Table of Contents Table of Contents
Previous Page  36 / 48 Next Page
Information
Show Menu
Previous Page 36 / 48 Next Page
Page Background

CHRONIK

PUSTERTALER VOLLTREFFER

OKTOBER/NOVEMBER 2016

36

Als sich der Einsatz des

österreichischen Bundesheeres

an der österreichisch-italieni-

schen Grenze zum 40. Mal

tik vertieft habe, desto mehr

Widersprüchlichkeiten und Un-

gereimtheiten traten zu Tage“,

betonte er.

Tötung in Kauf

genommen?

„Die Fülle der ermittelten Be-

funde für eine Manipulation ist

dermaßen erdrückend, dass man

gar nicht anders kann als anzu-

nehmen, dass bei diesem Krimi

italienische Stellen ihre Hände

im Spiel hatten und bewusst

die Tötung von vier Menschen

in Kauf genommen haben“, ist

die Conclusio von Speckner.

Er belegte seine Ausführungen

durch beeindruckende Fotos

und Akten.

Der Historiker hatte in Inns-

bruck, Graz und Wien Ge-

schichte und schlug dann die

militärische Laufbahn ein. Er

jährte, begann Hubert Speckner

sich im Jahr 2007 der unlös-

bar scheinenden Aufgabe zu

stellen, Licht in den „Krimi“

Porzescharte zu bringen.

Bei dem Vorfall am 25. Juni

1967 wurden vier italienische

Militärs von Tretminen tödlich

verletzt. Diese waren – so

lautete die offizielle Version

Italiens − vorher auf der Porze-

scharte an der Grenze zwischen

Osttirol und dem Belluno von

Südtirolaktivisten ausgelegt

worden, die im Vorfeld einen

Strommast gesprengt hatten.

Peter Kienesberger, der Arzt

Dr. Erhard Hartung und Egon

Kufner wurden in der Folge im

Prozess von Florenz ohne ein-

deutige Beweise zu lebensläng-

licher Haft verurteilt.

Viele Widersprüche

Dass der Vorfall auf der

Porzescharte laut Speckner gar

nicht so abgelaufen sein kann

wie die offizielle Version Ita-

liens lautet, das liege klar auf

der Hand und wurde u. a. auch

schon damals in der „Tiroler

Tageszeitung“ angeprangert.

„Der Vorfall auf der Porze-

scharte, der von Rom verwen-

det wurde, um Österreich poli-

tisch unter Druck zu setzen,

fügt sich in die damalige ,Stra-

tegie der Spannung‘, mit der

Italien Österreich politisch

unter Druck setzte, nahezu per-

fekt ein“, erklärt Speckner.

Wichtige

Verhandlungsthemen

Damals ging es für Öster-

reich um zwei wichtige Ver-

handlungsthemen: einmal um

die Aufnahme in die Montan-

union, eine Vorgängerorganisa-

tion der EWG bzw. der EU,

gegen die nun Italien sein Veto

einlegte, und einmal um die

Südtiroler Autonomiepolitik,

die noch mehr in die Defensive

gedrängt wurde. „Italien er-

klärte damals, dass es die Ver-

handlungen mit Österreich auf

den verschiedenen Ebenen ein-

stelle, bis es bewiesen habe,

dass es ‚nicht länger als Opera-

tionsbasis der Terroristen diene,

die in Italien Attentate verüb-

ten‘“, so Speckner, der Akten

des Österreichischen Staatsar-

chivs durchforstete – ebenso

Bestände des Innenministeri-

ums und Archivmaterial des

Landesgerichts Wien. „Und je

mehr ich mich in diese Thema-

ist Oberst des höheren militär-

fachlichen Dienstes, arbeitete

von 2000 bis 2009 als Histori-

ker in der Militärgeschicht-

lichen Forschungsabteilung

des Heeresgeschichtlichen Mu-

seums und ist seit November

2009 Hauptlehroffizier und

Forscher an der Landesvertei-

digungsakademie mit dem The-

menschwerpunkt „Kulturgüter-

schutz“ und zeithistorischen

Arbeiten zu den Einsätzen des

österreichischen Bundesheeres.

„Unschuldige landeten ein

Leben lang im Gefängnis“

Der bekannte Militär-

historiker Hubert

Speckner referierte

zum Thema „Krimi Por-

zescharte – eines der

letzten großen Rätsel

der heißen 60er Jahre“

im Feuerwehrhaus in

Gais. Er legte dar, dass

Unschuldige lebens-

lang eingesperrt wur-

den und Italien be-

wusst die Tötung von

vier Menschen in Kauf

genommen hatte.

Mit großer Spannung verfolgen die Zuhörer die Ausführungen über die verdächtigen Ungereimt-

heiten im Fall „Porzescharte“.

Militärhistoriker Speckner belegte in akribischer Forschungsar-

beit, dass im Fall „Porzescharte“ manipuliert wurde.

Fotos:

www.schuetzen.com