Seite 18 - Gemeindezeitungen

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BLICK
Ein
18
Portrait
Es wird behauptet, Schreiben sei eine
brotlose Kunst. In den meisten Fällen trifft
das zu. Einer, der nach langen Jahren des
Schreibens von sich behaupten darf, er
habe sich seinen Lebensunterhalt erschrie-
ben, ist Bernhard Aichner. Einer aus Sillian.
Einer, der sich seine eigene Sprache, seine
Welt geschaffen hat. Aber der Reihe nach.
In Bernhards Lebenslauf steht, er sei 1972
in Innsbruck zur Welt gekommen. Aufge-
wachsen ist er in Sillian. Als Kind erlebt er
mit, wie seine Eltern ihre Welt aufbauen,
etwas schaffen, einen weiten, arbeitsrei-
chen und schlussendlich erfolgreichen
Weg gehen, der sie und die Familie von Sil-
lian nach Heinfels führt. Er erlebt Fleiß und
Konsequenz und Erfolg.
Bestimmende Eindrücke, die sich später
auch in seiner Vita wiederfinden. Familie,
Freunde, Schule, alles in Osttirol. Prägen-
de Jahre.
Als wir uns gut kennen lernen, ist Bern-
hard wie ich Teenager. Unser verlängertes
Wohnzimmer ist der Treffpunkt, noch mit
Minna als Chefin, reich an Figuren, wie
man sie später in Bernhards Büchern fin-
den kann. Wir erklären uns die Welt, so
wie sie uns damals erscheint. Erzählen
uns Geschichten. Eine von Bernhards Ge-
schichten dreht sich um einen Zahnarzt,
der eine besondere Hand für Kinder hatte,
die auf viele einen tiefen Eindruck hin-
terließ. Bernhard lehnt sich gegen diese
Hand auf und bekommt sie deswegen zu
spüren. Prägend sein Aufbegehren, sein
gefundenes Wort zu dem Gott in Weiß.
Bernhards Schulkarriere verläuft nicht
geradlinig, auch weil er andere Prioritäten
setzt. Er sucht nach Ausdrucksformen,
alles scheint möglich, Musik und Malerei
und Schreiben. Mit 15 weiß er, dass er
Schriftsteller werden will. Ein Multitalen-
tierter, der sich nicht einengen lässt, nicht
von der Schule, nicht von der Geographie,
nicht von Sprache. Er reist und sammelt
Eindrücke, Menschbilder und Erfahrun-
gen. Er beginnt, sich sein Leben aufzu-
bauen. In Innsbruck.
Neben der Ausbildung zum Fotolaboranten
absolviert er die Matura, strukturiert sein
Leben selbst, jenseits von schulischer
Ordnung, und beginnt als Pressefotograf
zu arbeiten, lernt dabei den Umgang mit
Menschen, lernt Hüllen zu durchdringen,
Einblick in sein Gegenüber zu bekommen,
damit nicht nur Äußerlichkeiten abgebildet
werden. Er kommt dabei viel herum und
knüpft ein Netzwerk, das ihm ermöglicht,
als Fotograf zu leben.
Nebenher schreibt er. In kurzer, knapper
Sprache. Anfangs Kurzgeschichten. Stu-
diert Germanistik. Sucht einen Verlag. Fin-
det ihn imTiroler Haymonverlag, in der Edi-
Bernhard Aichner – Erschriebenes Leben