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Aus dem Tiroler Klerus in Ost und
Nord und Süd wuchsen in den letzten
Jahrzehnten dem Lande zahlreiche
bedeutende Persönlichkeiten zu.
Auch Johann Baptist Oberkofler ist
dazu zu rechnen. Was er geschaffen,
es hat die Launen der Zeit überdauert
und gibt auch heute noch da und dort
Hoffnung und Trost. Denn seine Pre-
digten sind nicht verstummt, sie ge-
ben weiterhin Zeugnis, ermahnen, er-
muntern, strahlen Hoffnung aus und
weisen hin auf den Sinn unseres Le-
bens.
Gern
kam
der
Priestermaler nach Osttirol, um Kir-
chen und Kapellen zu schmücken,
um in vielen Tafelbildern immer
wieder zu verdeutlichen, daß unser
Leben über die uns geschenkte Zeit-
lichkeit hinauswachsen müsse. Be-
reits in den dreißiger Jahren gab er
der Kirche von St. Jakob i. D. neuen
Glanz und neue Würde. Trost und
Zuversicht begegnen uns in den von
ihm freskierten Arkaden im Alten
Friedhof von Lienz, aber auch in vie-
len, vielen Stuben des Landes.
Wähnte man Johann Baptist
Oberkofler zeit Lebens auch im
Schatten seines Bruders Joseph Ge-
org, scheint nun wohl die Zeit ge-
kommen, daß er als Künder der Hei-
mat neben dem Dichter des „Tri-
umph der Heimat“ bestehen kann.
Einst zum Epigonen und Nazarener
gestempelt, findet man nun doch da
und dort in Zeichnungen, Fresken
und Tafelbildern zeitüberdauernde
Aussagen und Techniken, die keinen
Zweifel an seinem Können mehr aufkom-
men lassen. Sicherlich gibt es bei der Viel-
zahl von Oberkofler-Bildern auch solche,
die zu wenig ausgereift sind. Der Grund
hiefür ist aber nicht in der Unfähigkeit des
Malers zu suchen, vielmehr in der Eile, in
die man ihn stets gedrängt hatte. Man riß
ihm ja die Bilder geradezu von der Staffe-
lei. Stets war er auf Jahre mit Aufträgen
eingedeckt. Nur selten war es ihm ver-
gönnt, das zu gestalten, was ihn bewegte
und womit er bekunden wollte seine Hei-
matliebe und seine Verbundenheit mit dem
Bauerntum des Ahrntales. Der Einfluß des
vom Künstler sehr geschätzten Albin Eg-
ger-Lienz (den er auch öfters kopiert hat-
te) ist nicht zu leugnen, wenn er uns die
bäuerliche Welt von einst zeigt: die Fami-
lie bei Tisch und beim Gebet, die Knech-
te beim Holzfällen, beim Pflügen,
bei der Heumahd, beim Korn-
schnitt, beim Heutragen sowie
beim Heu- und Holzziehen. Die
Erdschwere seines Vorbildes aller-
dings scheint mir bei ihm hineinge-
woben in das Bewußtsein, Arbeit sei
letztendlich auch Gebet und auch
körperliches Tun sei nur vom Geist
getragen. Einige solcher Bilder
werden in ferner Zukunft noch im
Osttiroler Heimatmuseum in Lienz
künden von Bauernarbeit und Bau-
ernkultur vorindustrieller Zeit als
Dokument und Zeugnis einer Le-
bensart und -einstellung, die man
heute nicht mehr kennt. Bereits Dr.
Heinrich Waschgler meinte feststel-
len zu müssen, daß ein Vergleich
zwischen den beiden Brüdern um
die Echtheit bäuerlicher Darstellung
beim einfachen Volke zugunsten des
Malers ausfallen würde: „Die Ahr-
ner Bauern, zum Kunstrichter auf-
gerufen, würden in diesem Falle
dem gamalten Bauern den Vorzug
geben vor dem gedichteten.“
Der Tradition, dem Brauchtum der
Heimat stets verbunden sowie dem
wechselvollen Lauf der Tiroler Ge-
schichte, wuchsen seine Gestalten:
Andreas Hofer, Peter Mayr und an-
dere Helden des Neunerjahres. Be-
kannt ist auch ein schmales, längli-
ches Bild mit sechs Köpfen, Trauer
in den Zügen, Verbitterung und Er-
gebung: „Heimkehr 1809“.
Solchen Genrebildern verwandt
sind Darstellungen wie „Die Wallfahrt“,
„Die Kreuzenthüllung“ oder „Die Kreuz-
verehrung“ sowie die vielen aus der Mini-
strantenwelt. Sie alle leuchten aus der Be-
gegnung mit dem Glanz des Glaubens.
Diesen ins Volk zu bringen, war stets des
Meisters Absicht. Darum auch seine allen
verständliche Art der Darstellung hinter
der immer des Priesters Überzeugung
stand.
Nummer 3/1995
63. Jahrgang
OSTTIROLER
HEIMATBLATTER
H e i m a t k u n d l i c h e B e i l a g e d e s „ O s t t i r o l e r B o t e “
Johann B. Oberkofler beim Malen der Freskenfolge für
den Alten Friedhof von St. Andrä in Lienz, Sommer 1956.
Sein Arbeitsplatz war hinter dem Pfarrwidum.
Foto: Michael Forcher
Elmar Oberkofler
Johann Baptist Oberkofler
Dem Priestermaler zum 100. Geburtstag