SCHICKSAL
PUSTERTALER VOLLTREFFER
OKTOBER/NOVEMBER 2016
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Ein Zufall brachte Aseel und
den „PVT“ zusammen. Sie
war gerade auf dem Weg
„Nachhause“ als sie stolperte
und stürzte. Man kam hinzu
und half. Mit Händen und
Füßen sowie ein wenig Eng-
lisch ergab sich ein Gespräch
und bald stellte sich heraus,
dass Aseel einiges zu erzählen
hat und dies auch wollte.
Man vereinbarte ein Interview
zu einem anderen Zeitpunkt,
doch den richtigen zu finden,
war nicht leicht. Sie dürfe
ohne Erlaubnis nicht das Haus
verlassen oder sonstige Aktivi-
täten abseits der Ausbildung
unternehmen. Aber Aseel ist ein
mutiges Mädchen und schwor
sich für ein besseres Leben
zu kämpfen und sich gegen
die Unterdrückung seitens der
Männer zu wehren.
Lager Saatari
Schon ihre Mutter habe für
mehr Freiheit in ihrer Heimat
im Südwesten Syriens ge-
kämpft. Eines Tages fand sie
ihre Mutter tot auf. „Niemand
sagte mir, warum und woran sie
gestorben ist“, erzählt Aseel,
die nur vermuten kann, dass ihr
das Auflehnen zum tödlichen
Verhängnis wurde. Schon
bald war es für Aseel und ihrer
Familie unumgänglich, vor
dem Bürgerkrieg aus Syrien
zu flüchten. Man landete im
riesigen Lager Saatari in Jorda-
nien, nicht weit von der Grenze
Syriens entfernt. Das dortige
Leben war gerade völlig aus
den Fugen geraten. Gewalt,
Menschenhandel, Mafia, Waf-
fenschmuggel, Kinderhoch-
zeiten und anderes standen an
der Tagesordnung. Auch Aseel
musste eine Kinderhochzeit er-
dulden, ihrer eigene. Ihr Vater
verkaufte sie an einen gewalt-
tätigen arabischen Mann. Wenn
sie davon erzählt, kommen ihr
die Tränen.
Dubai
Der ungeliebte Ehemann
brachte sie nach Dubai und ver-
lieh sie noch an andere Männer.
Aseel schaffte es, den Vater an-
zurufen, um ihn anzudrohen,
dass sie sich umbringen werde,
wenn er sie nicht zurückholt.
Unter einem Vorwand schaffte
er es, Aseel wieder „heim“
bringen zu lassen. Die Ehe
wurde aufgelöst. „Meinem
Vater habe ich bis heute nie ver-
ziehen, dass er mich verkauft
hat. Ich hasse ihn dafür.“
Aseel ist von den schweren
Misshandlungen in Dubai
schwer traumatisiert. Auch kör-
perliche Narben blieben zu-
rück. Der Vater habe auch ihre
jüngere Schwester verkauft.
Von ihr hört man seitdem
nichts mehr. Warum der Vater
die Schwestern zu Geld
machte? „Er meinte immer,
dass er dies für ein besseres
Leben tat. Ob er damit sein
Leben meinte oder unseres,
konnte ich nicht erfahren.“
Flucht aus dem Lager
Die Lage in Saatari schien
vorerst nicht besser zu werden.
Viele Menschen flüchteten wie-
der aus dem Lager, darunter
auch Aseel mit Tante und
Onkel. „Ich bin ihnen unsagbar
dankbar, dass sie mich damals
mitgenommen haben.“ Es fiel
ihr leicht, Abschied von ihrem
Vater zu nehmen. „Geschwister
hatte ich sonst keine mehr.“
Tante und Onkel wollten mit
ihr nach Europa. Wie Tausende
andere auch vertrauten sie sich
einem Schlepper an. Aseel erin-
nert sich nur mehr bruchstück-
haft an die Flucht nach Europa.
„Wir mussten viel zu Fuß
Aseel (Name von der
Redaktion geändert)
ist eine Jugendliche,
die als Flüchtling in
unsere Region kam
und seitdem hier lebt.
Ihr großes Ziel: gegen
die Unterdrückung der
Frauen zu kämpfen.
Aseel ist eine
Jugendliche aus
Syrien, die eine
schwere Zeit
hinter sich hat.
„Ich werde mich mit aller
Lager Saatari, in dem Aseel mit einen gewalttätigen arabischen Mann verheiratet wurde.