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CHRONIK

PUSTERTALER VOLLTREFFER

MAI/JUNI 2017

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Wer gerne jodelt, fühlt sich

frei. Er kann loslassen, seine

Stimme, so wie sie daherkommt,

davonschicken und kippen. Es

geht rasant von der Brust- zur

Kopfstimme und wieder retour.

Die Stimme überschlägt sich

von alleine, wenn man es zu-

lässt. Die Vokale breiten sich im

Körper aus und versetzen ihn in

Schwingungen, die harmoni-

sierend wirken. Es entstehen

Töne, die einzigartig klingen.

„Dafür muss man überhaupt

nicht musikalisch vorgebildet

sein“, erklärt Heidi Clementi,

die schon lange jodelt und auch

Sängerin und Singleiterin ist. Sie

brachte sich diese Fähigkeiten

allerdings selbst bei. „Ich bin

musikalische Autodidaktin“,

schmunzelt Clementi, die eigent-

lich Pädagogik und Sozial-

wissenschaften studierte.

Schon daheim in der Familie

wurde viel gesungen. Deshalb

war ihr musikalisches Interesse

wohl auch ein wenig vorgege-

ben. „Und meine Mutter Herta

Pircher hat oft davon erzählt, wie

sie früher zusammengesessen

sind und miteinander gejodelt

haben“, lacht die 51-Jährige. Sie

wuchs mit fünf Geschwistern in

Leifers auf einem Bauernhof auf,

heute lebt sie in Meran.

Virgen

Besonders gerne jodelt Cle-

menti auch in Osttirol – ge-

nauer gesagt in Virgen, wo sie

dann das Bauernhaus Mellitz

auf 1.300 Metern anmietet, das

am Waldrand steht. Dann hört

man sie und ihre „Schüler“

schon von weitem, wenn sie

mit kraftvollen Gesängen den

Tag beginnen. „Auch tagsüber

singen und jodeln wir vorwie-

gend im Freien vor dem Haus

oder im nahegelegenen Hof der

Burgruine oberhalb von Mel-

litz“, so Clementi. Von Virgen

ist sie besonders angetan. „Vir-

gen liegt im schönsten Hochge-

birgstal der Osttiroler Alpen.

Nicht umsonst nennt man es

,Meran von Osttirol‘.“

Wenn Clementi jodelt, geht

es richtig zur Sache. Ihr Reper-

toire ist breitgefächert, unzäh-

lige Jodler kennt sie in- und

auswendig, wie den „Dioe“,

den „Goaßsuacher“, den „Stei-

rer Dreier“, den „D’r Wurzhor-

ner“, den „Wolfjodler“ oder

den „Laugenlutzer. Oft bedeu-

ten die Jodlertexte nichts. Man

muss sie halt so singen, als wür-

den sie etwas bedeuten“,

schmunzelt Heidi Clementi.

Kräfte mobilisieren

Das Jodeln ist dem Schreien

näher als dem Singen. Man kann

nicht leise oder sanft jodeln,

sondern muss die inneren Kräfte

mobilisieren. „Dies gibt wie-

derum viel Energie und kräftigt

die Stimme. Jodeln sollte man

Das ursprüngliche Jodeln lebt wieder auf. Eine, die es besonders liebt und auch andere damit be-

geistert, ist Heidi Clementi – aufgewachsen in Leifers.

Heidi Clementi jodelt sich mit Begeisterung durchs Leben.

„Beim Jodeln geht mir