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CHRONIK

PUSTERTALER VOLLTREFFER

MAI/JUNI 2018

4

Herr Achmüller, die Haut ge-

hört ja zu den Hauptanwen-

dungsgebieten der Pflanzen-

kunde.

Achmüller:

„Allerdings. Für

die Besserung etlicher Krank-

heitsbilder stehen viele Heil-

pflanzen zur Verfügung. Sie ver-

ursachen kaum Nebenwirkun-

gen. Dabei spielt vor allem die

äußerliche Anwendung von

Cremen, Salben etc. eine Rolle.

Die Heilpräparate kommen so

direkt mit dem erkrankten Ge-

webe in Kontakt. Die innerliche

Anwendung von Heilpflanzen

spielt im Bereich der Hauter-

krankungen heute weniger eine

Rolle.“

Jede Kultur hat historisch

gesehen ihre eigenen Anwen-

dungsarten, oder?

Achmüller:

„Ja. Während

etwa bei den südlichen Mittel-

meerkulturen Klistiere und

Zäpfchen bereits in der Antike

zum volksmedizinischen Reper-

toire gehörten, waren diese

nördlich der Alpen lange Zeit

völlig unbekannt. In Bezug auf

die Behandlung von Hauter-

krankungen standen die mittel-

und nordeuropäischen Völker

ihren südeuropäischen Nachbarn

um nichts nach. Etwa verwen-

deten die Mitteleuropäer sehr

früh pastenähnliche Zuberei-

tungen, bei denen das Pflanzen-

material, zerkleinert und mit

Harzen sowie Getreidemehl

oder tierischen Fetten wie

Schweineschmalz oder Gänse-

fett vermengt, auf Wunden und

Hautentzündungen aufgetragen

wurde.“

Was gibt bis heute Rätsel

auf?

Achmüller:

„Die sogenann-

ten Hexensalben. Im Mittelalter

glaubte man, dass sie vermeint-

lichen Hexen die Fähigkeit ver-

leihen zu fliegen. Eine Reihe an

Sagen bestätigt diesen weitver-

breiteten Glauben. Jahrhunder-

telang sinnierte man über die

Inhaltsstoffe der Hexensalben.

Unter anderem wurde Kinder-

fett als Zutat darin vermutet.

Heute gibt es Hinweise, die

dieses Mysterium in einem

neuen Licht erscheinen lassen:

Möglicherweise handelte es sich

dabei um Pappelknospen- und

Leinkrautsalben. Früher waren

dies vielgenutzte Schmerz- und

Hämorrhoidensalben.“

Mengte man etwas bei, um

den schmerzstillenden Effekt

zu erhöhen?

Achmüller:

„Ja. Man ver-

setzte sie teils mit giftigen Nacht-

schattengewächsen wie Toll-

kirsche, Stechapfel und Bilsen-

kraut. Missbräuchlich verwendet

entfalten Salben mit diesen

Zusätzen rauschartige Zustände,

unter anderem mit Flugträumen.

Möglicherweise wurden sie also

nicht nur als Schmerz-, sondern

auch als Rauschmittel gebraucht

Kraut und Wurzel bewirk

Arnold Achmüller, 1982 geboren in Bruneck,

beschäftigt sich seit Jahren mit der alpinen

Kräuterkunde und alten Heilverfahren. Der

Pustertaler Apotheker brachte eine neue

Reihe „Kraut und Wurzel“ heraus – unter

anderem zum Thema Haut und Haare. Der

Experte im „PVT“-Interview.

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