HB_2017_10

Der Staatsvertrag von 1533 Wie im ersten Teil des Beitrags „Die salz- burgischen Herrschaften Windisch-Matrei und Lengberg und ihre görzisch-tirolische Nachbarschaft“ dargelegt, gab es zwischen der Grafschaft Tirol, die das territoriale Erbe der Grafen von Görz im Pustertal, im Lienzer Becken und in der Iselregion ange- treten hatte, und dem Erzstift Salzburg grö- bere Unstimmigkeiten, weil Tirol wie vor- mals die Görzer gewisse Hoheitsrechte in den beiden salzburgischen Gerichten bean- spruchte und damit dort die landesfürstliche Souveränität des Salzburger Erzbischofs schmälerte. Seit den frühen 1520er-Jahren wurde darüber intensiv verhandelt. Die Bemühungen einer gemischten tiro- lisch-salzburgischen Kommission führten bereits 1527 zu einemVergleich, durch den die wichtigsten Streitfragen beigelegt wer- den konnten. 1 Im Dezember 1533 wurde der entsprechende, auch das Zillertal einschlie- ßende Vertrag, der mit Fug und Recht als Staatsvertrag bezeichnet werden kann, von König Ferdinand I. als Tiroler und Erz- bischof Matthäus Lang als Salzburger Lan- desfürst genehmigt und unterzeichnet. 2 Festgehalten sind dort die Grenzen zwi- schen den salzburgischen Gerichten Win- disch-Matrei und Lengberg und den tiroli- schen Gerichten Landgericht Lienz und Vir- gen. In diesem Zusammenhang wurden die Höfe am Oblaßberg, deren territoriale Zu- gehörigkeit bisher umstritten war, dem Landgericht Lienz und somit der Grafschaft Tirol zugesprochen. Ansonsten lief alles auf einen Kompromiss hinaus. Dem Pfleg- gericht Windisch-Matrei wurde die Hoch- gerichtsbarkeit zugesprochen, auf seinem Gebiet festgesetzte Verbrecher waren vor sein Gericht zu stellen. Das von ihm gefällte Todesurteil war allerdings in Lienz zu voll- ziehen. Zu diesem Zweck war der Todes- kandidat am Gossen- oder Diebsbach, der mit Holz aus ihren Wäldern, das sie für die eigenen Bergwerke nicht benötigten, gegen- seitig aushelfen, nur war nun ein Stockrecht fällig, pro Stamm waren 2 Vierer zu zahlen. Die Einnahmen aus dem Bergregal, Fron und Wechsel, teilten sich Tirol und Salzburg zu gleichen Teilen. Der Matreier Bergrich- ter wurde von beiden Vertragsparteien ge- meinsam bestellt und besoldet, und zwar indem jeder der beiden Vertragspartner ab- wechselnd das Vorschlagsrecht und das Er- nennungsrecht ausüben durfte. Abberufen werden konnte der Bergrichter nur einver- nehmlich. Abgeschafft wurde, dass Salz- burg seine auf tirolischem Territorium woh- nenden Urbarleute und umgekehrt Tirol seine auf salzburgischem Gebiet lebenden Urbarleute besteuerten. Eine tirolische Episode Nur einmal in der jahrhundertelangen Herrschaft Salzburgs über die Gerichte Win- disch-Matrei und Lengberg entglitt dem erz- bischöflichen Landesfürsten völlig die Kon- trolle über seine südwestlichen Gerichte Windisch-Matrei und Lengberg. Es war im stürmischen Jahr 1525, als allenthalben die Bauern und Bergknappen aufbegehrten, zu den Waffen griffen und den Aufstand wag- ten. Im Salzburgischen verdichtete sich der punktuelle Widerstand zu einem um sich greifenden bewaffneten Aufruhr, der gleich einem Flächenbrand um sich griff. In Tirol, wo sich die Herrschenden mit protestieren- den, renitenten und zum Teil auch revoltie- renden Bauern herumschlagen mussten, wurde befürchtet, der revolutionäre Funken- flug könnte vom Nachbarland überspringen. Der Salzburger Erzbischof und Landesfürst war obendrein als Machtträger ausgeschal- tet, ihn hatten die Aufständischen auf seiner Festung Hohensalzburg eingekesselt. Ange- sichts dieser prekären Lage entschloss sich Erzherzog Ferdinand, der Tiroler Landes- NUMMER 6/2019 87. JAHRGANG OSTTIROLER HEIMATBLÄTTER H e i m a t k u n d l i c h e B e i l a g e d e s „ O s t t i r o l e r B o t e “ auf der Iseltaler Schattseite zwischen Kien- burg und St. Johann im Walde herabfloss und hier die Grenze zwischen den Gerichten Lienz und Windisch-Matrei bildete, an die Lienzer Amtleute zu überstellen, wobei 10 Mark Berner zu zahlen waren. (Dieses Geld sollte die Kosten der Hinrichtung decken.) Das Berg- und Forstregal im Gericht Win- disch-Matrei wurde partnerschaftlich wahr- genommen. Ein gemeinsamer Bergrichter sollte die Erzabbauberechtigungen vergeben und die dem Bergbau vorbehaltenen Wälder verleihen, wobei die Abgabe von Holz aus den Hoch- und Schwarzwäldern an die Bergwerke unentgeltlich erfolgen sollte. Doch sollte darauf geachtet werden, dass die Amtmänner von Matrei und auch die Untertanen mit Holz für ihren Hausbedarf versorgt werden können. Grundsätzlich soll- ten sich die Herrschaften Lienz und Matrei Wilfried Beimrohr Die salzburgischen Herrschaften Windisch-Matrei und Lengberg und ihre görzisch-tirolische Nachbarschaft (2) Wappen des Erzstiftes Salzburg an der Hofwand beim Kapellenturm auf Schloss Weißenstein bei Matrei i. O. Foto: Bernhard Oberschneider

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