GESCHICHTE
PUSTERTALER VOLLTREFFER
OKTOBER/NOVEMBER 2017
9
Wandel aus
Prestigegründen
So biss auch der Tiroler „Son-
derbeauftragte“ für die Rück-
gliederung Osttirols, Franz
Kundratitz (1927 bis 1936 Be-
zirkshauptmann von Lienz), in
seinem Bemühen auf Granit.
Lustig war es auch für die Land-
tagsabgeordneten des Bezirkes
Lienz (eigentlich für Innsbruck
gewählt) nicht, dass sie weiter-
hin im Klagenfurter Landtag
„ausharren“ mussten. Doch
dann kam der Wandel. Die
Lage veränderte sich. „Insofern,
als dass die Briten meinten, in
punkto Ansehen in Österreich
nach den Amerikanern nun auch
hinter die Franzosen an dritte
Stelle zurückgefallen zu sein.“
schaften vieler Männer sowie des
Ausschlusses der NSDAP-Mit-
glieder von der Wahl waren fast
zwei Drittel der Wahlberechtig-
ten in Tirol in Folge Frauen.
„Andererseits stellte man die
Rechtsgleichheit zwischen Tirol
und Osttirol wieder her, sprich,
die Tiroler Landesgesetze und
-regierungsbeschlüsse waren ab
sofort auch im Bezirk Lienz gül-
tig“, informiert Kofler. Zudem
wurde Osttirol in den neu orga-
nisierten Tiroler Bauernbund um-
gehend integriert. Doch eine
Rückkehr zu Tirol im eigentli-
chen Sinne war es freilich nicht.
Massive Wehr
Die Südtirolfrage schob sich
dazwischen. „Sie dominierte
vollends die Phase bis zum
Herbst 1946 und verhinderte
deshalb die weitere Behand-
lung der Osttirolfrage“, erklärt
Kofler. Die Briten, die am 8.
Mai 1945 in Osttirol einmar-
schiert waren und seitdem die
Region besetzten, wehrten sich
sogar massiv gegen eine Loslö-
sung vom Gau Kärnten. „Sie
verwiesen stets darauf, dass es
problematisch sei, wenn sie
sich – nach einer Rückkehr
Osttirols zu Tirol – dann an
Innsbruck wenden müssten,
das ja in der französischen
Zone lag“, so der Historiker.
Abdruck der Urkunde über die Rückgliederung
Osttirols an Tirol im „Osttiroler Boten“.
Drei schottische
Besatzungssoldaten im Atelier
von Maria Egger in der Lien-
zer Schweizergassse, um 1950.
Fotografin: Maria Egger;
Sammlung Stadtgemeinde
Lienz, Archiv Museum Schloss
Bruck – TAP
A-9900 Lienz, Johannesplatz 7
Tel. +43/4852/62287, Fax-DW 4
palla2@inode.at|
www.diadoro.at89172
SEE THE WONDERFUL
Briten
Man musste und wollte somit
etwas dagegen tun – ohne Geld
dafür ausgeben zu müssen und
dennoch die Besatzungszonen-
grenzen beizubehalten.
„Gütige Geste“
Eine „gütige Geste“ kam da
gerade recht. Somit entschieden
die Briten Osttirol nun doch zu
Tirol zurückzulassen. „Die am
26. September 1947 beschlos-
sene britisch-französische Rege-
lung läutete dann den Rückglie-
derungsprozess ein.“ London
und Klagenfurt behielten die Zu-
ständigkeit in Fragen der öffent-
lichen Sicherheit, der Grenz-
sperrzone, der versetzten Perso-
nen und des Verkehrs. „Den
Franzosen oblag nunmehr die Fi-
nanzverwaltung des Bezirkes
Lienz.“ Am 19. Oktober erfolgte
eine große, sehr festliche Wie-
dervereinigungsfeier in Lienz.
„Mehrere tausend Personen nah-
men am Gottesdienst auf dem
alten Sportplatz an der Pusterta-
lerstraße teil, der von Bischof
Paul Rusch zelebriert wurde.“
Nach den Festreden, unter ande-
rem vom Osttiroler Nationalrats-
abgeordneten Franz Kranebitter,
wurde die Wiedervereinigungs-
urkunde unterzeichnet.
Martina Holzer