HISTORIE
PUSTERTALER VOLLTREFFER
NOVEMBER/DEZEMBER 2018
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ner, es ist ein neugeschaffener
Bezirk, für dessen heutigen
Umfang weder in der Ge-
schichte noch in der Geogra-
phie eine Begründung gefun-
den werden kann.“ Der Tiroler
Landtag hielt mit der Landes-
regierung am 16. November
1920 aus Protest eine Trauer-
sitzung ab, und in den folgen-
den Jahren sollte jährlich am
10. Oktober ein Landestrauer-
tag begangen werden.
Volksabstimmung
Trotz Aussichtslosigkeit auf
Umsetzung wurde in Tirol für
das Frühjahr 1921 eine Volks-
abstimmung vorbereitet, die in
Osttirol unter dem Titel „Deut-
scher Gau Osttirol“ lief. Die
Frage: „Wird der Anschluss an
das Deutsche Reich gefordert?“
wurde von 98 % der Tiroler
Wähler mit „Ja“ beantwortet, in
Osttirol stimmten 99 % dafür.
Die meisten Nein-Stimmen,
nämlich 18, kamen aus Inner-
villgraten, gefolgt von Unter-
tilliach mit sieben und Kartitsch
mit sechs. Durch das imVertrag
von Saint-Germain festge-
schriebene Anschlussverbot er-
brachte dieses Abstimmungser-
gebnis aber keine unmittelbaren
Folgen. Trotzdem blieb es prä-
gend für die weitere Entwick-
lung. Für viele Tiroler blieb im
Unterbewusstsein der Wille
zum Anschluss erhalten.
Josef Schraffl
Bereits seit 1917 war der Ost-
tiroler Bauernbündler Josef
Schraffl aus Sillian als Landes-
hauptmann im Einsatz (bis
1921). Der in Sillian geborene
Land- und Gastwirt und im Jahr
1884 zum Sillianer Bürger-
meister bestellte Schraffl war
Gründungsmitglied der Alpen-
vereins-Sektion Sillian und ers-
ter Obmann der 1897 gegrün-
deten Raiffeisenkasse Sillian
sowie 1904 Mitbegründer des
Tiroler Bauernbundes und des-
sen erster Obmann. Die letzten
Kriegsmonate und der verlo-
rene Krieg mit Elend, Leid und
Hoffnungslosigkeit sowie die
Teilung des Landes gegen den
Willen der Bevölkerung bedeu-
teten zahllose Schwierigkeiten
und Herausforderungen.
Truppenrückzug
Trotzdem gelang es unter der
Amtsführung Schraffls, den
chaotischen Truppenrückzug
zu lenken, die Versorgung der
Bevölkerung mit Lebensmitteln
und Heizmaterial einigermaßen
sicherzustellen und die Verwal-
tung des Landes an die geän-
derten Gegebenheiten überzu-
leiten. Später bemühte sich
Schraffl um rasche Entlassung
und Heimkehr von Tiroler
Kriegsgefangenen. „Die erfolg-
losen Bemühungen zur Wah-
rung der Landeseinheit und
Rettung Südtirols für Öster-
reich, weswegen Schraffl zu
Unrecht stark kritisiert wurde,
sowie weitere persönliche Nie-
derlagen trafen ihn schwer“, er-
zählt Wiedemayr.
Bad Weitlanbrunn, Jahrzehntelang bekanntes und gutbesuchtes
Kurzentrum des Oberpustertales, Postkarte um 1927.
Archiv Peter Leiter, Sillian/Foto Stefsky, Wien
Das italienische Straßenzollhaus galt um 1925 offensichtlich als Provisorium, erst allmählich wur-
den die Zollamts-Räumlichkeiten erweitert.
Archiv Peter Leiter, Sillian/Marktgemeinde Sillian, Foto Stefsky, Wien
Ludwig Wiedemayr tritt nicht zum
ersten Mal mit einer umfang-
reichen Publikation an die
Öffentlichkeit. Viel beachtet
wurde bereits sein Buch
„Weltkriegschauplatz
Osttirol“. Dieses vor einem Jahr
erschienene Buch darf man als Fort-
setzung sehen: die Jahre zwischen den
beiden Weltkriegen, die mit dem „Anschluss“
an Deutschland in der NS-Zeit münden. Im Buch kommen
erschöpfend viele Bereiche sowohl für die Zwischenkriegs- als auch
die NS-Zeit zur Sprache. Der Autor scheut sich nicht, auch negative
Seiten anzureißen wie den hier vorzufindenden Antisemitismus. Nicht hoch
genug kann auch der Wert des Abbildungsmaterials eingeschätzt werden.
Die Bilder wollen nicht etwa bloß den Text „auflockern“, sondern besitzen
zum großen Teil echten Quellen- bzw. Aussagewert. Fachlich begleitet
wurde der Autor bei diesem Buch von Univ.-Doz. Dr. Meinrad Pizzinini,
der auch das Vorwort schrieb.
Das Buch kann direkt in unserem Verlagshaus in der
Schweizergasse 26, 9900 Lienz, gekauft werden oder unter Angabe
der genauen Liefer- und Rechnungsadresse per E-Mail:
abo@osttirolerbote.atbzw. auf
www.osttirol-online.atbestellt werden.
Ludwig Wiedemayr
Zwischenkriegs- und NS-Zeit
im Osttiroler Oberland
Ludwig Wiedemayr
Zwischenkriegs- und NS-Zeit
im Osttiroler Oberland
360 Seiten, ca. 300 großteils historische Fotos,
160 x 230 mm, erschienen im Verlag Osttiroler Bote
Weiters ist das Buch im gut sortierten Buchhandel erhältlich.
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29,90
+ 5,50 € Porto Ausland