Seite 26 - Gemeindezeitungen

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BLICK
Ein
26
Jugend -
Sillian`s Jugend in der Welt
Terroristen, Bomben, Taliban, Extremismus,
Anschläge... das sind wohl die Begriffe, die
man mit dem Land Pakistan in Verbindung
bringt, wenn man den internationalen Teil
der Zeitungen durchblättert. Und auch
wenn diese Berichte oft leider wirklich der
Wahrheit entsprechen, so erzählen sie nur
ein kleines Kapitel von Pakistan. Im Zuge
meines 6-monatigen Praktikums bei der
EU Delegation in Islamabad letzten Jahres
hatte ich die Möglichkeit, noch weitere Sei-
ten kennenzulernen. Jene, die eine andere,
schöne Geschichte von Pakistan erzählen.
Besonders erstaunt und zugleich ange-
nehm überrascht hat mich die Bevölke-
rung selbst, die Pakistanis. Mit einer Ein-
wohnerzahl von rund 180 Millionen kann
man sich vorstellen, dass es neben den
radikalen Islamisten auch sehr viele liebe
Menschen gibt. Die Gastfreundschaft, mit
der ich in diesem fremden Land willkom-
men geheißen worden bin, ist in Worten
nur schwer zu beschreiben. Bei keinem
einzigen meiner vorangegangenen Aus-
landsaufenthalten und Reisen habe ich
jemals so viel Offenheit erfahren dürfen.
Das Besondere ist auch die Tatsache, dass
die Leute grundsätzlich einfach nett sind,
weil sie nett sein wollen – und nicht weil
sie sich ein Geschäft erhoffen. Das positive
Interesse, welches mir entgegengebracht
wurde, war enorm. Natürlich wurde ich
beobachtet – obwohl ich in der Freizeit
immer „pakistanisch“ gekleidet war. Aber
dieses Anschauen (manchmal auch An-
starren) beruhte wirklich immer auf sehr
viel Respekt. Nie hatte ich das Gefühl mich
schützen zu müssen. Sehr oft schauten
mich die Leute an, dann weg, und schließ-
lich bewegte sich ihr Blick wieder in meine
Richtung. Dem folgte meist ein angeneh-
mes Lächeln, als wollten sie sagen: „Was
machst denn du, blonde, junge Frau bei
uns hier? Schön, dass du da bist!“ Spezi-
ell wenn ich mit meiner geliehenen blauen
Vespa unterwegs war, hatte ich schon ei-
nige heitere Momente, bis ich auf meinem
Arbeitsplatz ankam. Motorradfahren ist
für Frauen in Pakistan nur als Beifahrerin
üblich. Ich war mir daher am Anfang nicht
sicher, wie die pakistanischen Männer
darauf reagieren würden. Doch wie so oft
bin ich auch in diesem Punkt überrascht
worden – ich bekam unzählbare „Daumen
hoch“, zustimmende und ermunternde Bli-
cke, sowie herzliche Lächeln – von Frauen
UND Männern.
Ich muss hier wohl anmerken, dass ich als
westliche Frau von Männern dort ganz an-
ders gesehen worden bin als eine Frau ihrer
eigenen Kultur und Religion. Im Vergleich zu
diesen hatte ich gewissermaßen Narren-
freiheit. Jedoch scheinen sich einige junge
Menschen in den moderneren Städten wie
Islamabad oder Lahore ein ganz klein wenig
von ihren Fängen befreien zu wollen. Gera-
de wohlhabendere, junge Pakistanis führen
manchmal ein Doppelleben – eines, das
ihnen die Gesellschaft aufdrückt und ein
anderes, das sie selbst für sich aussuchen.
Man kann nur hoffen, dass sich Pakistan in
die richtige Richtung entwickeln und sich
die Lage für die Bevölkerung nicht ver-
schlechtern wird. Das Land hat mit einer un-
glaublichen Menge an Herausforderungen
zu kämpfen. Schulen sind in einigen Teilen
des Landes mehr als spärlich, Strom meist
nur für wenige Stunden pro Tag vorhanden,
Wasser wird im Sommer oft knapp, Arbeits-
losigkeit und Armut sind allgegenwärtig. Um
diese Probleme in den Griff zu bekommen
wird die Hilfe nicht nur von Ländern in der
Nachbarschaft, sondern auch vom Westen
von Nöten sein. Ich selbst hoffe natürlich
stark, dass man Pakistan nicht sich selbst
überlässt. Nicht nur weil dies schwere Fol-
gen für die gesamte Region hätte, sondern
auch weil es unverzeihlich wäre, wenn
dieses tolle Land seinen unglaublichen
Optimismus und die Lebensfreude die es
versprüht, verlieren würde. Natürlich wür-
de ich aufgrund meiner schönen Erfahrun-
gen gerne wieder in die Region reisen; das
Erkunden des Iran und Afghanistan etwa
reizen mich sehr. Das Allerschönste jedoch
ist zu wissen, ein Plätzchen wie Sillian sein
zu Hause nennen zu dürfen – wo Familie,
Freunde und Berge mich jedes Mal wieder
in die Arme schließen.
Text und Fotos: Cornelia Krautgasser
Pakistan – ein Land der Gegensätze
Meine Arbeit in der
EU Delegation:
Ich hatte das Glück in einer extrem span-
nenden Zeit als Praktikantin bei der EU
Delegation in Pakistan arbeiten zu dür-
fen. Ein gutes Monat nach meiner An-
kunft fanden nämlich Parlamentswahlen
statt; es war in der Geschichte Pakistans
das erste Mal, dass eine zivile Regie-
rung die Legislativperiode zu Ende ge-
führt hatte und mehr oder weniger freie
Wahlen stattfinden konnten. In dieser
Periode fanden sehr viele Veranstaltun-
gen und Diskussionsrunden zum Thema
Wahlen statt, von denen ich berichten
durfte. Nach den Wahlen wurde meine
Arbeit noch spannender, aber auch her-
ausfordernder. Ich musste Berichte über
politische Vorgänge im Land vorberei-
ten, die Brüssel (und in weiterer Folge
auch dem österreichischen Außenminis-
terium) als Entscheidungsgrundlage für
seine außenpolitischen Entscheidungen
bezüglich Pakistan dienten. Themen, an
denen ich daher gearbeitet habe waren
zum Beispiel die Präsidentschaftswah-
len, die Neugestaltung der Energiepo-
litik, Erkenntnisse über das (Un)wissen
vom pakistanischen Geheimdienst über
den Verbleib von Osama bin Laden, oder
die Neuausrichtung der pakistanischen
Sicherheitspolitik.