CHRONIK
PUSTERTALER VOLLTREFFER
OKTOBER/NOVEMBER 2016
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Als sich der Einsatz des
österreichischen Bundesheeres
an der österreichisch-italieni-
schen Grenze zum 40. Mal
tik vertieft habe, desto mehr
Widersprüchlichkeiten und Un-
gereimtheiten traten zu Tage“,
betonte er.
Tötung in Kauf
genommen?
„Die Fülle der ermittelten Be-
funde für eine Manipulation ist
dermaßen erdrückend, dass man
gar nicht anders kann als anzu-
nehmen, dass bei diesem Krimi
italienische Stellen ihre Hände
im Spiel hatten und bewusst
die Tötung von vier Menschen
in Kauf genommen haben“, ist
die Conclusio von Speckner.
Er belegte seine Ausführungen
durch beeindruckende Fotos
und Akten.
Der Historiker hatte in Inns-
bruck, Graz und Wien Ge-
schichte und schlug dann die
militärische Laufbahn ein. Er
jährte, begann Hubert Speckner
sich im Jahr 2007 der unlös-
bar scheinenden Aufgabe zu
stellen, Licht in den „Krimi“
Porzescharte zu bringen.
Bei dem Vorfall am 25. Juni
1967 wurden vier italienische
Militärs von Tretminen tödlich
verletzt. Diese waren – so
lautete die offizielle Version
Italiens − vorher auf der Porze-
scharte an der Grenze zwischen
Osttirol und dem Belluno von
Südtirolaktivisten ausgelegt
worden, die im Vorfeld einen
Strommast gesprengt hatten.
Peter Kienesberger, der Arzt
Dr. Erhard Hartung und Egon
Kufner wurden in der Folge im
Prozess von Florenz ohne ein-
deutige Beweise zu lebensläng-
licher Haft verurteilt.
Viele Widersprüche
Dass der Vorfall auf der
Porzescharte laut Speckner gar
nicht so abgelaufen sein kann
wie die offizielle Version Ita-
liens lautet, das liege klar auf
der Hand und wurde u. a. auch
schon damals in der „Tiroler
Tageszeitung“ angeprangert.
„Der Vorfall auf der Porze-
scharte, der von Rom verwen-
det wurde, um Österreich poli-
tisch unter Druck zu setzen,
fügt sich in die damalige ,Stra-
tegie der Spannung‘, mit der
Italien Österreich politisch
unter Druck setzte, nahezu per-
fekt ein“, erklärt Speckner.
Wichtige
Verhandlungsthemen
Damals ging es für Öster-
reich um zwei wichtige Ver-
handlungsthemen: einmal um
die Aufnahme in die Montan-
union, eine Vorgängerorganisa-
tion der EWG bzw. der EU,
gegen die nun Italien sein Veto
einlegte, und einmal um die
Südtiroler Autonomiepolitik,
die noch mehr in die Defensive
gedrängt wurde. „Italien er-
klärte damals, dass es die Ver-
handlungen mit Österreich auf
den verschiedenen Ebenen ein-
stelle, bis es bewiesen habe,
dass es ‚nicht länger als Opera-
tionsbasis der Terroristen diene,
die in Italien Attentate verüb-
ten‘“, so Speckner, der Akten
des Österreichischen Staatsar-
chivs durchforstete – ebenso
Bestände des Innenministeri-
ums und Archivmaterial des
Landesgerichts Wien. „Und je
mehr ich mich in diese Thema-
ist Oberst des höheren militär-
fachlichen Dienstes, arbeitete
von 2000 bis 2009 als Histori-
ker in der Militärgeschicht-
lichen Forschungsabteilung
des Heeresgeschichtlichen Mu-
seums und ist seit November
2009 Hauptlehroffizier und
Forscher an der Landesvertei-
digungsakademie mit dem The-
menschwerpunkt „Kulturgüter-
schutz“ und zeithistorischen
Arbeiten zu den Einsätzen des
österreichischen Bundesheeres.
„Unschuldige landeten ein
Leben lang im Gefängnis“
Der bekannte Militär-
historiker Hubert
Speckner referierte
zum Thema „Krimi Por-
zescharte – eines der
letzten großen Rätsel
der heißen 60er Jahre“
im Feuerwehrhaus in
Gais. Er legte dar, dass
Unschuldige lebens-
lang eingesperrt wur-
den und Italien be-
wusst die Tötung von
vier Menschen in Kauf
genommen hatte.
Mit großer Spannung verfolgen die Zuhörer die Ausführungen über die verdächtigen Ungereimt-
heiten im Fall „Porzescharte“.
Militärhistoriker Speckner belegte in akribischer Forschungsar-
beit, dass im Fall „Porzescharte“ manipuliert wurde.
Fotos:
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