HISTORIE
PUSTERTALER VOLLTREFFER
NOVEMBER/DEZEMBER 2018
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„Schließlich war ja der Raum
Sillian seit November 1918 von
italienischem Militär besetzt“,
erinnert Buchautor Ludwig
Wiedemayr aus Kartitsch.
Besonders als sich der Verlust
Südtirols an Italien immer deut-
licher abzeichnete, wurde auch
die Frage der weiteren Zukunft
Osttirols brennend. „Zumal
sich ab Frühjahr 1919 abzeich-
nete, dass sich bei den
Friedensverhandlungen die von
italienischen Unterhändlern
verlangte Grenzziehung durch
setzen werde, wonach auch
der zentrale Marktort Innichen
mit fünf weiteren Gemeinden
an Italien abgetreten werden
musste.“ Mit der Unterzeich-
nung des Vertrages von Saint-
Germain am 10. September
1919 war das Los Südtirols
endgültig entschieden. Ein Jahr
später wurde es von Italien
annektiert.
Schock
Besonders in Osttirol saß der
Schock tief. Noch fünf Jahre
später schrieb der nicht ge-
nannte Verfasser eines Osttirol-
Berichtes in der Festschrift zur
Einweihung des Bezirkskrieger-
denkmals: „Osttirol ist ein
verstümmelter Landesteil, ein
losgerissenes Stück Land, und
verdankt sein Dasein nur der
diplomatischen Willkür der in
Paris versammelten Staatsmän-
Die Zerreißung Tirols und Abtrennung
Osttirols (von Südtirol) mit der Annexion
Südtirols durch Italien als Folge eines ver-
lorenen Krieges, besiegelt im Friedensver-
trag von Saint-Germain.
Archiv Autorengemeinschaft Gesamttirol, Zirl
Nachdem Kaiser Karl am 11. November 1918 auf die Amtsgeschäfte ver-
zichtet hatte, proklamierte am 12. November die österreichische provisori-
sche Nationalversammlung die Demokratische Republik Deutsch-Öster-
reich. Beherrschend für die nächsten Monate war für das Osttiroler Ober-
land aber die Entwicklung Südtirols.
Endlose Ko-
lonnen des
zwar nicht be-
siegten, aber
in sich zerfal-
lenen Heeres
der k. u. k.
Armee zogen
in den Novem-
bertagen 1918
durch das Pu-
stertal ost-
wärts, hier der
Train der ge-
schlagenen
Armee auf der
Reichsstraße
zwischen Sil-
lian und Pan-
zendorf.
TAP – Tiroler
Archiv für
photographi-
sche Doku-
mentation und
Kunst,
Lienz/Samm-
lung Martin
Dobernig
„Der Schock saß tief“
Seit September 1921 gültig:
Österreichisch-italienischer Grenzstein
„Passo Drava“ beim Straßen-Grenzüber-
gang Arnbach-Winnebach.
Foto: Ludwig Wiedemayr, 2007