1 / 4 Next Page
Information
Show Menu
1 / 4 Next Page
Page Background

Innichen gilt durch

Jahrhunderte nicht nur

als natürlicher Mittel-

punkt des Hochpuster-

tales, sondern auch als

kultureller Brennpunkt.

– Abgesehen von der

urgeschichtlichen und

römerzeitlichen Be-

siedlung erlebte der

wohl nur kleine Ort mit

der Gründung eines

Benediktinerklosters

durch Baiernherzog

Tassilo III. im Jahr

769 einen markanten

Einschnitt. Als Abt

Atto 783 Bischof von

Freising wurde, ging

Innichen mit dem da-

zugehörigen Territo-

rium wie selbstver-

ständlich in den Besitz dieses Hochstiftes

über. In der ersten Hälfte des 12. Jahrhun-

derts wurde das Kloster in ein Chorher-

renstift (Collegiatstift) umgewandelt. Die

Geschichte von Innichen wurde mehrfach

eingehend behandelt.

1

Ein Großbrand in den Jahren um 1200

vernichtete den Ort Innichen und damit

auch die Stiftskirche, die auf das erste

Gotteshaus der Benediktinermönche gefolgt

war. Nach 1200 also entstand der romani-

sche Bau, wie wir ihn heute kennen, den

Egon Kühebacher folgend charakterisiert:

2

„Kein Ort im Pustertal kann sich eines so

ernsten und feierlichen Gotteshauses rüh-

men wie Innichen. Die Bevölkerung nennt

diese Kirche den ‚Dom‘ (…), obwohl diese

Bezeichnung nur den bischöflichen Kathe-

dralen zukommt. Es ist der reifste und reichste

romanische Bau des Alpengebietes.“

Der größte Schatz der Stiftskirche ist das

romanische Kruzifix, eine hervorragende

künstlerische Arbeit aus den Jahren um

1240/50. Es zählt überhaupt zu den be-

deutendsten romanischen Kunstwerken

des Landes Tirol. Es kommt ihm nicht nur

hoher künstlerischer Wert zu, sondern vor

allem auch ein religiöser, eingebunden in

eine Jahrhunderte währende Volksfröm-

migkeit. Wenn auch wesentlich älter, wird

die erste urkundliche Erwähnung des

Kreuzes in das Jahr 1413 datiert.

3

Ein Großbrand am 16. Oktober dieses

Jahres zerstörte den Ort und löste große

Armut unter der Bevölkerung aus. In diesem

Zusammenhang wurde ein besonderes Er-

eignis bekannt, das man als Wunder inter-

pretierte. Von vielen Männern und Frauen

sei beobachtet worden, dass der Corpus

Christi am Kreuz und die Statue der Mut-

tergottes in der großen Hitze Blut geschwitzt

hätten, das über die Körper heruntergeron-

nen sei. Diese wunderbare Erscheinung soll

sich am Allerheiligentag wiederholt haben.

– Man weiß, dass bei großer Hitze auch aus

altem Holz Pech austreten kann. Ob eine

solche Erscheinung im Jahr 1413 als Wun-

der inter-pretiert wurde? Tatsache ist, dass

sich die Geschichte vom Innichner „Kreuz-

wunder“ rasch verbreitete und eine intensive

Wallfahrtsbewegung auslöste. Nach einem

Rückgang in den Wirren der Reformations-

zeit erlebte die Wallfahrt zum „Großen Herr-

gott“ von Innichen im Barockzeitalter eine

neue Blüte. Im Jahr 1627 gründete man die

Heiligkreuzbruderschaft

4

, die 1651 der Erz-

NUMMER 7/2016

84. JAHRGANG

OSTTIROLER

HEIMATBLÄTTER

H e i m a t k u n d l i c h e B e i l a g e d e s „ O s t t i r o l e r B o t e “

Der Transport, durch-

geführt von Josef

Lercher vulgo Spineser

und seinem gleichna-

migen Sohn (rechts),

langt am Abend des

16. Juli 1916 in Lienz

ein und wird von

Dekan Gottfried Stem-

berger empfangen.

Zugegen sind promi-

nente Innichner:

Kaufmann Leopold

Eisendle (links), Leo-

pold Zacher (rechts),

Hutmacher und Stifts-

verwalter, hinter dem

Brückenwagen Koope-

rator Ferdinand Keim

(links) und der Kauf-

mann Johann Hölzl.

Der „Große Herrgott“ von Innichen vor

dem Eingang zur Lienzer Stadtpfarrkirche

St. Andrä mit Dekan Gottfried Stemberger

und Josef Lercher aus Innichen.

Meinrad Pizzinini

Das Innichner Kreuz in Lienz

Ein „Flüchtling“ aus dem Kriegsgebiet wird 1916 in Lienz aufgenommen