Seite 19 - Gemeindezeitungen

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März 2014
Heimat
19
Das Essen ist in der Slowakei üppig.
Es gibt dicke Suppen mit Bohnen, Lin-
sen, Kartoffel usw., und vor allem wird
immer Brot dazu gegessen, viel Brot,
meistens Weißbrot.
Bis 1992 waren Tschechien und die
Slowakei noch ein Staat und wir lern-
ten selbstverständlich beide Sprachen,
tschechisch und slowakisch. Nach der
Pflichtschule erlernte ich das Schnei-
derhandwerk und dann machte ich Ma-
tura. Als Schneiderin gab es nach der
Schule keine interessante Arbeit und
so ging ich nach Kosice als Kellnerin.
Schon als Schülerin habe ich gerne Kin-
der gehütet und ich trug mich mit dem
Gedanken, ins Ausland als au pair Mäd-
chen zu gehen. Außerdem wollte ich
meine Deutschkenntnisse verbessern.
Ich hatte in der Schule schon neun Jah-
re Deutsch gelernt. Eine Agentur vermit-
telte mich zur Familie Reiter – Dolomi-
tenhof. Eigentlich wollte ich nur ein Jahr
bleiben.
Als ich Mario kennenlernte, wusste
ich sofort, dass ich länger bleiben wür-
de. Ich hatte mich sofort in ihn verliebt,
es war sozusagen Liebe auf den ersten
Blick. Wir heirateten November 2002.
Unsere Kinder Dominik und Leonie sind
9 und 7 Jahre alt. Ich spreche mit den
Kindern zu Hause slowakisch.
Nach dem Sturz des Kommunismus
wendete sich nicht alles zum Besseren.
Die kleinbäuerlichen Strukturen zerfie-
len und vor allem die Arbeitswelt verän-
derte sich total. Beide Eltern wurden ar-
beitslos, Vater musste in die Tschechei
zum Arbeiten, meine Mutter machte
noch einmal eine Ausbildung und arbei-
tet seit neun Jahren als Pflegerin in Ös-
terreich. Auch meine Tanten, die vorher
im Wald gearbeitet hatten, haben sich
als Pflegerinnen ausbilden lassen. Sie
mussten allerdings zuerst noch Deutsch
lernen, meine Mutter konnte schon
Deutsch.
Nach der Wende gab es aber auch
positive Dinge. Als Rudolf Schuster -
Karpatendeutscher und Sohn unserer
Stadt - Präsident der Slowakei wurde,
bekam unsere löchrige Hauptstraße ei-
nen neuen Belag. Die berühmte Marien-
säule aus dem frühen 18. Jahrhundert,
die an die Pest erinnert, wurde reno-
viert, ebenso unsere Kirche. Und es gibt
ein „Schustermuseum“ in Medzev, das
an die Familie des Präsidenten erinnert.
Eine Besonderheit gibt es auch
heute noch in unserer Stadt: An den
Straßenlampen sind Lautsprecher ange-
bracht, die sozusagen die Aufgabe eines
Ausrufers übernehmen. Sie informieren
die Einwohner über Termine von Ver-
anstaltungen, wer gestorben ist, wann
Markt ist usw.
Ich bin gerne hier und liebe die Ber-
ge. Inzwischen arbeite ich wieder im
Dolomitenhof als Frühstückskellnerin.
Trotzdem habe ich manchmal großes
Heimweh.
Burgl Kofler
Foto: Beigestellt
Mario, Dominik, Leonie und Martina Senfter
Blick auf Medzev
Mariensäule
Foto: Wikipedia