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CHRONIK

PUSTERTALER VOLLTREFFER

FEBER/MÄRZ 2016

3

Bischof Bruno konnte somit

sein Vorhaben, dem Verwal-

tungssitz Aufhofen eine starken

Schutz zu geben, ungehindert

in die Tat umsetzen.“

Und das Schloss bauen.

Wieser:

„Ja. Gleichzeitig

wurde auch mit dem Bau der

Stadt am Fuße des Schlossber-

ges begonnen.“

Wie wurde Bruneck damals

angelegt?

Wieser:

„In einem weiten

Halbkreis um den Schlossberg

herum, um der Stadt somit

mehr Sicherheit zu geben. Be-

rücksichtigt wurde auch der

Verlauf der Handelsstraße zwi-

schen Augsburg und Venedig,

die am Fuße des Schlossberges

verlief und somit problemlos

durch die Stadt geleitet werden

konnte. Die Straße war ja eine

der wichtigsten Verkehrsadern

zwischen dem süddeutschen

Raum und Venedig.“

Wie ging es dann weiter?

Wieser:

„Der bischöfliche

Verwaltungssitz wurde von

Aufhofen nach Bruneck verlegt

und im Namen des Bischofs re-

gierte ein sogenannter ‚Schloß-

hauptmann‘. 1370 erhielt die

Stadt die ‚Freiheit des Wochen-

marktes‘ und ein Jahr später die

hohe Gerichtsbarkeit.“

Irgendwann hatten die

Habsburger dann das Tal in

der Hand.

Wieser:

„Ja. Nach dem Tode

des Grafen Leonhard von Görz

(1500) – das Pustertal war seit

1271 Besitz der Görzer Grafen

– ging das Tal auf Grund eines

Erbvertrages in den Besitz des

Hauses Habsburg über.“

Wer wirkte kulturell?

Wieser:

„Die Maler Hans

von Bruneck und vor allem Mi-

chael Pacher, der als Bürger

dieser Stadt in der späteren

Gotik hier sicher seine schön-

sten Werke geschaffen hat.“

Wann gab es den ersten

Pfarrer in Bruneck?

Wieser:

„Da scheint im Jahr

1613 Johann Herlin auf. 13

Jahre später kam der Orden der

Kapuziner nach Bruneck. Die

Patres erbauten am ‚Spitalan-

gerle‘ das heutige Kloster. 1741

wurde das zweite Kloster er-

baut, diesmal vom Orden der

Ursulinen.

Und wann wurde die Stadt-

pfarrkirche errichtet?

Wieser:

„Die Stadtpfarrkir-

che Mariä Himmelfahrt ent-

stand 1850 nach den Plänen der

k. u. k. Baudirektion in Wien –

allerdings im historisch-neuro-

manischen Stil. Der neuroma-

nische Stil der Kirche erfuhr je-

doch viel Kritik. Die Mei-

nungsverschiedenheiten reichen

bis in unsere Tage.“

Herr Wieser, wer hob Brun-

eck einst aus der Taufe?

Wieser:

„Das war der Brix-

ner Fürstbischof Bruno von

Bullenstätten und Kirchberg,

der von 1250 bis 1288 wirkte.

Er ist auch Namensgeber für

die Siedlung und erbaute

zudem das Schloss.“

Warum errichtete er das

Schloss?

Wieser:

„Das Schloss ent-

stand als Schutz vor Überfällen

und Räubereien. Denn als im

Jahr 1250 der letzte Kaiser

starb (der Staufer Friedrich II.),

brach die kaiserlose Zeit an.

Damit begannen auch Unruhen

und der Kampf der Vögte des

Bischofs um kirchliche Besitz-

tümer. Auf der einen Seite lag

ja das Verwaltungszentrum sei-

ner vielen Besitztümer im Pu-

stertal – im völlig ungeschütz-

ten Aufhofen. Auf der anderen

Seite suchte der Bischof auch

ein Gegengewicht zu St. Lo-

renzen. Denn dieser Ort wurde

für die Tiroler Grafen immer

interessanter.“

Warum?

Wieser:

„Weil es aufgrund

des Benediktinerstiftes in Son-

nenburg und das nahe gelege-

nen Gerichts Michelsburg, dem

späteren ‚Landgericht im Pu-

stertal‘, ein wichtiger wirt-

schaftlicher und politischer

Standort war.“

Hatte der Bischof hier über-

haupt Macht?

Die Stadt Bruneck wurde vor 760 Jahren erstmals urkundlich erwähnt. Sie

entstand am Fuße des kleinen, aber festen Schlosses Bruneck. Hobby-His-

toriker Heinz Wieser im „PVT“-Interview.

Stadt Bruneck und ihr

Schloss sind „steinalt“

Wieser:

„Wenig. Doch als

sein Vogt, Graf Albert von

Tirol, in eine Auseinanderset-

zung mit dem Erzbischof von

Salzburg geriet, standen die

Sterne für den Bischof plötzlich

sehr günstig, seine Macht in

dieser Gegend wieder zu stär-

ken. Graf Albert und sein

Schwiegersohn, Graf Meinhard

von Görz, wollten sich kleinere

Enklaven an der oberen Drau

aneignen. 1252 wurden sie bei

Greifenburg an der Drau aller-

dings geschlagen und Graf Al-

bert gefangen genommen. Erst

nach Monaten wurde er befreit.

Hobby-Historiker Heinz Wieser.

Der Brixner Bischof Bruno von Kirchberg mit einem Modell der Burg

Bruneck, Fresko, an dem die entscheidende Jahreszahl 1256 sichtbar

ist, von Hans Weber, 1922, am Ragentor in Bruneck.

Foto: Heinz Wieser

Altbrunek-

ker Idylle

mit Spital-

kirche, Alt-

stadt,

Schloss

und Rain-

kirche um

1830,

Stahlstich

von

C. Baldi,

Salzburg,

aus dem

Nachlass

von Hubert

Stemberger

Repro:

Dr. Heinz

Wieser