Bevor der Railjet, ein moderner
Hochleistungszug der Österrei-
chischen Bundesbahnen (ÖBB),
von Innsbruck Richtung Süden
startete, gab es am dortigen
Hauptbahnhof einen landes-üb-
lichen Empfang mit Schützen
und Musikkapelle. „Mit dem
Bau der Brennerbahn wurde
Europa erstmals erlebbare Rea-
lität. 150 Jahre später und in Zei-
ten, in denen Grenzkontrollen
ein Thema sind, ist es wesent-
lich, sich den Wert der Mobili-
tätsfreiheit und Zusammenarbeit
der Länder wieder vor Augen zu
führen“, sagte der Tiroler Lan-
deshauptmann Günther Platter.
Integration Europas
Während der Zug früher viel
für den Transport von Kriegs-
CHRONIK
PUSTERTALER VOLLTREFFER
SEPTEMBER/OKTOBER 2016
7
Arno
Kompat-
scher in
Inns-
bruck
bei der
Jubilä-
umsfeier
der
Brenner-
bahn-
linie:
„Der
Bahn
gehört
die
Zu-
kunft.“
Landesüblicher Empfang für die Landeshauptleute Kompatscher
und Platter in Innsbruck.
Fotos: LPA/rm
Die Brennerroute ist der Haupt-
übergang zwischen beiden Hälften Ti-
rols und für den internationalen Ver-
kehr von großer Bedeutung.
Die Verkehrsverbindung umfasst:
• eine vierspurige Autobahn mit
Mautpflicht, die in den 1960er-Jah-
ren gebaute Brennerautobahn,
heute ein Teilstück der Europastraße
45 (in Österreich als „Brenner Auto-
bahn“ A13 bezeichnet, in Italien als
„Autostrada del Brennero“ A 22),
• die „Brennerstraße“ B182 (alte
Passstraße) auf österreichischer
Seite beziehungsweise SS 12 auf
italienischer Seite,
• eine Eisenbahnstrecke, die Bren-
nerbahn mit dem Bahnhof Brenner
auf der Passhöhe,
• die an das italienische Fernrad-
wegnetz angebundene Eisacktal-
Radroute auf italienischer Seite.
Die Brenner-Route verbindet Mün-
chen (519 m) über Innsbruck (574 m)
und Bozen (262 m) mit der Poebene.
Somit verlaufen die nördliche und die
südliche Zulaufstrecken zum Brenner
durch Haupttäler der Alpen: im Nor-
den durch das Inntal, im Süden durch
das Etschtal.
Brennerroute
gerät genutzt und somit mitver-
antwortlich für die Spaltung
Europas gewesen sei, spiele er
heute eine bedeutende Rolle die
Integration Europas voranzu-
treiben und den Austausch
unter Mitgliedsländern weiter
zu verbessern, sagte Kompat-
scher. Er verwies auf den wirt-
schaftlichen Aufschwung durch
die Brennerbahn, besonders im
Tourismus. Und auch darauf,
dass sie zur Positionierung
Südtirols als Brückenland zwi-
schen dem deutschen und ita-
lienischen Wirtschafts- und
Kulturraum beigetragen habe.
Noch heute stehe die wichtige
Verkehrsachse für Erreichbar-
keit, Austausch und Lebens-
qualität.
Komplexes Projekt
In der Geschichte des Bahn-
baus zählt die Brennerbahn zu
den komplexen und kühnen Pro-
jekten. Nach Plänen von Luigi
Negrelli und unter Leitung von
Carl von Etzel wurde die Bahn-
stecke in nur sechs Jahren nach
dem ersten Ortsaugenschein er-
richtet. Am Bau beteiligt waren
über 20.000 Arbeiter. Zumal die
Anpassung an die topografischen
Verhältnisse (viele Gelände-
stufen) nicht einfach war, wird
der Bau auch als ingenieurtechni-
sche Pionierleistung beschrieben.
Mit einer Streckenlänge von 276
Kilometern zwischen Verona uns
Innsbruck galt die Ende August
1867 in Betrieb genommene
Brennerbahn als höchst gelegene
Eisenbahn Europas.
Dampfloks
1868 nutzen bereits 200.000
Reisende die Bahn. Bis in die
1920er Jahren wurden Dampf-
loks, wie die Lok Gr. 685, die
nun zur 150-Jahr-Feier von Ster-
zing bis zum ehemaligen Mili-
tärbahnhof Franzensfeste unter-
wegs war, eingesetzt. Dann
wurde die Strecke elektrifiziert.
Auf dem Brenner muss wegen
der unterschiedlichen Stromsy-
steme der österreichischen
(Wechselstrom) und der italieni-
schen Bahn (Gleichstrom), außer
bei modernen E-Loks, die Loko-
motive gewechselt werden. Seit
der Nachkriegszeit wurden stän-
dig mehr Passagiere und Güter
transportiert und die Strecke ge-
nügte den Anforderungen nicht
mehr. 2015 erfolgte der Spaten-
stich zum Bau des Brennerbasi-
stunnels. Die mit 64 Kilometern
längste unterirdische Zugverbin-
dung der Welt für Passagiere und
Güter soll 2026 in Betrieb gehen.
renner