HB_2020_09-10

NUMMER 9-10/2020 88. JAHRGANG OSTTIROLER HEIMATBLÄTTER H e i m a t k u n d l i c h e B e i l a g e d e s „ O s t t i r o l e r B o t e “ Als „ vorzüglichen Son- derling “ 1 bezeichnete ihn Johannes Aloys Miksch (1765-1845), ein aus St. Georgenthal in Böhmen stammender Universal- künstler, einer von Mat- tersbergers Schülern. Der Maler August Kopisch (1799-1853) rühmte ihn als „ höchst verständigen Lehrer“ . 2 Wer war dieser Joseph Mattersberger? Als Fünfzehnjähriger wanderte er von Win- disch-Matrei (i. O.) über die Hohen Tauern nach Salzburg. Ist er jemals wieder in seine engere Heimat zurückgekom- men? Er muss ein sehr lustiger und angenehmer Mensch gewesen sein. „Mattersberger verab- scheute die höhere Ge- sellschaft. Wer ihn in sei- nen Freistunden genie- ßen wollte, musste ihn auf den gewöhnlichen Bierstuben unter Hand- werkern und Soldaten aufsuchen. Hier war er unermüdlich im Reden und Erzählen. Seine tech- nischen Notizen, Schilde- rungen und Mitteilungen aus Italiens Künstlerle- ben sprachen jedermann kräftig an, so daß er stets einen rechten Zuhörer- kreis um sich hatte.“ 3 Von Beginn seiner jungen Bildhauerlaufbahn an bis zu seinem Tod stand er in Kontakt zu den bedeu- tendsten Künstlern, Phi- losophen, Regierenden seiner Zeit. Unglaublich ist, dass wir so wenig von ihm wissen ... Seit 1987 gießt die Autorin Anna Fran- ziska Schwarzbach 4 in Eisen. Als sich 1989 in der DDR alles wandelte, wurde die Eisen- da ab zu den Deponien. Die Kunstinteressierten konnten gar nicht so schnell retten und sam- meln. Vor allem war es wichtig zu begreifen, was gerettet werden musste. Da gab es in der Gießerei Lauchhammer Räume mit Gipsfiguren, die bis dahin niemand gesehen hatte. Es war die Sammlung des Grafen von Einsiedel. Hinter dieser Sammlung verbarg sich der Welt- erfolg der Eisengießerei im Jahre 1788 mit dem Guss der großen Hercula- nerin. Der Welterfolg ist mit dem Namen Joseph Mattersberger untrennbar verbunden. 6 Obwohl er als erster Bildhauer Imma- nuel Kant nach dem Leben porträtierte, ist Mattersberger in der Kunstgeschichte unbe- deutend. Sybille Fischer, die Museologin des Schlossberg-Museums Chemnitz i. R., begab sich 1992 auf die Suche. Dank großzügiger Förde- rung der Ostdeutschen Sparkassenstiftung konnte man im Jahr 2004 eine große Ausstellung mit Ka- talog zusammen mit Ei- senskulpturen von Anna Franziska Schwarzbach im Schlossberg-Museum Chemnitz zeigen. 7 Damit begann eine über 15-jäh- rige Suche nach Joseph Mattersberger in Matrei in Osttirol. In überraschen- der Weise ergab sich eine Zusammenarbeit mit Frau Dipl.-Ing. Elisabeth Mattersberger. Die Ergebnisse werden zum ersten Mal publi- ziert, und dies bewusst in der Heimat des Künstlers, in den Osttiroler Heimatblättern! und Bronzegießerei Lauchhammer, die größte Kunstgießerei der DDR, neuen Be- sitzern verkauft. 5 Vieles wurde achtlos be- seitigt, flog in große Müllcontainer und von Der Bildhauer Joseph Mattersberger Ein „vorzüglicher Sonderling“ und „höchst verständiger Lehrer“ Joseph Bergler d. J., Porträt Joseph Mattersberger (1752-1825), Öl auf Lein- wand, um 1804. (Original und Foto Nationalgalerie Prag)

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