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PORTRAIT

PUSTERTALER VOLLTREFFER

FEBER/MÄRZ 2019

9

Gymnasialzeit lernte ich Fran-

ziskaner kennen. Sie kamen zur

Buttersammlung auch nach

Untertilliach, weil das Kloster

früher kein Einkommen hatte.“

Als Maturant trug er sich bereits

mit dem Gedanken, einen geist-

lichen Beruf zu ergreifen. „Die

Art der Franziskaner und Franz

von Assisi und seine Ideale spra-

chen mich sehr an“, betont Pater

Martin und greift zu den drei

Knoten an seinem Strick, den er

umgebunden hat. „Diese Knoten

erinnern uns an die Grundideale:

fröhlich sein, Gutes tun und die

Spatzen pfeifen lassen.“

Familie

„Mein Bruder Siegmund, er

ist 50 Jahre alt, wurde mittler-

weile auch so ‚wahnsinnig‘ und

ist jetzt seit fünf Jahren Pries-

ter“, scherzt Pater Martin. Sieg-

mund arbeitet als Kooperator in

der Pfarre zur Heiligen Familie

„Schwer bewaffnet“

Pater Martin war aber auch

schon „schwer bewaffnet“ 2016

in Assisi unterwegs – im Rah-

men einer Pilgerreise. „Ich

wollte mit der Gruppe auf der

Burg Rocca Maggiore grillen.

Deshalb hatten alle Teilnehmer

Messer mit. Zuvor wollten wir

noch die Basilika des Heiligen

Franziskus besuchen. Bei der

Kontrolle geriet das Sicher-

heitspersonal in Aufregung,

denn es wusste nicht, was wir

mit den Messern vorhatten. So

tat ich alle Messer in meinen

Rucksack und fragte eine Wir-

tin in einem Café, ob ich den

Rucksack nicht derweil bei ihr

lassen könnte. Sie tat ihn dann

in die Kühltruhe, damit ihn nie-

mand nimmt“, erinnert er sich

schmunzelnd.

Locker nimmt der Ordens-

mann auch seine eigenen Miss-

geschicke. Eines der größeren

passierte ihm einmal im Som-

mer beim Baden in Villach

(Kärnten).

„Ich bin in aller Frühe ge-

mütlich zum Silbersee zum

Baden geschlendert, als ich

plötzlich ein Auto über die

Böschung rollen sah. Ich dachte

mir nur: ‚Das müssen Wahn-

sinnige sein, die da zum See

runterfahren.‘ Als ich genauer

hinsah, erkannte ich unser

Klosterauto, mit dem ich zum

See gefahren war. Ich hatte of-

fenbar vergessen, die Hand-

bremse anzuziehen.“

Auto landete im See

Es kam wie es kommen musste,

und der Wagen landete im See.

„Für die Zeitungen und das Fern-

sehen war es halt eine tolle

Schlagzeile: ‚Franziskanerbru-

der im Pech – Auto ging baden‘

haben sie getitelt“, lacht Pater

Martin. Das Auto wurde dann

von der Feuerwehr geborgen.

Bevor er nach Lienz kam,

war er seit 2010 in Enns statio-

niert. „In unserem Orden ist es

üblich, dass wir immer wieder

weiterziehen. Wir sind in ganz

Österreich an die 140 Franzis-

kanerbrüder und haben an die

20 Niederlassungen. Der Grün-

der, Franz von Assisi, wollte

eine Alternative zu den Orden

mit großen Klöstern und Stabi-

lität. Das war eben dieses

Unterwegssein. Er stimmte

aber letztendlich auch der

Gründung von Niederlassungen

zu.“ Vor 20 Jahren gab es in

Österreich noch über 200 Fran-

ziskanerbrüder.

Von Art und Idealen

angetan

Dass Pater Martin, der auf

dem Bergbauernhof „Moos“

(1.450 m) mit drei jüngeren Ge-

schwistern aufwuchs, den geist-

lichen Weg einschlug, hatte fol-

genden Grund: „Gegen Ende der

in Lienz. Bruder Paul (47) lebt

in Innsbruck und arbeitet bei

einer Baufirma, Schwester Ber-

nadette (46) lebt in Gnadenwald

bei Innsbruck und ist gelernte

Diplom-Krankenschwester.

Vater Martin verunglückte früh.

„Nahe unseres Hofes stürzte er

bei viel Schnee in einen Gra-

ben.“ Später wurde Bruder

Siegmund Bauer auf dem Hof.

„Bis er eben vor zwölf Jahren

spürte, dass er auch den geist-

lichen Weg einschlagen möchte.

Der Hof ist jetzt verpachtet.“

Seine ersten zehn Jahre als Prie-

ster verbrachte Martin in Vil-

lach, anschließend einige Jahre

in Innichen bis er nach Enns

kam. Gestresst fühlt sich Pater

Martin eigentlich nie.

Gute Teamarbeit

„Die Gefahr des Burnouts ist

bei uns im Orden geringer, weil

wir hier als Team gut zusam-

menarbeiten. Diözesanpriester,

die mehrere Pfarren allein haben,

können sich in Folge schneller

‚zerspargeln‘“, glaubt er.

Gerne geht Pater Martin auch

Ski fahren, wandern oder be-

schäftigt sich mit Geschichte,

Latein und Hebräisch. Ob ihm

nicht dennoch manchmal das

Lachen vergeht, etwa bei inner-

kirchlichen Reformthemen?

„Nicht wirklich. Ich denke mir

dann, das sind eben die Struk-

turen. Ich bin nicht der große

Kirchenkritiker“, gesteht er.

Martina Holzer

Die Gottesdienste von Pater Martin sind sehr beliebt.

Mit viel Humor durch‘s Leben.

Humor zumGottesdienst