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Es war ein großes Ereignis,

die Eröffnung des Felbertau-

erntunnels am 25. Juni 1967

nach langer Bauzeit. Der ein-

röhrige 5,3 km lange Scheitel-

tunnel galt und gilt gleichsam

als Herzstück der damals eben-

falls neu errichteten Felbertau-

ernstraße und verbindet Osttirol

wintersicher mit dem Bundes-

land Salzburg. Endlich mussten

die Osttiroler nicht mehr über

Südtirol oder andere Wege fah-

ren, wenn sie u. a. in die Lan-

deshauptstadt wollten.

Anni Hellweger war 17 Jahre

alt, als der Eröffnungstag ange-

feucht dort, und ich hatte nur

die Bluse an. Das Wetter war ja

schön. Ich hoffte sehr, dass bald

die Ausfahrt kommt. Der Tun-

nel schien gar nicht mehr auf-

zuhören, so lang war er, und

wir fuhren nur sehr langsam

dahin“, erzählt sie. Auch war

die Durchfahrt sehr laut. „Weil

der Ford eben offen war. Ziem-

lich finster kam es mir auch

vor.“ Auch auf der anderen

Seite – in Mittersill – gab es

dann einen imposanten Emp-

fang. „Schnapsl musste ich aber

keines ausgeben. Mein Vater

und ich waren vielmehr als

Trachtenpärchen gedacht.“

Visitenkarte

Hellweger fuhr nach der

Feier mit dem Bus retour nach

Lienz, der Reporter hingegen

Richtung München. „Er

drückte mir noch eine Karte in

die Hand und sagte, dass ich

mich bei ihm melden solle, so-

bald ich fertig ausgelernt und

den Führerschein habe.“ Anni

war damals im letzten Lehrjahr

als Fotografin im einstigen

Fotogeschäft Baptist in Lienz.

„Der Reporter wollte mir einen

Anni Hellweger aus

Toblach (geb. Ortner)

gehörte zu den Ersten,

die vor 50 Jahren am

Eröffnungstag durch

den Felbertauerntunnel

fahren durften – als

Marketenderin in einem

offenen Ford. Ein ein-

drucksvolles Erlebnis,

das sie niemals missen

möchte.

Anni Hellweger.

Foto: Martina Holzer

PORTRAIT

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PUSTERTALER VOLLTREFFER

JUNI/JULI 2017

setzt war. Sie wurde als Marke-

tenderin der Schützenkompanie

Lienz für die ehrenvolle Auf-

gabe ausgewählt, als Vertretung

der Schützen als Erste durch

den Felbertauerntunnel fahren

zu dürfen. Auch ihr Vater Hans

Ortner (verst. 1995), ein ehe-

maliger Gemeindebediensteter

und begeisterter Schütze, durfte

mit. „Von Matrei zog man uns

dann in einem alten, offenen

Ford mit Baujahr ca. 1919 hin-

auf zum Tunnelportal. Ziehen

deshalb, weil das Fahrzeug die

Steigung nicht packte. ImAuto

saß neben dem Chauffeur noch

ein Reporter aus München“,

erinnert sich Hellweger.

Es war spannend

Vor dem Tunnelportal nahm

man den Ford in Betrieb. „Es

war unheimlich spannend, dann

durch den Tunnel zu fahren. Es

war ein Meisterwerk. Ein

Wahnsinn, was für die da-

malige Zeit machbar war. Und

ich war sehr stolz, dass ich eine

der Ersten war, die durchfahren

durften.“ Doch es herrschten

eisige Temperaturen im Tunnel.

„Es war ja natürlich noch alles

Job vermitteln. Damals war es

nicht üblich, dass Mädchen sich

zur Fotografin ausbilden lie-

ßen.“ Als sie mit der Visiten-

karte nach Hause kam, war ihre

Mutter Frieda (verstorben

1992) gar nicht begeistert. „Sie

gab mir zu verstehen, dass

München nichts für mich sei

und zerriss die Karte. Das war

es. Sie hatte wohl Sorge, dass

ich in dieser Stadt weiß Gott

was mache.“ Hellweger schloss

ihre Lehre mit gutem Erfolg ab

und nahm auch an einem Foto-

grafen-Wettbewerb teil. Sie er-

hielt so viele Punkte, dass es für

die Goldene reichte.

Goldene verlässt

Nordtirol nicht

„Man schob dann plötzlich

ein Mädchen vor, das angeblich

zwei Punkte mehr hatte als ich.

Aber niemand kannte sie.“

Hellweger fragte dann ihren

Fachlehrer, was los sei. „Er

meinte: Liebes Fräulein, die

Goldene kommt von Nordtirol

nicht raus. Auch mein Chef är-

gerte sich sehr.“ Gut erinnert

sie sich auch ans erste Schul-

jahr in Innsbruck (im Zuge der

Lehre). Ich war damals recht

schüchtern. Wir waren die zwei

Monate in einem Heim. Man

Anni Hellweger mit Vater

Hans und Schwester Elfi.

Mit altem Ford durch das Mei