ZEITZEUGE
PUSTERTALER VOLLTREFFER
MAI/JUNI 2018
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Rudolf Melzer, ein pensio-
nierter Augenoptikermeister,
verbringt immer wieder gerne
Zeit in Osttirol. Tochter Bar-
bara, eine Forstfacharbeiterin
und sechsfache Mutter, arbeitet
beim Forstunternehmen „Ge-
brüder Ladstätter“ in St. Jakob
im Defereggental und auch pri-
vat für die Familie Ladstätter.
Sein Bruder Gottfried wirkte
eine Weile auch als Priester in
Sillian und Heinfels. Die bei-
den wurden mit sechs Ge-
schwistern in Innsbruck groß.
„Dietmar und Ekkehard stam-
men allerdings aus der ersten
Ehe unseres Vaters Hofrat Dr.
jur. Anton Melzer. Deren Mut-
ter war 1925 an Scharlach ver-
storben. Die Krankheit gras-
sierte damals auf der Entbin-
dungsstation und kostete weite-
ren sechs Müttern das Leben.“
Melzers Vater heiratete dann
die jüngere Schwester der Ver-
storbenen. „Das war dann un-
sere Mutter Magdalena. Mein
Vater brauchte für die Heirat
einen Dispens (Befreiung von
einer geltenden Vorschrift) aus
Rom, obwohl keine Blutsver-
wandtschaft vorlag. Es war da-
mals sehr streng, aber es
herrschte überall in der Monar-
chie eine kolossale Ordnung“,
so Melzer, der am 8. August
1935 als drittjüngstes Kind ge-
boren wurde.
Rausschmiss
„Ich erlebte die Nazi-Zeit als
Bub“, erzählt Melzer, dessen
Vater – als 1938 der Anschluss
Österreichs an Deutschland er-
folgte – sofort als Landesbe-
amter und Mitglied des Ge-
meindetages sowie Obmann
des Rechtsausschusses des Ge-
meinderates (Innsbruck) seine
und Schreibmaschinen. Dabei
kamen meinemVater die vielen
Freundschaften mit Geistlichen
zugute, die er als Kunden ge-
winnen konnte.“
Rudolf Melzer kann sich gut
an die Märsche der Pradler Hit-
lerjugend erinnern, bei denen
seine älteren Brüder Hartmann
und Gottfried immer mitmar-
schieren mussten. Sie hatten al-
lerdings eine eigene Taktik, um
sich immer wieder Mal vor
dem Marschieren zu drücken.
Unwissenheit und
Naivität zählten
„Dafür stellten sie sich in der
Truppe ganz hinten an, und so-
bald der Trupp wieder um einen
Häuserblock bog, gaben sie vor,
dass ihre Schuhbänder gerissen
seien, beugten sich nieder und
warteten bis die anderen davon
marschiert waren. Dann flüchte-
ten sie heimlich nachhause in
den Osten von Innsbruck, in die
Kravoglstraße in der Reichenau.“
Bald stand aber schon wieder der
HJ-Führer vor der Haustür. „Ich
legte mich heimlich auf das Vor-
dach, weil ich das Gespräch zwi-
schen ihm und meiner Mutter
mitverfolgen wollte. Sie gab
sich dann stets unwissend und
naiv. Das waren zwei sehr wich-
tige Verhaltensweisen, die man
damals beherrschen musste,
Rudolf Melzer erlebte
den Zweiten Weltkrieg
als junger Bursche in
Innsbruck mit. Sein
Vater HR Dr. Anton
Melzer, ein Widerstands-
kämpfer, wurde nach
dem Krieg Bürgermeis-
ter von Innsbruck. Heim-
lichen Religionsunter-
richt erhielt er von einem
Priester aus St. Magda-
lena/Gsies, der später
enthauptet wurde.
Rudolf Melzer erlebte den Zweiten Weltkrieg als Bub in Innsbruck mit.
Auch Ehefrau Erika befand sich mitten in der Stadt als die
Bomben niedergingen.
Fotos: Martina Holzer
Stelle verlor. „Sämtliche Be-
züge wurden ihm sofort gestri-
chen. Er musste schauen, wie er
die Familie ernähren konnte. So
arbeitete er dann bei der Firma
Zecha & Co in Innsbruck als
Kompagnon und Vertreter von
Rechen-, Buchungsmaschinen
In einer Widerstands