HB_2021_03-04

NUMMER 3-4/2021 89. JAHRGANG OSTTIROLER HEIMATBLÄTTER H e i m a t k u n d l i c h e B e i l a g e d e s „ O s t t i r o l e r B o t e “ Brände als Heimsuchung der Städte Brände und Seuchen waren weit über das Mittelalter hinaus die Angst und Schrecken verbreitende Heimsu- chung und Bedrohung der Städte. Gefürchtet waren in den vor- modernen Städten, wo kleinere Brände durch- aus zumAlltag zählten, die Stadtbrände, Feu- ersbrünste, die sich zu Brandkatastrophen aus- wuchsen und Straßen- züge, ja ganze Stadt- viertel in Schutt und Asche legten. Solche verheerenden Brände wurden von den Zeit- genossen, auch wenn sie durch menschliches Handeln ausgelöst wor- den waren, durch un- vorsichtiges Hantieren mit Feuer oder durch die böse Tat des Brand- stiftens, scheu und ehr- furchtsvoll als Strafe Gottes verstanden für das sündhafte Treiben oder das wenig gottes- fürchtige Leben der Bürger der Stadt. Im Gegensatz zu den ländlichen Sied- lungen mit ihren Höfen in der Einschicht und mit ihren kleinen Dörfern, wo die Häuser ebenfalls in einiger Distanz voneinander standen, war für Städte die hohe Bebauungsdichte charakteristisch, hier reihte sich entlang der Straßen und Gassen Haus an Haus, war ein Gebäude an das andere angebaut. Das war die ideale Voraussetzung dafür, dass ein lokaler Brand, der nicht mehr unter Kon- trolle gebracht worden war, sich ausbreiten, das Feuer entlang der Häuserzeile sich gleichsam weiterfressen konnte. Auch wenn im innerstädti- schen Bereich, wie etwa in Lienz im 16. Jahrhundert, die Wohnhäuser aus Stein erbaut waren, so war genügend brennbares Baumaterial vorhan- den: Die Dachstühle der Wohnhäuser waren aus Holz und die Dä- cher mit Holzschin- deln gedeckt. In den Hinterhöfen standen zu Hauf die Wirt- schaftsgebäude, und die waren überwie- gend aus Holz errich- tet: Heustadel, Vieh- ställe, Badestuben, die zum Dörren des Flachs dienten, Gerä- teschuppen und mit- unter auch Werkstät- ten. Die ältesten Bau- ordnungen der Städte waren nicht zufällig zugleich Feuerordnun- gen und umgekehrt. Es ging in ihnen vor- dringlich um eines: Ein städtisches Haus musste so gebaut sein, dass sich ein even- tueller Brand mög- lichst nicht ausbreiten konnte. Feuer war in den Städten allgegen- wärtig, bei Tag und Nacht, gehütet in den Öfen der Küchen und Stuben der Bürgerhäuser, angefacht und geschürt in den Essen der Schmiede und Schlosser, den Backöfen der Bäcker; Lichter von Kerzen, Kienspäne und Fackeln erhellten das Dunkel der Nächte. Allerortens lagerten Holz als Heizmaterial Wilfried Beimrohr „Von erschrocklichen und äusserist verderblichen Prunsten“ (1) Das Brandgeschehen in Lienz im 16. und 17. Jahrhundert Symbolgestalt des Feuers als nackter Mann mit roter Körperfarbe, eines der vier „Elemente“ (Feuer, Erde, Wasser, Luft), noch im Mittelalter als Grundstoffe irdischen Lebens aufgefasst; Ausschnitt aus dem Freskenschmuck eines paduanischen Wan- dermalers im Oberchor der Kirche St. Nikolaus in Matrei i. O., 1265/70. Foto: Tiroler Kunstkataster

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