PORTRAIT
PUSTERTALER VOLLTREFFER
APRIL/MAI 2016
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Stocker-Porträts, nämlich von
Bischof Wilhelm Krautwaschl
im Museum „Schell Collection“
in Graz. „Das wird ein Bruch in
der bisherigen Bildtradition“, so
der Künstler. Auf dem Porträt,
das auf Aluminium gemalt und
für die Galerie der Diözesanbi-
schöfe auf Schloss Seggau be-
stimmt ist, wird der Bischof
nämlich völlig anders darge-
stellt, als man es vielleicht ver-
muten würde. „Er legt den Fin-
ger an seinen Mund, und einzig
der Bischofsring mit dem Zei-
chen für Christus weist ihn als
Menschen, die aus verschie-
densten Gründen ihre Bleibe
verloren. Sie gehen aber sehr
wohl oft noch einem Beruf
nach, leben teilweise sogar im
Büro oder imAuto“, informiert
Stocker, der sich in Chicago,
New York, San Francisco und
Los Angeles auf die Suche nach
solchen Menschen machte und
sie porträtierte. Im Winter fällt
die Annäherung leichter. „Denn
da findet man sie bei sozialen
Organisationen. ,Homeless‘ war
aber auch jener Mann, den ich
vor Jahren mal kennenlernte
und später zufällig wiedertraf.
Mittlerweile hatte er statt eines
schicken Penthouses in der
Park Avenue in Manhattan nur
mehr eine kleine Dreizimmer-
Wohnung in Chelsea. Er sagte,
er habe an der Börse sein Geld
verloren und könne sich, so mit-
tellos wie er jetzt ist, nicht mehr
in der Gesellschaft blicken
lassen.“ Mittlerweile malte
Stocker an die 25 Porträts von
„Homeless People“, teilweise
sah man sie schon in Ausstel-
lungen. Hinter seinem Tun steht
selten ein Auftraggeber, son-
dern sein eigener Antrieb bzw.
seine Neugierde. „Aufträge
übernehme ich nur, wenn es mir
gerade passt. Das ist die Frei-
heit der Kunst“.
Schönheitswahn
Auch reiste er im Vorjahr auf
die Insel Lampedusa im Mittel-
meer, um neun Flüchtlings-
mädchen zu porträtieren, die ge-
rade „ankamen“ und in deren
Oskar Stocker, gebürtig in Leisach, gehört zu den wichtigsten Ver-
tretern der Porträtmalerei in Europa.
Foto: Clärchen Baus
Das Königshaus von Saudi Arabien beauftragte den Künstler Stocker, ein Porträt des Bundespräsi-
denten Dr. Heinz Fischer zu malen. Die Übergabe erfolgte kürzlich.
Foto: Peter Manninger
Kunst wollte Oskar Stocker
immer schon machen. Doch sein
beruflicher Weg sollte zuerst in
die Wirtschaft führen, in der er
selbstständig wurde. Dann kam
der Punkt, an dem er sich aus-
schließlich für die Kunst ent-
schied und sie zu seinem wichti-
gen „Lebensmittel“ wurde, wie
er selbst sagt. „Painting is
keeping me alive“ (Malen erhält
zu einer besonderen Übergabe.
Der Österreichische Bundesprä-
sident Dr. Heinz Fischer erhielt
dort ein 1,60 x 1,40 m großes
Porträt von sich überreicht, ge-
malt von Stocker. Öl auf Alumi-
nium. Auftraggeber war das
Königshaus von Saudi Arabien.
„Das Königshaus wollte sich mit
dem Porträt bei Fischer für seine
Dialog- und Vermittlungsbereit-
schaft bedanken.“
Bischof ganz anders
Am 22. April kam es zu einer
weiteren Überreichung eines
mich am Leben) lässt er auch auf
seiner Homepage wissen. Der
59-Jährige ist heute vor allem für
seine großformatigen Porträts
bekannt. „Mich interessiert
nichts so sehr wie der Mensch.“
Wie er seinen Stil beschreibt?
„Ein Journalist schrieb einmal:
,Wenn man an Stockers Gemälde
ganz nah rangeht, wirken sie
schon fast abstrakt, je weiter man
sich von ihnen entfernt, umso
mehr erscheinen sie wie eine
Fotografie‘“, so der Künstler, der
in Graz lebt und arbeitet. Un-
längst kam es in seinem Atelier
Oskar Stocker, gebürtig
in Leisach, gehört zu
den wichtigsten Vertre-
tern der Porträtmalerei
in Europa. Dafür ist er
rund um den Erdball
unterwegs. Er porträ-
tiert honorige Persön-
lichkeiten genauso wie
„Homeless People“ in
den USA.
Das Malen ist sein Leben
Bischof aus.“ Das Porträt ist
vorerst in der „Schell Col-
lection“ im Rahmen der Son-
derausstellung „Schlüssel zum
Himmelreich“ ausgestellt.
Als Porträtmaler so richtig be-
kannt wurde der gebürtige Lei-
sacher durch die Serie „Facing
Nations“. 124 großformatige
Porträts von Grazern unter-
schiedlicher Nationalität ent-
standen anlässlich des 60. Jah-
restages der Erklärung der Men-
schenrechte 2008. Die Bilder
wanderten weiter ins Wiener
UN-Gebäude und dann ins UN-
Hauptquartier in NewYork.
„Homeless People“
Besonders interessieren Sto-
cker Menschen am Rande der
Gesellschaft. Etwa die soge-
nannten „Homeless People“ in
den USA. „Darunter versteht
man dort aber nicht Süchtige
oder Alkoholkranke, sondern