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OSTTIROLER

NUMMER 7-8/2018

5

HEIMATBLÄTTER

trieb gewesen sein. Dank der guten Erhal-

tung auch der beiden Projektoren ist dieses

Kino jederzeit für die Vorführung von 35

mm-Filmen geeignet. Heute wird der Saal

vorwiegend für die Aufführung von Thea-

terstücken genutzt.

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Grenzlichtspiele Sillian

(1936 bis 1989)

Die Sillianer Chronistin Maria Wanner-

Huber berichtet auszugsweise in ihrer

Chronik:

9

„Im Jahre 1936 überlegte die Kirche,

allen voran Herr Dekan Fuchs, zusammen

mit dem katholischen Arbeiterverein die

Errichtung eines Kinos. Am 23. März 1936

behandelte der Gemeinderat ein Ansuchen

des katholischen Arbeitervereins betreffend

die Errichtung eines Tonkinos in den Räu-

men des Theatersaals. Nach positiver Be-

schlussfassung nahm zum Jahresende

1936 das Kino seinen Betrieb auf. Der

erste Vorführapparat der Firma Bauer war

vom Innsbrucker Leokino gebraucht ge-

kauft worden. Nach dem Anschluss Öster-

reichs ans Deutsche Reich 1938 wurde auf

Anordnung der GESTAPO der katholische

Arbeiterverein aufgelöst, das Vermögen be-

schlagnahmt und der NSDAP überführt.

Die Tonlichtspiele Sillian übernahm nun

die DAF (Deutsche Arbeiterfront) und

führte sie nur 3 Monate. Hernach wurde

das Kino an die Gemeinde Sillian um RM

2.720,- verkauft. Während der Kriegsjahre

pachtete Hans Fürhapter, Stöffler, das Kino

und führte es weiter. Nach Ende des 2.

Weltkrieges erließ die Bezirkshauptmann-

schaft Lienz, Vermögenssicherungsreferat,

einen Bescheid, demzufolge die Marktge-

meinde Sillian zum öffentlichen Verwalter

der Tonlichtspiele Sillian bestellt wurde.

Im Jahre 1949 wurden die Tonlichtspiele

Sillian wieder dem katholischen Arbeiter-

verein zurückgegeben. Es wurde ein neuer

Vorführapparat der Firma Philipps mit

zwei Maschinen angekauft, damit die Spiel-

filme ohne Pausen abgespielt werden

konnten. Die geschäftliche Abwicklung lag

in den Händen von Altbürgermeister

Anton Gesser, auch Obmann des Katholi-

schen Arbeitervereins. Mitglieder des Ver-

eins leisteten freiwillige Dienste als Kar-

tenverkäufer u.s.w. Für jeden Film musste

ein Vertrag mit Festsetzung der Leihgebühr

abgeschlossen werden. Weitere Kosten ent-

fielen auf Vergnügungssteuer, Abgabe ans

Finanzamt, 10 % ans Landesinvalidenamt

und 10 % flossen in die Gemeindekasse.

Die ,Wochenschau‘ mit Neuigkeiten aus

aller Welt musste separat bestellt werden.

Weil die Besucherzahlen hoch waren und

der Betrieb gut lief, überlegte man sogar

einen Neubau beim heutigen Gemeinde-

zentrum. Er blieb aber in den Fundamen-

ten stecken. Mit Beginn des Fernsehzeit-

alters ging der Kinobesuch rapide zurück,

sodass der Arbeiterverein gezwungen war,

im Jahre 1989 den Betrieb einzustellen. So

blieben von der ‚Filmära‘ in Sillian außer

ein paar liebsamen Erinnerungen

[Anm.

des Autors: Bestuhlung und Projektoren]

nur noch einige Bilder im Kinobuffet.“

Der Zeitzeuge Josef Franz (geb. 1937)

war in diesem Kino als Vorführer tätig und

weiß ergänzend zu berichten:

„Der Saal

fasste circa 200 Personen. Die 2 Vorführ-

maschinen für 35 mm-Filme der Firma Sie-

mens wurden aus Sicherheitsgründen (der

Aufgang zum Vorführraum entsprach nicht

mehr den baurechtlichen Vorschriften) im

Jahre 2016 abgebaut, könnten aber jeder-

zeit nach Behebung der baulichen Mängel

wieder vorführbereit aufgebaut werden.

Der Saal, die Projektoren und das gesamte

Filmmaterial gehören dem Katholischen

Arbeiterverein mit dem Obmann Herrn

Gottfried Walder vulgo Stocker. Ich kann

mich auch erinnern, dass der Toni Gesser

sogar als Bürgermeister das circa 30 kg

schwere Filmpaket vom Bahnhof mit einem

Handwagen abholte und nach Spielende

wieder zum Bahnhof brachte.“

10

Osttiroler Wanderkino

(1955 bis 1982)

Mehrere Zeitzeugen bestätigen, dass be-

reits in den 1950er-Jahren ein Wanderkino

durch Osttirols Gemeinden tourte und mit

Eingang zum Zuschauerraum der „Lichtspiele Sillian“.

Foto: Franz Huber

Der Kastenbus der Landesbild- und Filmstelle Tirol mit den zwei Filmprojektoren; er

tourte in den 1950er- und 1960er-Jahren durch Osttirols Gemeinden.

(Sammlung „Medienzentrum“, Land Tirol)

Fotograf unbekannt

Altbürgermeister Anton Gesser im Vorführraum des Sillianer

Kinos.

Foto: Franz Huber