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Nummer 3/1996
64. Jahrgang
OSTTIROLER
HEIMATBLATTER
H e i m a t k u n d l i c h e B e i l a g e d e s „ O s t t i r o l e r B o t e “
Im Jahre 1991 wurde die einzigartige in-
neralpine Heckenlandschaft bei Virgen
(vorwiegend zwischen Nil- und Mittel-
dorferbach bzw. Ortsteile und Isel) im
Auftrag des zuständigen Bundes-Umwelt-
ministeriums durch das Revital-Büro, Li-
enz (Koordinator Dipl.-Ing. K. Michor), in
bezug auf die Istzustände von Flora und
Fauna sehr eingehend untersucht. Der aus-
führliche Bericht über die Ergebnisse wur-
de an das Ministerium übermittelt. Die
endgültigen Abschlußarbeiten und Publi-
kationen dazu nehmen sehr viel mehr Zeit
in Anspruch und können erst nach und
nach erfolgen, einzelne Tiergruppen
konnten von den Spezialisten noch nicht
bearbeitet werden. (s. UNTERLER-
CHER 1991)
Unter Ausnützung aller relevanten
Techniken zur Erfassung der Insektenfau-
na wurde am rechtsseitigen Iselufer (in
Nähe des Sägewerkes), noch im Bereich
des Grauerlen-Auwaldes, auch eine
Lockfalle für den häufigsten und schäd-
lichsten Fichten-Borkenkäfer, eben den
Buchdrucker: Name wegen des Fraßbildes
der Larven, aufgestellt (für die Mithilfe sei
dem Förster Josef ASSMAIR in Mittel-
dorf, gen. „Mühlhäusler Sepp“ auch an
dieser Stelle sehr herzlich gedankt). Die
Ergebnisse sind interessant und geben gute
Vergleiche zu ähnlichen Aktionen im Li-
enzer Talboden und Westkärnten (Kofler,
im Druck). Zu diesem ersten Versuch und
Nebenbei-Ergebnis im Raum Virgen
werden Artenliste und Verteilung der
Stückzahlen in phänologischer Sicht ta-
bellarisch erfaßt. Zugleich war die Erläu-
terung zu einzelnen Arten dann notwen-
dig, wenn für Nicht-Fachleute ein besserer
Einblick notwendig erschien.
Die Methodik ist schon recht bekannt und
oftmals ausgeübt worden (ADLUNG
1979, VITE 1978, VITE & SAUERWEIN
1979, HELLRIGL & SCHWENKE 1985).
Zur Anwendung gelangte eine Falle der Ty-
pe: Schwarze Schlitzfalle (Flugbarrierre-
Falle) mit unten angebrachtem, ausschieb-
barem Sammelkasten, in etwa 1,80 m Höhe
an Pfosten angebracht wegen der bequeme-
ren Entnahme, beschickt mit dem entspre-
chenden Lock-Präparat (Phero-Prax).
Die Tabelle gibt die Entnahmedaten und
die Sammelnummer des Gesamtpro-
gramms an, der zeitliche Abstand ist un-
gleich, darauf wäre beim Vergleich der
Stückzahlen einer Art Rücksicht zu neh-
men.
Insgesamt wurden 27 Insektenarten in
3.243 Exemplaren registriert. Dabei fällt
auf, daß zwar die Borkenkäfer weit über-
wiegen (s. u.), daß aber auch eine ganze
Reihe anderer Insekten enthalten sind, die
z. T. Zufallsfunde darstellen, aber auch als
Konsumenten der angrenzenden Pflanzen
(Brennessel, Grauerle), als Bewohner der
Bachuferbereiche, des Auwaldes und der
vermodernden und verfaulenden Pflan-
zenteile in nächster Umgebung in Frage
kommen.
Für die allermeisten Arten unter den
Wirbellosen Tieren gibt es keine Bezeich-
nungen in den entsprechenden Landes-
sprachen, daher bleibt zur Kennzeichnung
der Arten immer noch und nur die zoolo-
gisch-systematische Benennung nach
Gattung (Erstname) und Art (Zweitname)
im Sinne und unter Anwendung der inter-
nationalen Nomenklatur-Regeln übrig.
Die Familien haben meistens deutsche Be-
zeichnungen (zur Gegenüberstellung und
genaueren Festlegung steht die wissen-
schaftliche Benennung in der rechten An-
merkungsspalte).
Die beiden Arten der Kurzflüglerfamilie
sind Zufallsbegleiter:
Parocyusa
(= Chi-
lopora)
longitarsis
lebt an sandigen
Ufern von Fließgewässern, in Kiesgruben
und Steinbrüchen, stammt also vom Isel-
ufer;
Haploglossa pulla
(heißt jetzt H. vil-
losula) entwickelt sich in Nestern von
Höhlenbrütern, in Bodenstern und Sta-
renkästen sowie Mäusenestern.
Der Ameisen-Buntkäfer
Thanasimus
(und verwandte Arten, die viel seltener
sind) lebt räuberisch bei verschiedenen
Borkenkäfern, in Fallen oftmals verge-
sellschaftet (vielleicht Lockstoff-Ausnüt-
zung?).
Der Flachkäfer
Nemosoma elongatum
ist ebenfalls ein Verfolger verschiedener
Borkenkäfer (Schädling-Nützling-Kon-
zept), daher in Wäldern, Parks, Heiden
und Gärten verbreitet; bei uns weniger
häufig, vor allem in Fallen des Kupferste-
chers
Pityogenes chalcographus
und in
niederen Lagen mit Föhrenwäldern.
Sowohl die Vertreter der Schimmelkäfer
als auch fast aller Moderkäfer ernähren
sich von verfaulenden, schimmelnden
Pflanzenresten (Pilzresten) und stellen Be-
gleitformen dar, die möglicherweise zu
Schwärmzeiten in mehrfacher Artenzahl
anzutreffen waren.
Der „Junikäfer“
Phyllopertha hortico-
la
(der deutsche Name wird manchmal
auch der Art
Amphimallon solstitiale
zu-
geordnet, dann muß er auf „Julikäfer“ aus-
weichen) ist in manchen Jahren ein
großer Schädling an Wild- und Nutz-
pflanzen.
Hingegen sind beide gefundenen Bock-
käferarten typische Bewohner der Fichte,
besonders eben in den Monokulturen.
Unter den Borkenkäfern nimmt der
Buchdrucker entsprechend der Erfas-
sungsmethode nach Konstanz und Zahl
den Hauptanteil ein. Der Jahresanfang ist
zu wenig erfaßt, die Maximumzahlen sind
deutlich. Immer begleitet in solchen Fällen
wird die Art vom Kupferstecher
(Pit. chal-
cographus)
mit sehr viel geringeren Zah-
len, dann erst folgt eben im Bereich des
vorherrschenden Nadelwaldes zu erwar-
ten, der Gestreifte Nutzholzborkenkäfer
Alois Kofler
Begleitinsekten in einer Buchdrucker-
Pheromonfalle bei Virgen