerweile seit 20 Jahren verwitwete
Flora sagt über ihre Ehe, dass sie es gut ge-
troffen hat mit ihrem Mann. Er war ein sehr
sparsamer Mensch und hat immer nur so viel
gekauft, wie er Geld hatte, denn Schulden ma-
chen wollte er nicht. Er hat auch oft Material
und Lebensmittel auf Hütten getragen, um zu-
sätzlich Geld zu verdienen, denn der Moserhof
hat ihnen nie selber gehört. Der Hof war
immer im Eigentum ihres Schwagers Lois, der
unverheiratet und kinderlos starb. Flora, sagt:
„Wir wurden aber immer gut behandelt, ich
habe mich nie als Magd gefühlt.“
Nach dem
Tod von Lois ist der Hof dann direkt an ihren
ältesten Sohn Gregor übergeben worden.
Wenn man die rüstige Flora fragt, ob sie
gerne einmal die Welt bereist hätte, dann
schüttelt sie denn Kopf und sagt:
„Lourdes
hätte ich mir gerne einmal angeschaut, aber
zuerst hat das Geld nicht gereicht und dann
war ich zu alt, aber eigentlich bin ich nur
gerne zu Hause. Ich wollte nie woanders sein
als hier in Virgen und am allerliebsten bin ich
in der Mullitz. So der Herrgott will, werde ich
auch nächsten Sommer dort zu finden sein.“
Dies ist wohl das einzige Foto von Flora mit
ihrer Mutter.
Hochzeit von Flora undMichael imJahre 1946.
Ein regelrechtes Hobby der Mittneunzigerin
war es, „Granten zu klauben“ – bis vor einigen
Jahren war sie immer noch unterwegs „Ich
mag es einfach Beeren in der Hand zu haben.“
Als Flora ca. 20 Jahre war sollte sie zu ihrer
Mutter nach Bludenz ziehen. Sie glaubte,
ihre Mutter, die wieder schwanger war,
hätte sie als Babysitterin gebraucht. Flora
hat abgelehnt, sie wollte nicht schon wie-
der von Virgen weg. Laut Flora war ihre
Mutter danach sehr „beleidigt“ und der
Kontakt brach fast vollständig ab.
Flora hat zwei Halbgeschwister (aus zwei-
ter Ehe ihrer Mutter), einen Bruder und
eine Schwester. Mit ihrer Halbschwester
Resi telefoniert sie manchmal, aber zu
ihrem Halbbruder hat sie keinen Kontakt.
Neben den zwei Halbgeschwistern hatte
Flora noch eine Schwester, die Maria hieß
und leider vor zwei Jahren verstorben ist.
Sie wurde nach der Trennung ihrer Eltern
in Salzburg geboren. Auch Maria wohnte
einige Zeit bei ihrem Vater in Hallein
und zog dann nach Virgen auf die
„Geign“. Sie hat sehr jung geheiratet.
„Vom Krieg selbst haben wir in Virgen nicht
allzu viel mitbekommen. Einmal war ich ge-
rade dabei eine Kuh zu melken, plötzlich hat
es gerauscht, ein Bomber ist über uns hinweg
geflogen, dann plötzlich hat es einen ganz ge-
waltigen ,Tusch‘ gegeben und die Bombe ist
irgendwo auf der Sonnseite eingeschlagen, ich
weiß nicht mehr ganz genau wo“.
Flora er-
zählt, dass auch Bomben im Mitteldorfer
Wald niedergegangen sind.
„Die meisten
der Männer sind nicht da gewesen, und so
haben wir Frauen natürlich die meiste Arbeit
alleine erledigen müssen … Zu Essen hatten
wir aber eigentlich immer genug, nicht sehr
abwechslungsreich, es hat meistens Kartoffeln
gegeben und alles, was wir eben selbst hatten,
aber es hat für uns gereicht.“
Flora hat sich
auch am Straßenbau der Niedermaurer-
straße beteiligt, um Geld zu verdienen.
Im Jahr 1946 hat Flora dann Michael Stadler
geheiratet und ist zum Moser gekommen.
Die Ehe war mit elf Kinder gesegnet, eines
davon verstarb jedoch im Alter von fünf Jah-
ren an einer Blinddarm-Entzündung. In dem
Sinne Kindererziehung hat es laut der zehn-
fachen Mutter nicht gegeben
„Die Großen
haben auf die Kleinen aufgepasst, ich hatte keine
Zeit, ich musste kochen, die Wäsche waschen
und mich um alles andere, das so angefallen ist,
meisetens kümmern.“
Jeden Sommer sind alle
mit einem „neuen“ Kind auf die Alm gegan-
gen. Oft hat sich Flora von vorbeikommen-
den Gästen schief anschauen lassen müssen,
wegen ihrer Kinderschar.
„Am Anfang habe
ich die teilweise verletzenden Bemerkungen
immer persönlich genommen, mit der Zeit dann
nicht mehr so.“ „Einmal“,
erzählt die leiden-
schaftliche Sennerin,
„ist eine Urlauberin mit
Hunden vorbei gewandert und hat mich gefragt,
ob alle diese Kinder mir gehören. Ich habe mit
Ja geantwortet und sie meinte nur, ob ich die
auch alle wollte. Da habe ich nur gesagt, dass
diese Kinder ihre Altersvorsorge bezahlen, was