Wie erging es den Südtiro-
lern dann in Afrika?
Wurzer:
„Für die Männer
stellte der Krieg eine völlig ver-
änderte Alltagswelt dar. Im un-
wegsamen Gelände Abessiniens
kam es an der Front immer wie-
der zur Versorgungsknappheit.
Genauso schlecht war es um die
Hygiene bestellt. Sie litten unter
dem extremen Klima. Aus die-
sen Faktoren ergaben sich
Kreislaufschwächen, Infektio-
nen, Darmerkrankungen und
natürlich die stetigen Begleiter
der Soldaten: Läuse. Manche
Soldaten erkrankten auch an
Malaria.“
Wie schützten sie sich vor
der Hitze?
Wurzer:
„Sie gaben Wasser-
lappen unter ihren Tropenhelm,
lockerten die Adjustierung und
umgaben ihre Zelte mit Zwei-
gen, die natürlich Schatten
spendeten.“
Wie sahen die Kampfhand-
lungen aus?
Wurzer:
„Sehr unterschied-
lich: Phasen des Stellungskrie-
ges wechselten sich mit Phasen
der raschen Vorwärtsbewegung
ab. Die Südtiroler Soldaten
hatten vor allem aber vor abes-
sinischen Guerilla-Kämpfern
Angst, die durch die Kampf-
linien sickerten und im ver-
meintlich sicheren Hinterland
der Front Brunnen vergifteten,
Kolonnen überfielen und Sabo-
tageakte durchführten. Grund-
sätzlich waren die italienischen
Soldaten mit moderneren Waf-
fen ausgerüstet als ihre abessi-
nischen Gegner. Zudem ver-
fügte die Italiener, anders als
die abessinische Armee, über
Panzer und Flugzeuge. Daraus
ergab sich ein enormes Un-
gleichgewicht. Um den Vor-
marsch zu beschleunigen,
schreckte Benito Mussolini
schlussendlich auch nicht davor
zurück den Einsatz von Giftgas
zu befehlen.“
Wie viele Monate dauerte
der Krieg?
Wurzer:
„Offiziell ‚nur‘ sie-
ben Monate von Oktober 1935
bis Mai 1936. Die meisten Süd-
tiroler wurden allerdings schon
im Frühjahr 1935 zur Armee
einberufen und noch im Som-
mer über das Mittelmeer und
den Suez-Kanal nach den zwei
italienischen Kolonien Eritrea
und Somaliland verschifft. Mit
Kriegsende durften auch nur
die wenigsten sofort nach
Hause zurückkehren. Viele
mussten zurückbleiben, um das
HISTORISCHES
PUSTERTALER VOLLTREFFER
FEBER/MÄRZ 2016
11
57800
Abessinienkrieg
Der Krieg war ein völkerrechts-
widriger Angriffs- und Erobe-
rungskrieg des faschistischen
Königreichs Italien gegen das
ostafrikanische Kaiserreich
Abessinien (heutiges Äthio-
pien). Die italienischen Trup-
pen marschierten am 3. Okto-
ber 1935 ohne Kriegserklärung
ein. Offiziell ging der Krieg am
9. Mai 1936 zu Ende. Wochen
später erfolgte die Vereinigung
des besetzten Abessiniens mit
den Kolonien Italienisch-So-
maliland und Eritrea zur Kolo-
nie Italienisch-Ostafrika. Nach
dem Eintritt Italiens in den
Zweiten Weltkrieg wurde
Abessinien im Rahmen des
Ostafrikafeldzuges 1941 von
britischen und abessinischen
Truppen befreit. Dem italieni-
schen Angriffskrieg und Besat-
zungsregime fielen von 1935
bis 1941 zwischen 350.000
und 760.000 der rund zehn
Millionen Abessinier zum
Opfer.
Krieg wurde viel „geknipst“
Projektleiter Markus Wurzer.
Foto: Alexander Mattersberger