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HISTORIE

PUSTERTALER VOLLTREFFER

NOVEMBER/DEZEMBER 2018

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Politischer Katholizismus

Auffallend in den ersten

Nachkriegsjahren in Tirol war

ein ausgeprägter politischer

Katholizismus. Mit Msgr. Wen-

delin Heidegger als Landesrat,

Prälat Aemilian Schöpfer als

Tiroler Nationalrat und Msgr.

Franz Kolb als Nationalrat und

zeitweise Parteiobmann waren

drei Priester in Tirol politisch

tätig. „Gleichzeitig entwickelte

sich in diesen Jahren in Tirol

ein teilweise religiöser und in

Innsbruck völkisch-national

motivierter Antisemitismus,

trotzdem der Anteil der jüdi-

schen Bevölkerung im Land

verschwindend gering war.“

Jeder Bauer hatte seine eigene wasserbetriebene Mühle oder zu-

mindest ein Nutzungsrecht, hier in Innervillgraten.

PK. Oth, Sillian – Sammlung OswaldFürhapter, Innervillgraten

Automobile des Josef Herrnegger, Kartitsch, später Taxi-Unternehmer in Lienz, hier Fotostopp

auf der Monegge mit Einheimischen und Gästen, um 1930.

Sammlung Ludwig Wiedemayr/Frieda Herrnegger, Kartitsch

Josef Schraffl, 1855 – 1922,

CS-Politiker, 1884 – 1908 Bür-

germeister von Sillian, Land-

tags- und Reichsrat-Mitglied,

von 1917 - 1921 Landeshaupt-

mann von Tirol, Gründungs-

obmann des Tiroler Bauern-

bundes.

Aus Festschrift 100 Jahre

OeAV-Sektion Sillian, 1989

Isoliert

Was Osttirol anlangte, so war

es nun geographisch, verkehrs-

mäßig und auch verwaltungs-

mäßig isoliert. „Die Bevölke-

rung musste sich auf die Rand-

lage

des

Grenzbezirkes

umstellen“, erinnert der Buch-

autor. Selbst die Landesverwal-

tung verstrickte sich in An-

fangsschwierigkeiten. Wieder-

holt wurde der Bezirk Italien

zugerechnet. Fallweise wurde

der Bezirk mit seiner Sonder-

stellung von Innsbrucker

Dienststellen in den ersten Jah-

ren auch vernachlässigt, bei

Veranstaltungen, in Tiroler Pu-

blikationen, bei Werbungen

und bei verschiedenen Anläs-

sen „ganz einfach vergessen“,

ein Missgeschick, das sich

auch in späteren Jahren wie-

derholte und fallweise noch

heute passiert.

Kampf um das

Überleben

Die Osttiroler Bevölkerung

aber kämpfte in diesen Nach-

kriegsjahren um das Überleben,

Hunger und Geldmangel waren

große Probleme. In den klein

strukturierten bergbäuerlichen

Dörfern lebte man überwiegend

von Land- und Forstwirtschaft.

Das bescheidene bäuerliche

Handwerk bot kaum Arbeits-

plätze. „Religion und Kirche

mit einem wertkonservativen

Klerus waren dominant.“

Die Bahn nach Südtirol war

praktisch dicht und das Risiko

einer Zugfahrt durch das fa-

schistische Italien nach Inns-

bruck einschließlich fremd-

sprachigen Pass- und Zollkon-

trollen zu groß. So blieb zur

Fahrt nach Nordtirol nur ein

weiter und teurer Umweg

über Spittal/Drau – Mallnitz –

Gastein – Zell am See.

Verkehr und wirtschaftliche

Entwicklung richteten sich

daher im Lauf der nächsten

Jahre nach Kärnten aus.

Fremdenverkehr

Der Fremdenverkehr ent-

wickelte sich ab 1923 wieder

in ersten Ansätzen, und die

Bemühungen um eine Straßen-

verbindung mit dem Salzburger

Pinzgau wurden letztlich zu-

gunsten der Großglockner-

Hochalpenstraße gegen eine

Felbertauernstraße entschieden.

Die beschäftigungsbedingten

Abwanderungen aus den Dör-

fern wurde durch die Zuwande-

rung vieler Südtiroler in den

Jahren des Faschismus wettge-

macht, vorwiegend ließen sich

diese aber in der Bezirksstadt

nieder.