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Nummer 3 — 62. Jahrgang
O s t t i r o l e r H e i m a t b l ä t t e r
Die frühesten Sprachtexte der älteren in-
dogermanischen Einzelvölker erscheinen
vom 14. bis 6. Jahrhundert v. Chr. Die weit
vorausliegende Spracheinheit der ungeteil-
ten Indogermanen dürfte sich durch Ab-
wanderung etwa um 3.000 v. Chr. aufgelöst
haben. Als älteres Verbreitungsgebiet
nimmt man Nord- und Mitteleuropa an.
Nach dem Wortschatz der Grundsprachen
kannten sie als Haustiere Pferd, Rind,
Schwein, Schaf, Ziege, Hund. Sie konnten
spinnen, weben, nähen, töpfern, ihre
Werkzeuge waren aus Stein, sie verwende-
ten bereits auch Kupfer. Als Fahrzeuge be-
nutzten sie den Kahn mit Rudern und den
zweirädrigen Wagen, als Zugtier das Rind.
Sie betrieben einfache Formen der Aussaat
und des Ackerbaues mit Hakenpflug.
Es muß offen bleiben, welche Völker
der indogermanischen Sprachfamilie die
Randgebiete und das Innere der Alpen am
meisten beeinflußt und der bereits ansäs-
sigen Vorbevölkerung ihre Sprache und
ihre Kultur aufgedrängt haben. Außer
Streufunden, die bis um 2.000 v. Chr. Ge-
burt zurückreichen, sind älteste Sied-
lungsspuren und Hinweise auf Kupfer-
bergbau am Klaunzerberg bei Matrei und
in Welzelach im Virgental gefunden wor-
den, wo auch ein Gräberfeld mit 56 Be-
stattungen und Beigaben sich befand.
Auf eine sehr frühe Besiedlung des Vir-
gentales (um das 7. bis 5. Jahrhundert)
weist auch eine Reihe von einräumigen
Blockbauten in Burg bei Obermauern.
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Hinweise auf Jagd, Haustierhaltung und
Viehzucht erbrachten zahlreiche Funde von
Tierknochen, die sich verteilten auf:
6 % vom Hirsch als Jagdtier, Ziegen und
Schafe von rund 43 %, vom Rind rund
35 % (davon viele Jungtiere), von Schwei-
nen rund 6 %, von Pferden rund 4 %, vom
Haushuhn etwa 3 %, Hundeknochen
waren mit rund 3 % vertreten. Feldbau
scheint nur in geringem Ausmaß betrieben
worden zu sein.
In dieser Zeit der Hallstattkultur (ge-
nannt nach dem Hauptfundort Hallstatt in
Oberösterreich) und der latenezeitlichen
Kulturgruppe Fritzens-Sanzeno, sind Be-
ziehungen zu Süddeutschland, zum Al-
penvorland und dem Inntal zu erkennen.
Ein schon von den frühesten Anfängen
vorhandener Kontakt mit dem Kärntner-
Raum verstärkte sich durch die Intensi-
vierung der Bergbautätigkeiten (Kupfer
und Blei). Über den Wasserweg der Drau
verlagerten sich die Beziehungen und der
Warenaustausch nach dem Osten und
Süden. Auch mit dem venetischen Gebiet
dürfte ein kultureller Austausch über den
sogenannten „Veneterweg“ stattgefunden
haben, der schon seit der Urzeit das
Drautal über die Gail und den Plöcken mit
dem Süden verband.
Auf diesem Verbindungsweg über die
Würmlacher-Wiesen (bei Dellach im
Gailtal) fand man eine Felsinschrift in ve-
netischer Sprache und in venetischen
Buchstaben, wahrscheinlich von Reisen-
den herstammend, die ein Gelöbnis an ei-
ne ihrer Gottheiten einlösten.
Auch jenseits des Paßüberganges ins
Tagliamentotal fand sich eine ähnliche, in
venetischen Buchstaben verfaßte Fels-
inschrift. Eine umfangreiche Siedlung lag
auf der Gurina (im Gailtal), wo anschei-
nend das in der Umgebung gewonnene
Blei verarbeitet wurde. Von dort stammen
zahlreiche Votivbleche aus Bronze, von
denen einige venetische Bitt- und Danke-
sinschriften tragen, andere nur Personen-
namen keltisch-karnerischen Wortstam-
Emma Totschnig
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Die alten Holz- und Hausmarche
in Osttirol
Entwicklung der Schriftzeichen in urgeschichtlicher Zeit. Es scheint einen Zusammen-
hang zu den Holzmarchen zu geben. (Aus Hans Jensen, Die Schrift in Vergangenheit und
Gegenwart, 1958)