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CHRONIK

PUSTERTALER VOLLTREFFER

FEBER/MÄRZ 2017

10

schuftet und bis zu 6 m tiefe

Löcher in den Schnee gegra-

ben. Bergrettungen, Feuerwehr,

Militär, Polizia, Carabinieri,

Finanza – alle waren dort, um

ihr Bestes zu geben. „Die Hel-

fer wurden natürlich immer

wieder ausgetauscht, weil die

Arbeiten extrem anstrengend

waren. Der Hausmeister des

Hotels, der überlebt hatte,

konnte viele Hinweise geben,

wo noch Menschen verschüttet

sein könnten. Er wusste auch

genau, wo seine Schwester be-

graben war, denn er war kurz

vor dem Lawinenabgang noch

bei ihr gewesen.“

Kroch langsam auf

Hotel zu

Die Situation am Unglücks-

ort galt weiterhin als sehr ge-

fährlich. „Wir mussten für uns

Fluchtwege anlegen, sollte eine

Nachlawine kommen.“ Die La-

wine war nicht – wie man viel-

leicht glauben würde – auf das

Hotel zugedonnert, sondern

vielmehr auf dieses zugekro-

chen. „Die Überlebenden sag-

ten, dass sie überhaupt nichts

von der Lawine gehört hatten.

Sie wurden von dem Unglück

völlig überrascht. So auch der

Hausmeister, der vor dem Hotel

Schnee schaufelte und erst die

Lawine bemerkte, als das Hotel

zusammenkrachte.“ 40 Perso-

nen waren zum Unglückszeit-

punkt vor Ort. „Die Gäste woll-

ten ja schon am frühen Nach-

mittag abreisen, aber aufgrund

der Schneemengen war die

Zufahrtsstraße blockiert.“

Keine Lebend-

bergungen mehr

Mit der Dampfsonde konnten

Christoph und seine Kollegen

wertvolle Hilfe leisten und Ver-

schüttete orten. Sie waren aber

bereits tot. „Die Verstorbenen

waren nicht so sehr in den

Schneemassen begraben, son-

dern vielmehr in den Trüm-

mern.“ Von typischen Lawi-

nentoten konnte man somit

nicht sprechen. „Man kann

sich vorstellen, was los ist,

wenn drei Stockwerke ineinan-

der zusammenbrechen.“ Des-

halb war das Graben in den

Schneemassen und in den

Trümmern nicht nur eine

enorme körperliche Herausfor-

derung, sondern auch eine psy-

chische. „Man fand auch viele

persönliche Gegenstände der

Verschütteten – wie einen blut-

befleckten Teddybären eines

Kindes. Das ist schon sehr

schwer auszuhalten. Auch un-

zählige Sachen vom Hotel

kamen den Einsatzkräften ent-

gegen – von Vorhängen über

Teller bis hin zu Besteck oder

Fernseher. Es schaute wie in

einer Restmüllsammlung aus.“

Bergung mit Baggern

Christoph und seine Kollegen

waren zwei Tage lang am Un-

glücksort im Einsatz. Ihre

Hauptaufgabe war, Hotelhalle

und Bar zu orten, weil dort die

meisten Verschütteten vermutet

wurden. Die Tiroler konnten

acht Opfer orten und bergen.

„Dann war unsere Aufgabe ab-

geschlossen. Bei unserer Ab-

reise wurden noch 17 Menschen

vermisst. Wir hätten mit der Or-

tungskamera zwar noch jeman-

den finden können, aber mit Si-

cherheit nicht mehr lebend.“

Deshalb fuhren in Folge Schau-

felbagger der Berufsfeuerwehr

und eines Privatunternehmens

auf, um die Massen von Schnee

und Material abzutragen und so

die Körper freilegen zu können.

Es ist zwar sehr dramatisch,

Menschen mit Baggern zu ber-

gen, aber es nützte nichts mehr

anderes. Es war ein Wettlauf

gegen Zeit und Gefahr.“

Letztendlich konnten alle

Verschütteten geborgen wer-

den. Von den 40 Personen hat-

ten nur elf das Unglück über-

lebt. Unter den Opfern waren

auch zwei Kinder. Das Hotel

Rigipiano galt als High-So-

ciety-Herberge, in der unter an-

derem auch der US-amerikani-

sche Schauspieler George

Clooney verkehrt hatte.

Martina Holzer

Christoph (l.) mit Peter Ladstätter (2. v. l.) bei der Arbeit mit der Spezialkamera.

Die

Lawine

wälzte

auch

jede

Menge

Wald

nieder.

Das

Hotel

Rigo-

piano

vor dem

Un-

glück.