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Die Bevölkerung von Thurn ist mit
10 Kreuz- und Bittgängen aus der Ver-
gangenheit der St. Helenekirche durch
Verlöbnisse verpflichtet. Die Kirche ge-
hört zur Pfarre Oberlienz. Dieses Brauch-
tum, das nach dem Zweiten Weltkrieg
noch mit Eifer und Frömmigkeit gehalten
wurde, beginnt als Zeiterscheinung zu ver-
flüchtigen. Welche konkreten Anlässe An-
stoß für Verlöbnisse waren und wann sie
begonnen haben, weiß heute niemand
mehr zu sagen. „Es ist immer so gehalten
worden“ ist die Antwort auf Fragen. Im
Gemeindearchiv Thurn befinden sich
keine Aufzeichnungen. So viel scheint
gewiß: Die Bittgänge sollen schützen vor
Unwetter aller Art aus dem Einzugsgebiet
der Schleinitz und über dem Schuttkegel.
Eine Notiz, die ich 1960 bei einem Ge-
spräch mit Thomas Tiefenbacher, Bauer
und Heimatforscher in Maria Luggau, ge-
macht habe, besagt: „1468 hat Konrad
v. Thurn, görzischer Beamter in Lienz, den
Rauterhof im Lesachtal von Leonhard
v. Görz zu Lehen. Konrad überläßt das
Lehen seinem Bruder Hans, Dorfrichter in
Thurn, verheiratet mit Margaretha, Toch-
ter eines reichen Thurner Bauern (Thaller
in der Prappernitze? Anmerkung d.
Verf.) Zu diesem Zeitpunkt scheint die
Auferstehungsfeier auf St. Helena bereits
geschichtlich (?). (Urkunde in der „Ladur-
nersammlung“ in Ibk.)
Diese Arbeit soll insbesonders dem „Ar-
menbrot“ (Helenenbrot, Helenenlaib-
chen,…) am Karsamstag gewidmet sein,
weil die tragende Generation die ur-
sprüngliche Handhabung des Brauches in
den Einzelheiten nicht mehr kennt.
1. Die Auferstehungsfeier am Karsams-
tag auf St. Helena. Sie fand in vorkonzi-
liarer Zeit um 12 Uhr statt, und die
Glocken von St. Helena läuteten als erste
das Osterfest ein. In den umliegenden Pfar-
ren begann erst um 15 Uhr die Auferste-
hungsfeier. Seit etwa 15 Jahren ist ihr Be-
ginn in St. Helena um 13 Uhr. Die Zere-
Nummer 3/1994
62. Jahrgang
OSTTIROLER
HEIMATBLATTER
H e i m a t k u n d l i c h e B e i l a g e d e s „ O s t t i r o l e r B o t e “
Hans Kurzthaler
Das „Armenbrot“ bei der Auferstehungsfeier
in der St. Helenekirche ob Lienz
Auferstehungsfeier am Karsamstag auf St. Helene. Als Höhepunkt wird die Statuette des
Auferstandenen dreimal um Grab und Altar getragen.
Foto: Hans Kurzthaler