Seite 4 - H_1995_01

Basic HTML-Version

beschäftigt ist. Die zweite Klasse mit
26 Knaben und 28 Mädchen leitet der Leh-
rer Franz Unterkircher, welcher in dieser
Abteilung mehr hätte leisten können. In
beiden Klassen katechisierte der Herr
Kurat Ignaz Villplaner, ein sehr geschick-
ter Katechet, welcher bei einigen wenigen
Kindern prangt, bei der Mehrzahl sich zu
vergessen scheint, indem er auf das Aus-
wendiglernen des Katechismus wenig
dringt. Daher hat die Mehrzahl aus Ab-
gang eines festen Anhaltspunktes in der
Religion nichts Vorzügliches geleistet. Die
ganze Schule verdient im Fortgang nur die
Note „gut“. Im Gesang unterrichtet der
Hilfspriester Herr Johann Trojer (?).
Auch hier war der Schulbesuch sehr nach-
lässig. Die Ursache dafür, sowohl hier als
auch in St. Jakob, schreibt sich vornehm-
lich daher, weil bei der großen Armut der
Gemeinde und der Teuerung der Lebens-
mittel sehr viele Kinder zum Betteln gehen
gezwungen waren.
(NB. Die Filialschule Berg/Seinitzen
war 1853/54 stillgelegt.)
B. Allgemeine Bemerkungen
1. Schulpersonal
Im wesentlichen Schulpersonal ergab
sich in diesem Jahr keine Änderung. Nur
in der Filialschule Moos wurde Johann
Bergler als Schulgehilfe neu angestellt.
Seelsorger und Katecheten haben in den
ihnen zugteilten Schulen die Förderung
des Unterrichts eifrigst betrieben und auch
für den Schulbesuch größtenteils statt der
Schulaufseher gesorgt.
Es wäre sehr zu wünschen, daß das
ganze weltliche Schulpersonal dieses
Distriktes, welches durchaus karg besoldet
ist, eine bessere Dotierung ständig erhalten
könnte. Die Besoldung manches Lehrer-
individiums wirft nicht soviel ab, daß es in
der Kost bei diesen teuren Zeiten versorgt
wäre. Daher machen mehrere Lehrer und
Gehilfen Miene, den Schuldienst nicht
mehr länger fortzusetzen, wenn keine bes-
sere Besoldung erzweckt werden sollte. Es
will auch niemand sich entschließen, dem
jetzt vorgeschriebenen zehnmonatigen
Lehrkurs sich zu unterziehen mit einem
Aufwande von mehr als 150 fl. (Gulden)
auf eigene Kosten, wenn er danach als
Schulgehalt nur 30 bis 50 fl (jährlich) er-
halten soll.
2. Befund des Unterrichts
In allen Distriktschulen wurde dieser
befriedigend befunden. Ganz besondere
Zufriedenheit erbrachten die 3. Klasse zu
Windisch-Matrei, die erste Klasse zu
Virgen und die Schule Feld bei St. Veit,
die Schule Hopfgarten, die Filialschulen
Hof, Peischlach und Mariahilf. Die neue
Lehrmethode wurde unter Anleitung des
Herrn Hilfspriesters Josef Tegischer in
Anwendung gebracht vom Gehilfen Joh.
Berger zu W. Matrei mit einigem Nutzen;
hingegen mit ersichtlichem Vorteil von
Seb. Bacher in Virgen und Jakob
Schwingshackl zu Mariahilf.
3. Schulgebäude
Der Schulhausbau in W. Matrei ist in
wirklicher Ausführung, jener zu Kals und
St. Jakob von der Behörde sistiert (vorge-
sehen). In Prägraten ist noch keine Ver-
besserung vorgenommen worden.
4. Art der Schulen
Schulzeit und Schulbesuch. Im ganzen
hiesigen Distrikt sind nur Trivialschulen
(Volksschulen). Der Unterricht ist durchaus
gemischt und gemeinschaftlich und die
Schulzeitdauer von Martini bis Georgi (11.
November bis 24. April). Sommerschule
einzuführen war an allen Orten unmöglich
zu erzwecken, außer zu W. Matrei und zu
Feld bei St. Veit u. zw. ob der besonderen
hier vorkommenden Lokalverhältnisse, die
in früheren Berichten erwähnt wurden. Der
Schulbesuch zeigte sich heuer in den mei-
sten Orten befriedigend und nur zu St. Jakob
und Mariahilf sehr nachlässig, weil sehr vie-
le Kinder aus Armut der dortigen Gemeinde
und der enormen Teuerung sich durch Bet-
teln das Brot zu suchen genötigt waren.
Reinlichkeit, wie selbe in dieser armen Ge-
gend möglich ist, wurde in allen Schulen be-
merkt und empfohlen. Über Unsittlichkeit
wurde von keiner Schule geklagt.
Mit diesen Bemerkungen schließt die
Schuldistriktinspektion den heurigen Fi-
nalbericht und legt von allen Distriktschu-
len Probeschriften bei.
K.k. Schuldistrikt Inspektion
Windisch Matrei, 6. November 1854
Johann P. Wierer,
Schuldistrikt-Inspektor
O s t t i r o l e r H e i ma t b l ä t t e r
Nummer 1 — 63. Jahrgang
Schulhaus in der Ortschaft Feld der Gemeinde Matrei i. O., erbaut um 1800, abgebrannt
im Jahr 1932.
Foto: Lottersberger, Matrei i. O.
Das moderne Matreier Schulzentrum. Die Volksschule wurde am 16. September 1961,
die Hauptschule am 19. Jänner 1971 eingeweiht.
Foto: Lottersberger, Matrei i. O.
IMPRESSUM DER OHBL.:
Redaktion: Univ.-Doz. Dr. Meinrad Pizzinini.
Für den Inhalt der Beiträge sind die Autoren
verantwortlich.
Anschrift des Autors dieser Nummer: VS-
Dir. i. R. Siegmund Kurzthaler, A-9971 Matrei
i. O., Sonnenhang 3.
Manuskripte für die „Osttiroler Heimatblät-
ter“ sind einzusenden an die Redaktion
des „Osttiroler Bote“ oder an Dr. Meinrad
Pizzinini, Albertistraße 2a, A-6176 Völs.