CHRONIK
PUSTERTALER VOLLTREFFER
MAI/JUNI 2018
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bei leichter Erwärmung schnell
flüssig, dann kann man Ölaus-
züge oder ätherische Öle einar-
beiten und fertig ist die Salbe.
Alternativ kann man getrock-
nete Pflanzen in die flüssige Va-
seline geben und das Gemisch
eine Nacht stehen lassen. An-
schließend wird die Vaseline
nochmals leicht erwärmt und in
flüssigem Zustand abgefüllt.“
Hat Vaseline auch Nach-
teile?
Achmüller:
„Ja. Erstens ist
ihre Herkunft aus ökologischer
Sicht bedenklich, zweitens dich-
tet sie die Haut zu sehr ab.
Daher sucht man in der heutigen
Zeit nach Alternativen für die
Salbenherstellung. Eine einfa-
che Möglichkeit bietet die Kom-
bination aus einem pflanzlichen
Öl und Bienenwachs. Eine so
hergestellte Salbe zieht besser in
die Haut ein und ist gleichzeitig
auch ungekühlt mindestens
sechs Monate haltbar, also we-
sentlich länger als eine Salbe,
die aus tierischen Fetten herge-
stellt wurde.“
Was war früher die Grund-
lage für die Behandlung von
Menschen?
Achmüller:
„Die Säftelehre.
Optimal war, wenn die vier
menschlichen Säfte, Blut, gelbe
Galle, schwarze Galle und
Schleim, zueinander im Gleich-
gewicht standen. Ungleichheit,
d. h. ein Überhang von einem
oder mehreren dieser Säfte, ist
demnach der Ausgangspunkt
für Krankheit. Den vier Säften
wurden auch die vier Eigen-
schaften warm, trocken, feucht
und kalt zugeordnet. Ein beste-
hendes Ungleichgewicht wurde
mit Heilmitteln, Diät oder di-
versen Ausleitungsverfahren
wie Schwitzkuren, Aderlass,
Schröpfen, Brechmitteln oder
Einläufen behandelt.“
Warum fanden sich auch
immer magische und religiöse
Handlungen und Rituale in der
Volksmedizin wieder?
Achmüller:
„Viele gehen auf
den Versuch zurück, Krankheit
und Gesundheit zu erklären.
Nennen wir etwa Bakterien und
Viren, die Auslöser verschiede-
ner Infektionskrankheiten sind.
Vor 200 Jahren waren dies Dä-
monen, die von einem Infizier-
ten zum nächsten überspringen.
Diese Dämonen, die auch für
andere Krankheiten und vor
allem Schmerzen verantwortlich
gemacht wurden, galt es zu bän-
digen und zu verjagen.“
Welcher Dämon war denn
besonderes beängstigend?
Achmüller:
„Der sogenannte
Wurm. Dieser, so der Volks-
glaube, löse vor allem pulsie-
rende und stechende Schmerzen
hervor. Der Wurm diente zur Er-
klärung mehrerer Krankheits-
bilder. So löste der Fingerwurm
die Nagelbettentzündung aus,
der Herzwurm ist als Gastritis
zu deuten und der Zahnwurm
war für Zahnschmerzen verant-
wortlich. Die auch heute noch
gebräuchliche Redewendung
‚da ist der Wurm drinnen‘ be-
zieht sich auf diese Vorstellung.“
Wie wollte man die Dämonen
vertreiben?
Achmüller:
„Unter anderem
durch Sprüche - etwa im 19.
Jahrhundert in der Steiermark
mit folgendem Spruch das Fie-
ber senken: ‚Nussbaum! Ich
komm zu dir, nimm die 77erlei
Fieber von mir, ich will dabei-
bleiben‘.“
Wie war es um die Diagno-
stik in der Volksheilkunde be-
stellt?
Achmüller:
„Generell war
die Diagnostik in der Volksheil-
kunde bis ins 20. Jahrhundert
eher einfach gehalten. Man
kannte schlichtweg nicht sehr
viele unterschiedliche Be-
schwerden. Auch die Hingabe,
mit der man sich der Therapie
der verschiedenen Krankheiten
widmete, war sehr unterschied-
lich. So wurden vor allem
Krankheiten, die die Arbeits-
kraft der Menschen minderten,
von den Volksheilern behandelt.
Denn in einer vorindustriellen
Zeit war eine ausfallende Ar-
beitskraft mitunter existenzbe-
drohend für die gesamte Fami-
lie. Wunden, Gelenkserkran-
kungen, Fieber, ansteckende
Krankheiten, Magen- und Haut-
probleme galten als die proble-
matischsten Erkrankungen. Da-
gegen wurden Nervenerkran-
kungen kaum beachtet und wohl
oft auch nicht als behandelbare
Krankheit angesehen. Natür-
lich war die Diagnosefindung
aufgrund fehlender Nachweis-
methoden auch vom Aberglau-
ben geprägt. Oft galt es nur ab-
zuklären, ob es sich um eine
Strafe Gottes handelte oder ob
die Krankheit von Dämonen
ausgelöst wurde.“
Martina Holzer
Tipps für die
Zubereitung von
Salben und Ölen
Als Grundlage für die Her-
stellung von Kräuterölen und
Salben eignen sich pflanzliche
Öle wie Oliven-, Mandel-, Jo-
joba- oder Kokosöl.
Welches Öl ist das
richtige?
Für Olivenöl spricht die Tat-
sache, dass es billig und leicht
erhältlich ist, allerdings be-
kommen die fertige Salbe und
auch der Ölauszug einen Grün-
stich und riechen nach Oli-
venöl. Mandel- und Jojobaöl
sind neutraler und die fertigen
Produkte werden gelblich-
weiß. Außerdem ziehen sie
schnell in die Haut ein. Man-
delöl ist auch bei empfindli-
cher Haut gut verträglich. Jo-
jobaöl hält die Feuchtigkeit in
der Haut, ohne dabei fettig zu
wirken. Kokosöl wirkt leicht
kühlend und ist ebenfalls sehr
gut rückfettend. Allerdings gilt
es als komedogen, d. h. dass es
die Entstehung von Mitessern
fördern kann.
Grundrezept für eine
Salbe mit frischem
oder getrocknetem
Pflanzenmaterial
Das pflanzliche Öl langsam
im Topf erwärmen, aber nicht
zu heiß werden lassen (ca.
80 °C). Danach das Pflanzen-
material (Blüten, Wurzeln,
Blätter oder Früchte) und das
Bienenwachs unter behutsa-
mem Umrühren dazugeben.
Pro 100 g Pflanzenöl minde-
stens 10 g Bienenwachs hinzu-
geben. Je größer der Anteil an
Bienenwachs ist, desto fester
wird die Salbe. Nach zehn Mi-
nuten den Topf von der Herd-
platte nehmen.
Die Salbe vor demAbseihen
eine Nacht an einem kühlen
Ort stehen lassen, am nächsten
Tag kurz erwärmen und in flüs-
sigem Zustand in die Tiegel
abfiltrieren.
„Haut und Haare“
aus der Reihe
„Kraut und Wurzel“
Autor: Arnold Achmüller
Seiten: 116
Preis: 10 €